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15.06.2023 10:00

Darmkrebs: Forschende finden mögliche Ursache für Chemoresistenz

Konstanze Adam Presse- und Öffentlichkeitsarbeit & Stiftungskommunikation
Wilhelm Sander-Stiftung

    In großen Mengen lässt das Protein IGF2BP2 Darmkrebs nicht nur stärker wachsen, es macht ihn resistent gegen gängige Chemotherapien. Das hat ein Forschungsteam unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Universität des Saarlandes mit Unterstützung der Wilhelm Sander-Stiftung herausgefunden. Für seine neue Studie im Fachjournal „Molecular Cancer“ analysierte es mehr als 140 Gewebeproben von Darmkrebs-Patient:innen und fand einen Zusammenhang zwischen der Konzentration von IGF2BP2 und den Eigenschaften der Tumoren. Die Erkenntnisse könnten künftig dabei helfen, bessere Diagnoseverfahren und womöglich neuartige Therapien zu entwickeln.

    Darmkrebs ist laut Robert Koch-Institut eine der häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. 2019 erkrankten 58.967 Männer und Frauen daran. „In frühen Stadien lässt sich Darmkrebs relativ gut operativ entfernen und ist somit oft heilbar“, sagt die Studienleiterin Prof. Dr. Sonja Keßler vom Institut für Pharmazie der MLU. Bei fortgeschrittener Krankheit ist eine Operation oft nicht mehr möglich. Außerdem entwickeln einige der Tumoren eine Resistenz gegen gängige Chemotherapien, sie sprechen also nicht mehr auf die Behandlung an. „Bisher weiß man noch nicht, wie und warum manche Tumoren diese Resistenz ausbilden. Es gibt bislang auch keine verlässlichen Tests, um das frühzeitig zu erkennen“, so Keßler weiter.

    Für die neue Studie untersuchte das Team um die MLU-Pharmazeutin mehr als 140 Gewebeproben von Patient:innen, die an Darmkrebs litten. Ziel war es, Auffälligkeiten in den Proben zu finden, die bei gesunden Menschen nicht vorkommen und die womöglich die unterschiedlichen Eigenschaften erklären könnten. Fündig wurden die Wissenschaftler:innen bei dem Protein IGF2BP2. „Eigentlich handelt es sich dabei um ein Wachstumsprotein, das primär in der Embryonalentwicklung aktiv ist. Man findet es aber auch bei erwachsenen Menschen im Darmgewebe“, sagt die Pharmazeutin und Erst-Autorin der Studie Sandra Kendzia von der MLU. Von dem Protein sei auch bekannt, dass es das Wachstum und den Stoffwechsel von Zellen beeinflusst. Mithilfe umfangreicher Versuche in Zellkulturen und an Mäusen konnte das Team nun zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Konzentration des Proteins und den Eigenschaften des Tumors gibt: Ein hoher IGF2BP2-Spiegel führt demnach dazu, dass diese schneller wachsen und gegenüber gängigen Chemotherapeutika resistent sind.

    Die Forschungsergebnisse können laut Keßler für zwei mögliche Anwendungen genutzt werden. „Denkbar ist der Einsatz als Biomarker, also als Test, um frühzeitig die Eigenschaften des Tumors zu bestimmen und die Therapie daran auszurichten“, so die Pharmazeutin. Eine weitere Anwendung könnte es sein, Wirkstoffe zu entwickeln, die in den Tumoren gezielt die Aktivität von IGF2BP2 blockieren und so vielleicht die Resistenz gegenüber Chemotherapeutika aufzuheben. „Ob dies letztlich möglich ist, muss aber noch durch weitere Forschungsarbeiten bestätigt werden. Wir wissen noch zu wenig darüber, wie genau IGF2BP2 in den Stoffwechsel der Krebszellen eingreift“, so Keßler abschließend. Erst nachdem diese Fragen geklärt sind, könnten groß angelegte klinische Studien die Wirksamkeit möglicher Wirkstoffe am Menschen erproben.

    Diese Forschungsarbeit wurde im Rahmen des EU-geförderten OncoTrack-Projekts durchgeführt.

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    * Die in diesem Text verwendeten Genderbegriffe vertreten alle Geschlechtsformen.

    Wilhelm Sander-Stiftung: Partnerin innovativer Krebsforschung

    Die Wilhelm Sander-Stiftung unterstützt das Forschungsprojekt mit knapp 133.000 Euro über 24 Monate. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 270 Millionen Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz ausbezahlt. Damit ist die Wilhelm Sander-Stiftung eine der bedeutendsten privaten Forschungsstiftungen im deutschen Raum. Sie ging aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

    Kontakt
    Konstanze Adam
    Wilhelm Sander-Stiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit & Stiftungskommunikation
    Tel.: +49 (0) 89 544187-0
    E-Mail: adam@sanst.de

    Zukunft mit Tradition – Wissenschaft gestalten

    Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) bietet ein breites Fächerspektrum in den Geistes-, Sozial-, Natur- und den medizinischen Wissenschaften. Die älteste und größte Hochschule Sachsen-Anhalts entstand 1817 aus dem Zusammenschluss der Universitäten in Wittenberg (1502) und Halle (1694). Heute hat sie rund 370 Professorinnen und Professoren sowie 20.000 Studierende. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Nano- und Biowissenschaften, der Aufklärungs- sowie der Gesellschafts- und Kulturforschung.

    Kontakt
    Tom Leonhardt
    Stabsstelle Zentrale Kommunikation der MLU
    Universitätsplatz 9 (Melanchthonianum)
    06108 Halle (Saale)
    Telefon: +49 345 55 21438
    E-Mail: presse@uni-halle.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Sonja Keßler
    Institut für Pharmazie der MLU
    Kurt-Mothes-Str. 3
    06120 Halle (Saale)
    Tel.: +49 (0) 345 55 25010
    E-Mail: sonja.kessler@pharmazie.uni-halle.de


    Originalpublikation:

    Kendzia S. et al. A combined computational and functional approach identifies IGF2BP2 as a driver of chemoresistance in a wide array of pre-clinical models of colorectal cancer. Molecular Cancer (2023). doi: 10.1186/s12943-023-01787-x


    Weitere Informationen:

    http://www.wilhelm-sander-stiftung.de
    https://www.linkedin.com/company/wilhelm-sander-stiftung/
    http://www.pr.uni-halle.de


    Bilder

    Studienleiterin Prof. Dr. Sonja Keßler vom Institut für Pharmazie der MLU.
    Studienleiterin Prof. Dr. Sonja Keßler vom Institut für Pharmazie der MLU.

    © Uni Halle / Maike Glöckner


    Anhang
    attachment icon Darmkrebs: Forschende finden mögliche Ursache für Chemoresistenz

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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