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23.10.2023 16:00

Risiko für plötzlichen Herztod: Wie können Warnzeichen bedrohten Menschen helfen?

Pierre König Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Herzstiftung e.V./Deutsche Stiftung für Herzforschung

    So unerwartet der Sekundenherztod eintritt: Das Wissen über die Risikofaktoren und Warnzeichen kann bei der Identifizierung von Gefährdeten helfen. Kardiologen sehen zusätzlich Chance in Laienschulungsprogramm

    Jedes Jahr sterben in Deutschland 65.000 Menschen am plötzlichen Herztod. Das müsste aber nicht sein. So unerwartet der vorzeitige plötzliche Herztod über Betroffene hereinbricht, so gehen ihm in den meisten Fällen Herzerkrankungen und andere Risikofaktoren voraus, die auf eine Gefährdung zumindest hindeuten. „Deshalb ist der vorzeitige Herztod in aller Regel kein schicksalhaftes Ereignis, von dem es kein Entkommen gibt. Das medizinische Ziel sollte sein, die entsprechenden Risikopersonen frühzeitig zu identifizieren, bevor ein bedrohliches kardiales Ereignis auftritt“, betont Herzspezialist Prof. Dr. med. Tienush Rassaf, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung, anlässlich der bundesweiten Herzwochen. „Die Therapie besteht somit im Kern darin, den vorzeitigen Herztod zu verhindern“, so der Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Westdeutschen Herz- und Gefäßzentrum des Universitätsklinikums Essen. Die Herzwochen 2023 stehen unter dem Motto „Herzkrank? Schütze Dich vor dem Herzstillstand!“ mit einem umfangreichen Informationsangebot unter https://herzstiftung.de/herzwochen

    Senkung der Sterblichkeit durch plötzlichen Herztod: Suche nach weiteren Hebeln
    Zwar wird der plötzliche Herztod überwiegend durch schnelle Rhythmusstörungen aus den Herzkammern (Kammertachykardie) oder Kammerflimmern (schnelle und zusätzlich unkoordinierte Rhythmusstörungen aus den Kammern) ausgelöst, die das Herz von einer Sekunde auf die andere komplett aus dem Takt und so zum Stillstand bringen und den Blutfluss zum Gehirn beenden. Die Ursachen dieser Rhythmusstörungen (als „Trigger“) liegen jedoch meistens in strukturellen Herzerkrankungen, die im Herzmuskel Funktionsstörungen des Herzens verursachen und dadurch Komplikationen wie akuten Herzinfarkt hervorrufen, die zum plötzlichen Herztod führen. „Sobald eine Herzerkrankung mit Hilfe der Herz-Diagnostik wie EKG, Ultraschall (Echokardiografie), Computertomografie, kurz CT, oder mittels Blutuntersuchungen festgestellt wurde, kann eine gezielte Therapie dabei helfen das Risiko für plötzlichen Herztod zu senken“, erklärt Rassaf. Dafür stehen Medikamente zur Verfügung, die das Herz schützen, sowie Therapien zur Behandlung von Herzgefäßverengungen (Stents, Bypassoperation), implantierbare Defibrillatoren gegen bösartige Rhythmusstörungen sowie Klappentherapien (Ersatz, Korrektur, Rekonstruktion). „Zwar konnte mit Hilfe der kardiologischen und herzchirurgischen Therapien in den vergangenen Jahrzehnten die Sterblichkeit durch Herzkrankheiten wie KHK und Herzschwäche erheblich gesenkt werden. Jedoch konnte diese positive Entwicklung den vorzeitigen Herztod noch nicht eliminieren. Wir müssen daher zusätzlich auf weitere Hebel wie Prävention, Sensibilisierung für frühzeitige Warnzeichen und richtiges Verhalten bei Herzinfarkt und beobachtetem Herzstillstand zurückgreifen“, betont der Essener Kardiologe.

    US-Laienschulungsprogramm „Early Heart Attack Care“: Tauglich für Deutschland?
    Mit dem Ziel, durch öffentliche Aufklärung über Herzinfarkt-Symptome und Risikofaktoren die Infarktsterblichkeit zu senken, könnten zusätzlich zu den etablierten bundesweiten Aufklärungskampagnen flächendeckende Schulungsprogramme effektiv sein. Ein Vorbild dafür könnte das Early Heart Attack Care (EHAC)-Programm aus den USA sein. „EHAC zielt auf das schnelle Reagieren Betroffener und ihres Umfelds bereits frühe Symptome des Herzinfarkts zu erkennen, um Verzögerungen bis zur medizinischen Versorgung des potenziellen Infarktpatienten auf ein Minimum zu reduzieren“, erklärt Prof. Dr. med. Frank Breuckmann, Chefarzt der Abteilung für Kardiologie, Pneumologie, Neurologie und Internistische Intensivmedizin an der Klinik Kitzinger Land in Kitzingen. „Neben Herzpatienten schult EHAC auch gesunde Menschen als potenzielle Ersthelfer darin, die Symptome eines Herzinfarkts erkennen und bewerten zu können und in der Lage zu sein, eine sofortige medizinische Abklärung in die Wege zu leiten“, erklärt der Kardiologe Prof. Breuckmann. Kernbotschaften des EHAC-Programms decken sich auch mit denen der Aufklärungsarbeit der Deutschen Herzstiftung, beispielsweise:
    - Bei Verdacht auf Herzinfarkt sofort den Rettungsdienst mit dem Notruf 112 rufen.
    - Niemals Zögern und warten, bis die Symptome wieder verschwinden.
    - Bei Verdacht auf Herzinfarkt zählt jede Minute („Time is Muscle“), hier kommt es auf die sofortige medizinische Versorgung des Infarktpatienten an.

