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27.06.2023 12:05

Im Reservemodus? Fruchtfliegen bleiben durch einen Stoffwechselschalter im Gehirn funktionsfähig

Claudia Kallmeier Pressestelle
Technische Universität Dresden

    Eine neue Studie unter der Leitung von Forschenden der Technischen Universität Dresden (TUD) zeigt, dass Zellen im Gehirn von Fruchtfliegen die bemerkenswerte Fähigkeit besitzen, ihre Energieproduktion auf Fett umzustellen. Dieser Schalter fungiert als Auslöser, um Signale an andere Organe des Körpers zu senden, damit diese in Hungerzeiten beginnen, Lipide aus den Fettspeichern in das Gehirn zu liefern. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

    Das Gehirn, eines der energieintensivsten Organe des Körpers, ist normalerweise auf Zucker als primäre Energiequelle angewiesen. Bei Unterernährung kann sich das Gehirn jedoch anpassen und alternative Brennstoffe wie Ketonkörper aus gespeichertem Fett nutzen. Die Frage, ob Gehirnzellen ausschließlich auf extern gewonnenen Brennstoff angewiesen sind oder ob sie Fett direkt nutzen können, hat die Wissenschaftler:innen lange Zeit vor ein Rätsel gestellt.

    Metabolischer Schalter

    Unter der Leitung von Prof. Stefanie Schirmeier von der Fakultät Biologie und Dr. Marko Brankatschk vom Biotechnologischen Zentrum (BIOTEC) der TU Dresden hat das Forschungsteam mit einem breiten Spektrum von Methoden – darunter genetische Manipulation, Molekularbiologie, Lipidanalyse und Verhaltensstudien – gezeigt, wie Gehirnzellen der Fruchtfliege auf Fett umschalten können, um alternativen neuronalen Brennstoff zu produzieren und sich vor Neurodegeneration zu schützen.

    „Wenn wir an das Gehirn denken, denken wir oft an Neurone, aber es gibt noch andere Zelltypen im Gehirn, die Gliazellen genannt werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung und Erhaltung der Neurone. Unsere Studie zeigt, dass diese Gliazellen auf Zuckermangel reagieren, indem sie die Fettverwertung aktivieren. In der Fruchtfliege nutzen diese Zellen Fette, die in Lipidtröpfchen gespeichert sind, oder nehmen Lipide aus dem Blutkreislauf auf, um Ketone zu produzieren, die von den Neuronen verbraucht werden können. Dieses Umschalten ist entscheidend für das Überleben der Fliege", erklärt Dr. Marko Brankatschk, Forschungsgruppenleiter am BIOTEC.

    Metabolischer Sensor

    Die Studie zeigte auch, dass die Gliazellen als Botenstoffe fungieren, die dem Körper die Energieknappheit des Gehirns mitteilen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Stoffwechselschalter in den Gliazellen als Auslöser fungiert und eine Kommunikationskaskade in Gang setzt, die den Rest des Körpers auf die schwierige Stoffwechselsituation im Gehirn aufmerksam macht. Daraufhin mobilisieren die fettspeichernden Organe des Körpers Reserven, um die Energieversorgung des Gehirns aufrechtzuerhalten. Es bleibt abzuwarten, ob es einen ähnlichen Mechanismus auch im menschlichen Gehirn gibt", erklärt Prof. Schirmeier und betont:
    „Unsere Arbeit basiert auf Drosophila melanogaster, der Fruchtfliege, die seit langem als wertvoller Modellorganismus für Entwicklungs- und Krankheitsstudien dient. Unsere Studie zeigt, dass sie das Potenzial hat, Einblicke in komplexe Stoffwechselveränderungen und deren biologische Konsequenzen zu geben".
    Die Untersuchungen der TU Dresden haben das Potenzial, unser bisheriges Verständnis des Gehirnstoffwechsels zu erweitern und unterstreichen die Bedeutung des Studiums einfacher Modellorganismen, um die genauen Mechanismen komplexer biologischer Prozesse aufzudecken.

    Über das Biotechnologisches Zentrum (BIOTEC)
    Das Biotechnologische Zentrum (BIOTEC) wurde 2000 als zentrale wissenschaftliche Einrichtung der TU Dresden mit dem Ziel gegründet, modernste Forschungsansätze in der Molekular- und Zellbiologie mit den in Dresden traditionell starken Ingenieurswissenschaften zu verbinden. Seit 2016 ist das BIOTEC eines von drei Instituten der zentralen wissenschaftlichen Einrichtung Center for Molecular and Cellular Bioengineering (CMCB) der TU Dresden. Das BIOTEC nimmt eine zentrale Position in Forschung und Lehre im Forschungsschwerpunkt Molecular Bioengineering ein und verbindet zellbiologische, biophysikalische und bioinformatische Ansätze miteinander. Es trägt damit entscheidend zur Profilierung der TU Dresden im Bereich Gesundheitswissenschaften, Biomedizin und Bioengineering bei.
    www.tud.de/biotec
    www.tud.de/cmcb

    Über die Fakultät Biologie
    Mit der Neugründung im Jahre 1994 hat sich die Fakultät Biologie der TU Dresden zur Keimzelle der Dresdner Lebenswissenschaften, zu denen heute im Verbund DRESDEN-concept viele weitere Einrichtungen zählen, entwickelt. Die Forschungsthemen der Fakultät Biologie reichen von genetischen und zellbiologischen über physiologische, entwicklungsbiologische und biomimetische Aspekte bis hin zu Fragestellungen der organismischen und Populationsbiologie. Die fachliche Vielfalt der Forschung spiegelt sich auch in den drei attraktiven Studienangeboten, dem Bachelorstudiengang „Molekulare Biologie und Biotechnologie“ sowie den Masterstudiengängen "Biology in Society" und "Molecular Biosciences and Productive Biosystems“, wider.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Marko Brankatschk
    Tel: +49 351 463-40111
    E-Mail: marko.brankatschk@tu-dresden.de

    Prof. Stefanie Schirmeier
    Tel: +49 351 463-31922
    E-Mail: stefanie.schirmeier@tu-dresden.de


    Originalpublikation:

    Ellen McMullen, Helen Hertenstein, Katrin Strassburger, Leon Deharde, Marko Brankatschk, Stefanie Schirmeier: Glycolytically impaired Drosophila glial cells fuel neural metabolism via β-oxidation. Nature Communications (May 2023)
    Link: https://rdcu.be/dcTMN


    Weitere Informationen:

    https://tud.link/h2vj Website der Forschungsgruppe von Dr. Marko Brankatschk
    https://tud.link/w5g1 Website der Forschungsgruppe von Prof. Stefanie Schirmeier
    https://tu-dresden.de/mn/biologie/studium/studieren-an-der-fachrichtung-biologie Studieren an der Fakultät Biologie
    https://tu-dresden.de/mn/biologie/forschung Forschen an der Fakultät Biologie


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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