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07.07.2023 13:50

Mit Kopf und Bein zum schönen Schnitt

Gunnar Bartsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Wie bemessen Blattschneiderameisen die Größe der Blattstücke, die sie abtrennen? Eine Studie der Uni Würzburg liefert jetzt Antworten.

    Bis zu drei Millionen Exemplare, in menschliche Maßstäbe übersetzt etwa doppelt so viele Einwohner wie München – so groß kann eine einzige Kolonie von Blattschneiderameisen werden. Um so viele Lebewesen gleichzeitig zu ernähren, haben die Tiere ein ausgeklügeltes System entwickelt: In ihren unterirdischen Nestern züchten sie Pilze, die sie als Futter in die Kolonie verteilen. Als Nährboden für das Pilzwachstum dient ein Gemisch aus kleingeschnittenen Blattstücken, die die Tiere von umliegenden Bäumen und Sträuchern gewinnen.

    Eine Studie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat nun untersucht, wie Blattschneiderameisen die korrekte Größe dieser Blattstücke bemessen. „Bislang ging man davon aus, dass allein die Länge eines Tieres darüber bestimmt – dass also kleinere Ameisen einfach kleinere Stücke schneiden und größere große“, erklärt Dr. Daniela Römer, Biologin am Lehrstuhl Zoologie II der Uni Würzburg. „Wir aber konnten jetzt zeigen, dass die Tiere nicht nur ihre Körperlänge als Werkzeug nutzen, sondern auch ihre Hinterbeine und Köpfe.

    Zwei körpereigene Messsysteme ausschlaggebend für die Blattgröße

    Im Rahmen der Forschung ließen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Ameisen Kunstblätter aus Parafilm schneiden, einer weißlich durchscheinenden Folie. Dabei verhinderten sie zunächst den Kontakt der Hinterbeine zum Blattrand. „Beim Schneidevorgang halten sich die Ameisen fast immer fest“, so Römer. „Wir gingen daher davon aus, dass die Position der Hinterbeine eine große Rolle für den Blattzuschnitt spielt.“ Zwar trennten die Ameisen in der Folge ihre Blattstücke tatsächlich unregelmäßiger ab, allerdings nur in geringem Umfang.

    Erfolgreicher war der Fokus auf ein weiteres Körperteil. „Ameisen winkeln beim Abtrennen von Blättern immer wieder ihre Köpfe ab – dort sitzen feine mechanosensorische Härchen“, sagt Römer. Das Team stellte fest: Wenn den Tieren zusätzlich zur fehlenden Hinterbein-Haltung diese Haare abrasiert werden, verlieren sie die Kontrolle über den Schnittverlauf und die Fragmentgröße komplett. „Unsere Forschung zeigt: Blattschneiderameisen besitzen ein deutlich plastischeres Schneideverhalten als bislang angenommen“, so Römer. „Die Bemessung der Größe von Blattfragmenten geht weit über die reine Körperlänge hinaus.“

    Forschende möchten weitere Schnittmechanismen entschlüsseln

    In weiteren Forschungen wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Ameisen nun nicht mehr nur einheitliches Blattmaterial anbieten, sondern unterschiedliche Größen, Dicken und Blattader-Strukturen, um die natürliche Vielfalt besser widerzuspiegeln. „Mithilfe automatisierter Bewegungsanalyse werden wir dann ermitteln, wie plastisch Ameisen auf unterschiedliche mechanische Eigenschaften der Blätter während des Schneideprozess reagieren“, erklärt Römer. Dabei wird das Team zusammenarbeiten mit Dr. Jan Ache, dem Emmy-Noether-Gruppenleiter am Würzburger Lehrstuhl für Neurobiologie und Genetik und Dr. Till Bockemühl von der Uni Köln. Finanziell unterstützt wurde das Projekt vom Lehrstuhl für Verhaltenspsychologie und Soziobiologie.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Daniela Römer, Zoologie II, Biocenter, daniela.roemer@uni-wuerzburg.de, T: +49 931 31-80832


    Originalpublikation:

    Two feedback mechanisms involved in the control of leaf fragment size in leaf-cutting ants, Daniela Römer, Falvio Roces, Rebecca Exl. Journal of Experimental Biology, DOI: 10.1232/jeb.244246


    Bilder

    Ein typisches Verhalten: Wenn die Blattschneiderameise Atta sexdens Blattstücke zuschneidet, hält sie sich mit ihren Hinterbeinen am Blattrand fest, um die Größe des Zuschnitts zu bestimmen.
    Ein typisches Verhalten: Wenn die Blattschneiderameise Atta sexdens Blattstücke zuschneidet, hält si ...
    Dr. Daniela Römer
    Universität Würzburg


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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