    Für eine flächendeckende Implementierung eines deutschen EHAC-Programms mit einheitlicher Zertifizierungs- und Schulungsstruktur – etwa angedockt an das Netzwerk von Chest Pain Units in Deutschland – sehen Prof. Breuckmann und Prof. Rassaf zunächst medizinische Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und die Deutsche Herzstiftung als Patientenorganisation gefragt. „Ein Netzwerk speziell geschulter Laien in Symptomatik und Risikofaktoren von KHK und Herzinfarkt sowie die flächendeckende Schulung in Maßnahmen zur Wiederbelebung könnten die Lage maßgeblich verbessern und zahlreiche Leben retten“, betonen die beiden Herzspezialisten.
    Eine Chest Pain Unit (CPU, „Brustschmerzambulanz“) ist eine spezialisierte Abteilung in einem Krankenhaus, die sich auf die schnelle Diagnose und Behandlung von Patienten mit akuten Brustschmerzen konzentriert. Die CPU ist Anlaufstelle für alle Patientinnen und Patienten mit akuten Brustkorbbeschwerden, sie ist rund um die Uhr geöffnet und mit allen modernen Geräten für die Notfallversorgung ausgerüstet. „Wesentliche Aufgabe einer CPU ist akute oder drohende Herzinfarkte zu erkennen und zu behandeln“, erklärt Prof. Breuckmann. Insgesamt gibt es rund 360 zertifizierte CPUs in Deutschland. Infos unter https://herzstiftung.de/herznotfallambulanz-suche

    Diese Vorboten sollten herzkranke Menschen, Angehörige (und ihre Ärzte) kennen
    Herzkrankheiten und ihre Komplikationen können sich Tage bis Wochen vor dem Infarkt oder Herzstillstand durch Warnzeichen bemerkbar machen. „Für diese Warnzeichen müssen wir Betroffene mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung und ihre Angehörigen oder noch weitere Personen im Umfeld wie den Hausarzt frühzeitig noch mehr sensibilisieren“, so der Essener Kardiologe Prof. Rassaf. Häufigste Ursache des plötzlichen Herztods sind Durchblutungsstörungen des Herzmuskels aufgrund von Ablagerungen an den Wänden der Herzkranzgefäße. Diese sogenannte koronare Herzkrankheit (KHK), die bei vollständigem Verschluss eines Herzkranzgefäßes zum Herzinfarkt führt, liegt in ca. 80 Prozent der Fälle eines plötzlichen Herztods vor (weitere Herzkrankheiten, die zu den häufigsten Ursachen eines plötzlichen Herztods zählen, sind Herzinsuffizienz, Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien), Rhythmusstörungen, Herzmuskelentzündung (Myokarditis) und Herzklappenerkrankungen.). Beim Herzinfarkt können Tage bis Wochen vor dem Infarktereignis folgende Warnzeichen auftreten:
    - Brustschmerzen,
    - Kurzatmigkeit, Übelkeit und Erbrechen,
    - unregelmäßiger Herzschlag bzw. Herzrasen,
    - Schweißausbrüche oder vorahnende Angst.

    Beim akuten Herzinfarkt sind typische Beschwerden:
    - Plötzlich einsetzende starke Schmerzen, die länger als fünf Minuten in Ruhe anhalten und die überwiegend im Brustkorb oder häufig auch ausschließlich hinter dem Brustbein auftreten,
    - in andere Körperteile wie Arme, Oberbauch, Rücken, Hals, Kiefer oder Schulterblätter ausstrahlen können.
    - Ein massives Engegefühl, heftiger Druck oder ein sehr starkes Einschnürungsgefühl im Brustkorb („Elefant auf der Brust“),
    - heftiges Brennen im Brustkorb.

    Andere Herzinfarkt-Symptome können sein:
    - Kurzatmigkeit und Atemnot,
    - Schwindel oder Schwäche,
    - Kaltschweißigkeit und Herzklopfen.

