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Dr. Maria Ermolaeva vom Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena erhält begehrten ERC Consolidator Grant der EU in Höhe von 2 Millionen Euro. Im Rahmen des für die nächsten 5 Jahre geförderten LifeLongFit-Projektes wird nach Möglichkeiten gesucht, um durch den Einfluss von mildem Stress zu einem gesünderen Altern beizutragen.
Jena. Ein Leben lang fit bleiben! Wer träumt nicht davon, wenn sich ab der Mitte unseres Lebens erste Alternserscheinungen bemerkbar machen, wenn die Muskeln schmerzen, die Haare grauer werden und man nach körperlicher Anstrengung schneller außer Puste gerät. Doch das Altern ist ein sehr komplexer, vielschichtiger Prozess, der von einer Vielzahl interner und externer Faktoren beeinflusst wird. Ein grundlegendes Verständnis des Alternsprozesses und von dem Auftreten alternsassoziierter Krankheiten ist daher zwingend erforderlich, um Lösungsansätze für ein gesundes Altern entwickeln zu können.
Dr. Maria Ermolaeva, Leiterin der Forschungsgruppe „Stresstoleranz und Homöostase“ am Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena, erhält den begehrten ERC Consolidator Grant der EU in Höhe von 2 Millionen Euro, um im Rahmen des geförderten LifeLongFit-Projekts die nächsten 5 Jahre nach Möglichkeiten zu suchen, wie man die Gesundheit im Altern verbessern kann. Mit der Förderung entstehen bis zu 4 neue Stellen am FLI.
Was passiert beim Altern?
Mit dem älter werden sammeln sich in unserem Körper mehr und mehr Schäden an, die wiederum andere Schäden auslösen: So kann beispielsweise unser Erbgut geschädigt und die Kommunikation zwischen den Zellen gestört werden, oder es treten Fehlfaltungen und Verklumpungen von Proteinen auf. „Alles Dinge, die für den Organismus schädlich sind und zur Erkrankung führen können,“ berichtet Dr. Maria Ermolaeva, „doch sind wir noch jung und fit, dann ist unser Körper in der Lage, durch körpereigene Reparaturmechanismen derartige Schäden effizient abzumildern, so dass unser Körper nicht beeinträchtig wird. Werden wir jedoch älter, dann verlieren diese maßgeschneiderten Mechanismen ihre Wirksamkeit und werden fehleranfällig, was dramatische Folgen für unseren Körper haben kann“.
Auswirkungen von moderatem Stress auf das Altern
Die Aufrechterhaltung der körpereigenen Mechanismen zur Schadensbegrenzung ist daher eine Möglichkeit, um gesund zu altern. Dies kann durch einen moderaten Stress erreicht werden, der eine gezielte Stressreaktion auslöst und damit Reparaturprozesse ankurbelt. „Milde Stressoren haben den Effekt, dass sie Reparaturwege auslösen, die zur Beseitigung von beschädigten oder nicht mehr funktionsfähigen Zellbestandteilen beitragen, was dazu führt, dass die Zellfunktionen länger erhalten bleiben,“ ergänzt Dr. Ermolaeva.
Die Forschungsgruppe um Dr. Ermolaeva konnte in Studien am Fadenwurm (C. elegans) bereits zeigen, dass milde Stressoren, wie z.B. die Gabe des Antidiabetikums Metformin, der Kontakt mit pathogenen Mikroben oder die Bestrahlung mit UV-Licht, die Tiere gesünder machte als die Kontrollgruppe ohne Stress. Darüber hinaus waren die moderat gestressten Würmer robuster und anschließend weniger anfällig für weitere Stressoren.
Unterschiedliche Effekte bei Jung und Alt
Bei der Behandlung von jungen und alten Fadenwürmern mit Metformin stießen die FLI-Forschenden unerwartet auf ein gravierendes Problem. „Die Vorstellung und das Wissen darüber, wie ältere Tiere auf Stress reagieren, beruht auf experimentellen Daten, die meistens an jungen Tieren gewonnen werden,“ erläutert die Biochemikerin, „doch das stellte sich gerade in diesem Versuch als ein großes Problem dar“. Während bei jungen Würmern positive Effekte sichtbar waren, verlor das Medikament in älteren Vertretern seine Wirkung und war sogar für diese toxisch. „Das bedeutet, dass man nicht von vornherein davon ausgehen kann, dass sich die Ergebnisse eins zu eins von Jung auf Alt übertragen lassen, sondern zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, die Wirkung von moderatem Stress altersspezifisch zu untersuchen, indem man auch Veränderungen im Stoffwechsel oder in der Reparaturaktivität berücksichtigt“, betont Dr. Ermolaeva.
