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Als wichtigen Meilenstein hat die Regierungskommission in der vergangenen Woche ihre 15 Seiten umfassende 9. Stellungnahme und Empfehlung zum Rettungsdienst und dessen Finanzierung vorgelegt. Damit werden die Reformvorschläge zur Notfall- und Akutversorgung vom Februar diesen Jahres sinnvoll ergänzt. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) begrüßt die veröffentlichten Vorschläge ausdrücklich. „Viele schon lange diskutierten und notwendigen Neuerungen werden in der vorliegenden Stellungnahme thematisiert“, sagt DIVI-Präsident Professor Felix Walcher.
„Dieses Vorhaben wird unsererseits die größtmögliche Unterstützung erfahren“, so der Direktor der Klinik für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Magdeburg. „Es gibt jedoch auch Aspekte, die nicht ausreichend berücksichtigt wurden oder überarbeitet bzw. ergänzt werden müssen.“
Besonders die Aufnahme der Notfallversorgung als eigenes Leistungssegment im SGB V ist ein Meilenstein. „Das fordern viele Expertinnen und Experten seit fast zwei Jahrzehnten!“, freut sich der stellvertretende Sprecher der Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin, Bernhard Gliwitzky. „Dass die notwendigen Ergänzungen des jetzigen Systems im Sinne von pflegerischer Notfallversorgung, notfallmäßiger Palliativversorgung und psychiatrisch-psychosozialer Krisenintervention benannt werden, ist ein weiteres wichtiges Signal!“, ergänzt Dr. Janina Bathe, Sprecherin der Sektion.
Durch den Auf- und Ausbau der genannten Strukturen kann eine Entlastung des Rettungsdienstes sowie der Notaufnahmen erreicht werden – was dringend sowie zwingend notwendig ist. Die Vorschläge versprechen Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich zukünftig wieder auf die Kernaufgabe konzentrieren zu können: die medizinische Versorgung von Notfallpatienten.
Darüber hinaus nimmt die DIVI die Empfehlung zur strukturierten Einbeziehung der Bevölkerung in die Notfallversorgung unter anderem durch die Einführung von Wiederbelebungsunterricht an Schulen sehr positiv wahr, unterstreicht Professor Bernd Böttiger, Vorstandsmitglied der DIVI. „Hierfür macht sich die Fachgesellschaft bereits seit Jahren stark. Durch diesen Schritt könnten alleine 10.000 Menschenleben pro Jahr in Deutschland mehr gerettet werden“, so der Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operativen Intensivmedizin in Köln.
Einführung eines Advanced Care Paramedic ist aus DIVI-Sicht diskussionswürdig
Als „diskussionswürdig“ bewerten die Experten der DIVI jedoch den Vorschlag der Einführung eines Advanced Care Paramedic. „Hier muss genau betrachtet werden, welche zusätzliche Aufgaben dieser neue Beruf übernehmen kann und welche Intentionen damit verfolgt werden“, mahnt Frau Dr. Janina Bathe. „Bei einer möglichen Einführung muss das Studium gut geplant sowie eng an medizinische Fakultäten wie auch notfallmedizinische Zentren gebunden sein.“
Generell begrüßt die DIVI selbstverständlich die Förderung der Qualität im Rettungsdienst und die bundesweite Vereinheitlichung der Qualifikation des eingesetzten Personals. Es kommt jedoch bereits jetzt auch bei Notfallsanitätern zu Personalengpässen. „Bereits heute bietet die auf Basis des Pyramidenprozesses entwickelte Kompetenz der Notfallsanitäter eine gute Grundlage“, gibt Sektionssprecher Gliwitzky zu Protokoll. Die Rolle der Notfallsanitäter sei aktuell vielerorts noch nicht voll ausgeschöpft. Trotzdem müsse eine Aufstiegsmöglichkeit für besonders qualifizierte Notfallsanitäter selbstverständlich diskutiert werden, um dauerhaft qualifizierte Kräfte im Beruf zu halten.
Notarzt ist weiterhin elementarer und integraler Bestandteil des Rettungsdienstes
Generell betont die Fachgesellschaft der Intensiv- und Notfallmediziner: Der gut qualifizierte Notarzt ist weiterhin ein elementarer und integraler Bestandteil des Rettungsdienstes. Er ist für die Versorgung akut lebensbedrohlich erkrankter Patienten unverzichtbar! Für die Rettungskette gilt es deshalb zu beachten:
1. Die Luftrettung ist ein wichtiger Faktor, wird aber nie eine vollumfassende Verfügbarkeit trotz Randzeitenerweiterung und 24-h-Vorhaltung zu allen Zeiten wegen immer wieder vorliegenden Wettereinschränkungen gewährleisten können.