    Weitere Infos zu den Herzinfarkt-Warnzeichen unter https://herzstiftung.de/herzinfarkt-anzeichen

    Unspezifische Herzinfarkt-Symptome bei Frauen, älteren Menschen und Diabetikern
    „Nicht alle Herzinfarktpatienten erleben die gleichen Symptome“, betont der Herzstiftungs-Experte Rassaf. Insbesondere bei Frauen, älteren Menschen und Diabetikern könnten die Symptome anders oder unspezifisch sein, „wie etwa Schmerzen im oberen Bauchbereich oder allgemeines Unwohlsein“. Bei Diabetikern führt die lang bestehende Überzuckerung zur Störung des Nervensystems und dazu, dass sie die typischen Brustschmerzen als Folge der Durchblutungsstörung des Herzmuskels nicht spüren. „Dadurch fehlt ihnen das entscheidende Warnzeichen für ihre lebensbedrohliche Situation. Die Folge sind stumme Infarkte, Herzrhythmusstörungen oder plötzlicher Herztod.“ Auch ältere Menschen verfügten nicht selten über ein verringertes Schmerzempfinden für Herzinfarkt-Symptome. Bei Frauen kommen Symptome wie Übelkeit und Erbrechen neben Oberbauchbeschwerden hinzu.

    Beide Herzstiftungs-Experten weisen darauf hin, dass diese Symptome einzeln für sich auch auf eine andere Ursache als Herzinfarkt hindeuten können. „Wenn jedoch eine Kombination dieser Symptome auftritt, insbesondere bei Menschen mit bekannten Risikofaktoren für Herzkrankheiten, dann sollte dies Betroffene wie umgebende Personen sofort sensibilisieren, und es sollte rasch ärztliche Hilfe aufgesucht werden.“ Bei solchem Verdacht auf Herzinfarkt ist sofort der Notruf 112 zu wählen!
    (wi)

    Service-Tipps zu den Herzwochen
    Die Deutsche Herzstiftung informiert in den bundesweiten Herzwochen 2023 (1.-30. November) unter dem Motto „HERZKRANK? Schütze Dich vor dem HERZSTILLSTAND!“ darüber, wie Vorbeugung, Erkennung und konsequente Behandlung von Herzerkrankungen helfen, das Risiko auf ein Minimum zu reduzieren, dass das Herz plötzlich stillsteht. Infos zur Kampagne mit kostenfreien Präsenz- und Online-Veranstaltungen, Herzseminaren, Broschüren sowie Podcasts und Video-Clips unter https://herzstiftung.de/herzwochen und über die sozialen Medien instagram, facebook, YouTube, Linkedin und X (Twitter).

    Der Ratgeber „Herzkrank? Schütze Dich vor dem Herzstillstand!“ (158 S.) kann kostenfrei per Tel. unter 069 955128-400 (E-Mail: bestellung@herzstiftung.de) angefordert werden. Leicht verständlich informieren Herzexperten über die wichtigsten Ursachen des Herzstillstands und wie Vorbeugung, Diagnose und konsequente Behandlung von Herzerkrankungen helfen, das Risiko eines plötzlichen Herztods auf ein Minimum zu reduzieren. Überlebende eines plötzlichen Herztods berichten eindrücklich in Patientenportraits. Weitere Infos unter https://herzstiftung.de/herzwochen

    Experten-Videos und Podcasts zu Themen der Herzwochen bietet die Herzstiftung unter:
    https://herzstiftung.de/herzwochen

    Service für Medien
    Die vollständige Pressemappe zu den Herzwochen 2023 mit Text- und Bildmaterial erhalten Sie direkt im Pressebereich unter https://herzstiftung.de/herzwochen-pressemappe (oder bei der Pressestelle unter presse@herzstiftung.de).

    Kontakt:

    Deutsche Herzstiftung e. V.
    Pressestelle:
    Michael Wichert (Ltg.)/ Pierre König
    Tel. 069 955128-114 / -140,
    E-Mail: presse@herzstiftung.de
    https://herzstiftung.de


    Weitere Informationen:

    https://herzstiftung.de/herzwochen
    https://herzstiftung.de


    Bilder

    Prof. Dr. med. Tienush Rassaf, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Westdeutschen Herz- und Gefäßzentrum des Universitätsklinikums Essen
    Prof. Dr. med. Tienush Rassaf, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Westdeutschen H ...

    Isabel Hernandez

    Prof. Dr. med. Frank Breuckmann, Chefarzt der Abteilung für Kardiologie, Pneumologie, Neurologie und Internistische Intensivmedizin an der Klinik Kitzinger Land
    Prof. Dr. med. Frank Breuckmann, Chefarzt der Abteilung für Kardiologie, Pneumologie, Neurologie und ...

    O. Nietz / Montabaur


    Anhang
    attachment icon Risiko für plötzlichen Herztod: Wie können Warnzeichen bedrohten Menschen helfen?

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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