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Wissenschaft
International für Pionierleistungen bekannt und auf fächer- und institutionenübergreifende Zusammenarbeit ausgerichtet: 22 Arbeitsgruppen erforschen am Berliner Institut für Medizinische Systembiologie des Max Delbrück Centers (MDC-BIMSB), wie die Gene das Leben steuern. Nun feiert es 15. Geburtstag.
Seit 2008 erweitert das Berliner Institut für Medizinische Systembiologie das wissenschaftliche Profil des Max Delbrück Centers. In den vergangenen 15 Jahren hat es sich zu einem Leuchtturm entwickelt: mit Kooperationen in aller Welt, bahnbrechenden Arbeiten, die den Wandel einzelner Zellen im Laufe des Lebens nachvollziehen und damit der Medizin neue Perspektiven eröffnen, technologischen Pionierleistungen und einem Gebäude im Herzen Berlins, das eine offene, fächer- und institutionenübergreifende Zusammenarbeit optimal fördert. Entstanden ist ein Ort, der international als einer der besten für die medizinische Systembiologie gilt – und ein Sprungbrett für hervorragende Nachwuchsforscher*innen ist.
Das Jubiläum feiert das Max Delbrück Center am 5. September 2023 mit rund 150 geladenen Gästen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Daran schließt sich am 6. und 7. September das Berlin Summer Meeting an, mit angesehenen Redner*innen sowie mit Beiträgen herausragender Alumni.
Weitblick für das Potenzial der Systembiologie
„Die Zukunft der Präzisionsmedizin ist heute eng mit der Systembiologie verknüpft – man denke nur an Krebs. Aber vor 15 Jahren waren viele noch skeptisch, ob Big Data und quantitative Ansätze neue Erkenntnisse bringen. Forschung sollte hypothesengeleitet sein“, sagt Professorin Maike Sander, Wissenschaftliche Vorständin des Max Delbrück Centers. „Die Gründer des MDC-BIMSB – allen voran Nikolaus Rajewsky – ließen sich nicht beirren. Sie bewiesen Weitblick, erkannten das Potenzial. Sie hatten nicht nur eine Vision, sondern auch den richtigen Ansatz, wie man ein hervorragendes Programm aufbaut: bottom-up. Das Institut hat sich schnell als Vorreiter der Systemmedizin etabliert. Und es hat auch das Max Delbrück Center international sichtbarer gemacht.“
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Berliner Senat förderten das Institut zunächst als Pilotprojekt im Programm „Spitzenforschung und Innovation in den Neuen Ländern“; nach nur fünf Jahren hat der Bund die Finanzierung verstetigt. 2019 folgte ein eigenes Gebäude auf dem Campus Nord der Humboldt-Universität zu Berlin: ganz in der Nähe der Charité – Universitätsmedizin Berlin und auf die Anforderungen der Systembiologie zugeschnitten. Die Gesamtförderung des Bundes summiert sich auf rund 250 Millionen Euro bis heute. Das Land Berlin hat diese Anstrengungen mitgetragen.
Derzeit arbeiten 22 international rekrutierte Arbeitsgruppen am MDC-BIMSB daran, die Voraussetzungen für die personalisierte Medizin der Zukunft zu schaffen. „Hier bei uns treffen jeden Tag Menschen mit ganz unterschiedlichen fachlichen Hintergründen zusammen, um gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Das ist sehr erfolgreich“, sagt Professor Nikolaus Rajewsky. Der Direktor des MDC-BIMSB hat das Institut konzipiert und gegründet. „Die Zukunft liegt in der institutionenübergreifenden Zusammenarbeit. Wir wollen Datenwissenschaft, klinische Forschung, Grundlagenforschung und Venture Capital in einem gemeinsamen Ökosystem vereinen – innerhalb Berlins und mit internationalen Partnern. So stärken wir die internationale Wettbewerbsfähigkeit, schonen nachhaltig Ressourcen und können die alles entscheidende Integration von künstlicher Intelligenz in die Gesundheitsforschung vorantreiben.“
Der Forschungsansatz: Wie die Gene das Leben regulieren
Im Laufe ihres Lebens greift eine Zelle immer wieder auf Anweisungen zurück, die in ihrem Erbgut enthalten sind. Sie liest darin wie in einem Buch und erfährt so, wie sie auf äußere Einflüsse reagieren soll. Mit Methoden der Genom- und Einzelzell-Biologie können Forscher*innen sie dabei beobachten.