2. Die Qualifikationsanforderungen der eingesetzten Notärzte auf den Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) muss weiter erhöht werden.
3. Die telenotärztliche Unterstützung ist ein wichtiger Baustein bei der adäquaten Versorgung von Notfallpatienten und sollte entsprechend ausgebaut werden.
So wäre die Verfügbarkeit eines erfahrenen Notfallmediziners auf allen Leitstellen an 365 Tagen im 24-h-System ideal. „Dieser kann auch die Rolle des Telenotarztes übernehmen und auch bei kritischen Dispositionsentscheidungen zusätzlichen ärztlichen Sachverstand einbringen“, so die Sprecher der Sektionen Notfall- und Katastrophenmedizin wie auch Strukturen Klinische Akut- und Notfallmedizin. „Integrierte Leitstellen sind zudem mit der 116117 digital oder auch physisch zu vernetzen und müssen eine entsprechende Größe haben.“
„Mit der grundsätzlichen Neugestaltung könnten eine Vielzahl von Transporten und teils unnötigen Krankenhauseinweisungen vermieden und damit eine Fehlallokation auch zum Wohle des Patienten verhindern werden“, konstatiert Dr. Torben Brod, Sprecher der DIVI-Sektion Strukturen Klinische Akut- und Notfallmedizin.
Aufbau von Strukturen der Interhospitaltransporte von kranken und kritisch kranken Kindern unumgänglich
„Die Kinder wurden in den Reformvorschlägen wieder vergessen“, legt der zukünftige DIVI-Präsident, Professor Florian Hoffmann, den Finger in die Wunde. Durch die sich ändernden Krankenhausstrukturen sieht der Oberarzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München den steigenden Transferbedarf zwischen verschiedenen Krankenhäusern. Aber bis dato existieren keine Strukturen für den Interhospitaltransport kranker und kritisch kranker Kinder. „Hier gilt es nachzubessern“, fordert Hoffmann. „Die Verlegung der Kinder muss neben dem Intensivtransport von Erwachsenen und Neugeborenen im Rahmen dieser Reform zur Notfall- und Akutversorgung des Rettungsdienstes dringend berücksichtigt werden!“
Auch für den Ausbau der telenotärztlichen Versorgung müsse die prähospitale Kindernotfallversorgung extra geplant werden. Die DIVI empfiehlt deshalb den Aufbau überregionaler Standorte mit spezialisierten Kindernotfallexperten.
Wer finanziert die Digitalisierung des Rettungsdienstes?
„Die Reform der Akut- und Notfallmedizin steht und fällt mit dem Ausbau digitaler Strukturen in den verschiedensten in der Stellungnahme adressierten Bereichen“, bringt es Präsident Felix Walcher auf den Punkt. Die digitale Vernetzung aller an der Notfallversorgung beteiligten Institutionen sowie die Anbindung des ambulanten Sektors sei längst überfällig. So vermisst die DIVI in der Stellungnahme der Regierungskommission konkrete Finanzierungsvorschläge zur Digitalisierung des Rettungsdienstes und deren Vernetzung mit den nachgeordneten Strukturen, den Notaufnahmen der Klinken und Notfallpraxen.
„Es ist entscheidend, dass alle Daten interoperabel im gesamten Prozess der Versorgung weitergegeben werden können. Das kann die Qualität der Patientenversorgung deutlich verbessern und fehlerbehaftete sowie personalaufwendige Redundanzen der Dokumentation vermeiden! Der weitere Ausbau der vorhandenen Register bietet ein enormes Potenzial, die Qualität der Versorgung sicherzustellen, die Veränderung der Strukturen zu bilanzieren und ggf. bedarfsgerechter nachzusteuern“, ist Walcher überzeugt. Ein zentrales Element in der Dokumentation von Notfällen stellt das AKTIN-Notaufnahmeregister dar. Dieses kann über die bisherige Implementierung in Notaufnahmen hinaus auch auf weitere Bereiche der Notfallversorgung, wie die KBV-Notfallpraxen, ausgeweitet werden.
Eine zeitgerechte Umsetzung der Vorschläge aus der 9. Stellungnahme der Regierungskommission wäre ein großer Schritt in der Reformierung des Rettungsdienstes – und damit einhergehend eine deutliche Verbesserung der Patientenversorgung in Deutschland. Für Unterstützung in der Umsetzung steht die DIVI jederzeit gerne bereit.
https://www.divi.de/presse/pressemeldungen/pm-divi-begruesst-empfehlungen-der-re...
Prof. Felix Walcher, Bernhard Gliwitzky, Dr. Janina Bathe, Prof. Bernd Böttiger, Dr. Torben Brod und ...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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