Zeitpunkt der Gabe beeinflusst Verjüngungseffekt
Das führte zur Idee des LifeLongFit-Projekts, einem außergewöhnlich zeitintensiven und riskanten Forschungsansatz. Das Projekt zielt darauf ab, den Einfluss verschiedener potenzieller milder Stressfaktoren (z.B. Nahrungseinschränkung, Mikroben und UV-Strahlung) auf das Altern zu untersuchen und festzustellen, ob ähnliche Effekte wie bei Metformin auftreten, wenn diese zu verschiedenen Zeitpunkten im Leben angewendet werden.
Dieses Wissen ist essenziell, um für das Individuum je nach Alter eine individuell angepasste, geeignete Behandlung ableiten zu können. Schließlich besteht das Hauptziel des Projekts darin, neue Wege für ein gesundes Altern vorzuschlagen, die keine frühzeitige oder sogar lebenslange Behandlung mit Medikamenten erforderlich macht, sondern zu jedem Zeitpunkt des Lebens, also auch im Alter, begonnen werden kann. „Ich freue mich sehr über den ERC Grant und bin sehr stolz und glücklich, mit meinem Team und der Unterstützung durch das FLI diesem anspruchsvollen Ziel näherzukommen“, berichtet Dr. Ermolaeva.
„Das LifeLongFit-Projekt birgt zwar hohe Risiken und erfordert umfangreiche Ressourcen,“ ergänzt Prof. Alfred Nordheim, Wissenschaftlicher Direktor des FLI, „doch ist das Projekt erfolgreich, dann bietet es enorme Chancen, um aus diesem Wissen heraus neuartige Therapien entwickeln zu können, die ein gesundes Altern begünstigen. Wir wünschen Dr. Ermolaeva und ihrem Team für dieses Vorhaben viel Glück!“.
Zur Person
Maria Ermolaeva studierte Biochemie an der Staatlichen Lomonossow-Universität in Moskau, Russland, und führte ihre Diplomarbeit am IGB RAS (Institut für Genbiologie, Russische Akademie der Wissenschaften) in Moskau durch. Nach ihrem Diplom im Jahr 2002 war sie von 2002 bis 2008 Doktorandin am EMBL (Mouse Biology Unit, Manolis Pasparakis Lab) in Rom, Italien und der Universität zu Köln, in Köln, Deutschland. Von 2008 bis 2015 arbeitete sie als Postdoc im Kölner Exzellenzcluster CECAD (Björn Schumacher Lab), wo sie ihre Forschungstätigkeit am Fadenwurm (C. elegans) als Modellorganismus begann. Im April 2015 wechselte Dr. Ermolaeva an das Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena, wo sie die Forschungsgruppe „Stresstoleranz und Homöostase“ leitet.
Dr. Ermolaeva ist seit 2015 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Alternsforschung (DGfA). Von 2015 bis 2021 war sie Projektleiterin in der DFG Research Training Group “Adaptive stress responses” und von 2020 bis 2022 Leiterin der EU-ESF-geförderten Forschungsgruppe FBR 0082. Aktuell ist sie seit 2021 Projektleiterin im IMPULS-Konsortium der Friedrich-Schiller-Universität Jena und seit 2018 assoziiertes Mitglied im DFG Excellence Cluster Balance of the Microverse.
Kontakt
Dr. Kerstin Wagner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 03641-656378, E-Mail: presse@leibniz-fli.de
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Hintergrundinformation
Das Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena widmet sich seit 2004 der biomedizinischen Alternsforschung. Rund 350 Mitarbeiter aus ca. 40 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten Krankheiten. Näheres unter http://www.leibniz-fli.de.
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 97 eigenständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Die Leibniz-Institute unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.500 Personen, darunter 11.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das Finanzvolumen liegt bei 2 Milliarden Euro. (http://www.leibniz-gemeinschaft.de).
Dr. Maria Ermolaeva vom FLI erhält begehrten ERC Consolidator Grant für ihr LifeLongFit-Projekt.
(Foto: FLI / Nadine Grimm)
FLI
Durch Untersuchungen am Fadenwurm (C. elegans), aber auch an anderen Modellorganismen, soll im Rahme ...
(Foto: FLI / Maria Ermolaeva)
FLi
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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