Die Wissenschaftler*innen entnehmen zum Beispiel Proben aus dem Gewebe von Patient*innen oder patientenspezifischen Organoiden und analysieren, welche Gene welche Zelle gerade abliest und in Proteine übersetzt. Das Ergebnis sind riesige Datenmengen, die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen ausgewertet werden. Die Forschungsgruppen können außerdem rekonstruieren, wo die Zellen im Gewebe saßen – und wie die jeweilige Nachbarschaft sie geprägt haben. Auch das Origami des Erbgutstrangs innerhalb des Zellkerns ist entscheidend für das Funktionieren des Lebens. Gene, die in der linearen Sequenz anscheinend weit auseinander liegen, können dank der Faltung Nachbarn sein und sich gegenseitig beeinflussen.
Brücken in Berlin und nach Lissabon
Mit dem genauen Blick auf die verschiedenen Ebenen der Genregulation wollen die Wissenschaftler*innen verstehen, wann und warum sich eine Zelle in Richtung Krankheit verändert und sie möglichst rasch in einen gesunden Zustand zurückversetzen. Denn wenn erst wenige Zellen in unserem Körper betroffen sind, gibt es weder Symptome noch Folgeschäden. In diesem Stadium eine Diagnose zu stellen und die gerade entstehende Erkrankung sehr früh zu stoppen, könnte Patient*innen viel Leid ersparen. Um diese Präzisionsmedizin möglichst bald in die Klinik zu bringen, wollen sich nun Forscher*innen und Kliniker*innen von zehn führenden Berliner Institutionen im Einstein Center for Early Disease Interception zusammenschließen – darunter nicht zuletzt die Systembiolog*innen des Max Delbrück Center. Gleichzeitig ist es der Auftakt zum Berlin Cell Hospital.
Die Forscher*innen bauen auch international Brücken. So entsteht in Lissabon gerade ein Institut, das nach dem Vorbild des MDC-BIMSB konzipiert ist: das NOVA Institute for Medical Systems Biology (NIMSB). NOVA University und Max Delbrück Center bauen das NIMSB gemeinsam als Center of Excellence auf. Die Europäische Kommission hat dafür 15 Millionen Euro bewilligt, NOVA University konnte zusätzlich 20 Millionen Euro in Portugal einwerben. Inspiriert wurde das Vorhaben von der LifeTime-Initiative, die ebenfalls das Max Delbrück Center koordiniert hat. „Wir freuen uns sehr auf diese strategische Partnerschaft – und sind stolz darauf, unsere Erfahrungen weitergeben zu können“, sagt Professorin Ana Pombo, die das Projekt gemeinsam mit Dr. Stan Gorski, beide MDC-BIMSB, sowie Professor António Jacinto von der NOVA University leitet. Ein Grund mehr, an diesem Tag zu feiern.
Glückwünsche zum 15. Geburtstag
Judith Pirscher, Staatssekretärin im BMBF, sagt: „Gemeinsam haben Sie das MDC-BIMSB in kurzer Zeit zu einer der weltbesten Adressen der medizinischen Systembiologie gemacht. Unser Haus hat sie dabei gern unterstützt. Ich gratuliere Ihnen allen herzlich zum 15-jährigen Bestehen und zu ihren bemerkenswerten Leistungen. Wir sind gespannt auf ihre neuen Ideen und darauf, wie Sie die Forschung künftig weiter innovativ, interdisziplinär und interinstitutionell voranbringen – um die Translation in der Biomedizin weiter zu beschleunigen und Krankheiten früher zu erkennen, zu behandeln und zu vermeiden. Verfolgen Sie diese Mission mit Begeisterung weiter.“
Dr. Henry Marx, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Berliner Senat:
„Der Erfolg eines Wissenschaftsstandorts hängt nicht zuletzt davon ab, Chancen und Potenziale frühzeitig zu erkennen und zu nutzen, Herausforderungen innovativ zu begegnen und Impulse für die Zukunft zu setzen. Das MDC-BIMSB ist in den vergangenen 15 Jahren zu einem unverzichtbaren und herausragenden Ort der Spitzenforschung für den lebenswissenschaftlichen Forschungsstandort Berlin geworden. Deshalb möchte ich allen danken, die an dieser Erfolgsgeschichte mitgeschrieben haben und allen Mitarbeitenden herzlich zum 15-jährigen Jubiläum gratulieren.“
Professor Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, sagt:
„Was sich hier in den letzten Jahren entwickelt hat, ist wirklich einmalig. Die Forschung folgt einer klaren Vision und mit dem Berlin Cell Hospital ist nun ein Konzept entstanden, das Präzisionsmedizin neu definiert. Am MDC-BIMSB kommen die klügsten Köpfe zusammen und ziehen gemeinsam an einem Strang. Außerdem ist Innovation hier ein integraler Bestandteil, das gesamte Umfeld ist darauf ausgerichtet.“
Professor Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin, sagt: „Das MDC-BIMSB hat in den letzten 15 Jahren eine bemerkenswerte Reise hinter sich. Im Namen des gesamten Vorstands der Charité gratuliere ich zu den Leistungen der vergangenen Jahre. Die Charité, das BIH und das MDC-BIMSB verbindet eine enge Kooperation, die es ermöglicht, komplementäre Expertisen einzubringen, um die Entwicklung und das Fortschreiten von Krankheiten in Detailtiefe zu verstehen und die personalisierte Medizin weiter voranzubringen. Wir hoffen, die Kooperation auch in den nächsten Jahren weiter zu intensivieren.“
Professor Christopher Baum, Direktoriumsvorsitzender des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), sagt: „Das BIH gratuliert dem MDC-BIMSB herzlich zu seinen großen Erfolgen. Gemeinsam mit dem Max Delbrück Center und der Charité arbeiten wir mit hohem Engagement an der Analyse der Funktionen einzelner Zellen in komplexen Prozessen der Organ- und Krankheitsentwicklung. Unser großes Ziel besteht in der Entdeckung aussagekräftiger Biomarker und konkreter Zielstrukturen für therapeutische Ansätze.“
Meilensteine
Vorbereitung für neues Einstein Center startet (https://www.mdc-berlin.de/de/news/news/vorbereitung-fuer-neues-einstein-zentrum-...)
Gründung des Berlin Cell Hospitals verkündet (https://www.mdc-berlin.de/de/news/news/gruendung-des-berlin-cell-hospitals-verku...)
Kunst und Wissenschaft: Gemeinsam Neues schöpfen (https://www.mdc-berlin.de/de/news/news/gemeinsam-neues-schoepfen)
Paneuropäische LifeTime-Initiative startet in Berlin (https://www.mdc-berlin.de/de/news/press/paneuropaeische-lifetime-initiative-star...)
Eröffnung des Gebäudes in Berlin Mitte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (https://www.mdc-berlin.de/news/publications/wissenschaft-im-centrum-angela-merke...)
Kontakt
Jana Schlütter
Redakteurin, Kommunikation
Max Delbrück Center
+49 (0) 30 9406 2121
jana.schluetter@mdc-berlin.de oder presse@mdc-berlin.de
Das Max Delbrück Center
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (Max Delbrück Center) gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 70 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organ-übergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das Max Delbrück Center fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am Max Delbrück Center arbeiten 1800 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete Max Delbrück Center zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.
Fotos von der Festveranstaltung sind auf Anfrage ab dem 6. September verfügbar.
(Stream Festveranstaltung ab 15 Uhr)
https://www.mdc-berlin.de/16th-berlin-summer-meeting (Berlin Summer Meeting)
https://www.mdc-berlin.de/bimsb (MDC-BIMSB)
https://www.mdc-berlin.de/de/news/news/der-visionaer (Porträt Rajewsky)
https://www.mdc-berlin.de/de/news/news/ana-pombo-dna-faltkunst (Porträt Pombo)
Das Gebäude des MDC-BIMSB am Abend.
Mo Wüstenhagen, Max Delbrück Center
Nikolaus Rajewsky im Porträt.
Pablo Castagnola, Max Delbrück Center
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Medizin
überregional
Organisatorisches
Deutsch
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