idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.01.2024 10:42

KI verbraucht immer mehr Ressourcen: jetzt Nachhaltigkeit messen

Richard Harnisch Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH, gemeinnützig

    ► IÖW, AlgorithmWatch und DAI-Labor: Die Risiken und Nebenwirkungen von KI entlang des Lebenszyklus müssen stärker thematisiert werden

    ► Um KI-Systeme zukunftsfähig gestalten zu können, müssen Informationen zu ihren Auswirkungen bereitgestellt werden

    ► Neben Umweltwirkungen wie Ressourcenverbrauch und CO2-Emissionen sollte auch Marktkonzentration reguliert werden

    Berlin, 25. Januar 2024 – Die Ausbreitung Künstlicher Intelligenz (KI) heizt die Diskussion über ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt an. Wie viele Ressourcen KI-Anwendungen benötigen, ist zu großen Teilen unbekannt, obwohl viele Daten längst automatisch gemessen werden könnten – etwa wie oft Berechnungen durchgeführt werden und wie lange diese Prozesse dauern. Darauf weisen Forscher*innen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hin. Gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation AlgorithmWatch und dem Distributed Artificial Intelligence Labor der Technischen Universität Berlin haben sie mit Förderung des Bundesumweltministeriums im Leuchtturmprojekt „SustAIn“ drei Jahre lang untersucht, wie KI-Anwendungen nachhaltiger werden können. In ihren Empfehlungen fordern sie nun dazu auf, dass Nachhaltigkeitswirkungen von KI entlang des Lebenszyklus stärker gemessen und die Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen reguliert werden müssen.

    Emissionen über den gesamten Lebenszyklus vergleichen

    In ihrem Report „Taking (policy) action to enhance the sustainability of AI systems“ zeigen die Forscher*innen, wie der Energieverbrauch während der Entwicklungs- sowie in der Trainingsphase gemessen werden kann. „Insbesondere die Anbieter von großen Sprachmodellen, sogenannten LLMs, geben oft nur den direkten Energieverbrauch und die Emissionen für einen Trainingszyklus an“, erklärt KI-Expertin Friederike Rohde vom IÖW. „So bleibt das Bild unvollständig. Berücksichtigt man zusätzlich die Hardwareproduktion und die Betriebsenergie, kann sich der Emissionswert schnell verdoppeln. Zudem entstehen kontinuierliche Emissionen während der Anwendung des Modells. Indikatoren deuten darauf hin, dass diese immens sein könnten.“

    Die KI-Verordnung der Europäischen Union führe nun zwar erstmals Umweltaspekte auf, aber diese reichten nicht aus, so die Expert*innen. „Wir freuen uns, dass der AI Act erste Schritte geht, um die Umweltrisiken von Künstlicher Intelligenz nachvollziehbar zu machen. Den Energie- und Ressourcenverbrauch von KI zu messen ist möglich und dringend nötig, das haben wir in unserem Projekt gezeigt“, so Kilian Vieth-Ditlmann von AlgorithmWatch. „Doch es braucht weitere Ansätze, um die Umweltwirkungen zu regulieren. Es sollten etwa Mess- und Reportingstandards auch für die Phase der KI-Nutzung entwickelt werden, etwa indem KI-Anbieter vor der Markteinführung verschiedene Standard-Nutzungsszenarien definieren.“

    Transparenz über Energieverbräuche herstellen

    Die Forschenden zeigen in ihrer Untersuchung, deren zugrundeliegendes Kriterienset in dem internationalen Journal „Current Opinion in Environmental Sustainability“ veröffentlicht wurde, welche Daten im Hinblick auf den Energieverbrauch während der Systementwicklung und des Modelltrainings erfasst werden sollten. Helfen könnten dabei Metriken wie die Effektivität der Energienutzung („Power Usage Effectiveness“), die transparent machen, wie viel Energie ein Rechenzentrum im Verhältnis zu seinem Gesamtenergieverbrauch für die Datenverarbeitung verwendet. Mit diesem Parameter lässt sich die Energieeffizienz von Rechenzentren vergleichen.

    Auch eine Fallstudie zu KI in der personalisierten Online-Werbung zeigte, wie relevant es ist, Energie- und Ressourcenverbräuche zu monitoren. „Entweder werden Energieverbräuche noch gar nicht gemessen oder die Daten liegen bei den großen IT-Unternehmen wie Google, Facebook oder Amazon, die diese nicht transparent machen”, erklärt Gesa Marken vom IÖW. „Wir fordern, dass rechtliche Verpflichtungen zur Messung und Veröffentlichung solcher Daten eingeführt werden.“

    Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen von KI beachten

    Die Forschenden weisen darauf hin, dass die starke Marktkonzentration der KI-Industrie zu globalen Verteilungsungerechtigkeiten führt. Daher sollten auch die aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht problematischen Tendenzen in der KI-Entwicklung berücksichtigt werden. „Um die Probleme der Marktkonzentration anzugehen, hat die Europäische Union im Bereich der Tech-Industrie die großen Online-Plattformen mit dem Digital-Markets-Act (DMA) reguliert. Dies könnte ein Muster dafür sein, wie die Marktkonzentration in der KI-Branche verringert werden könnte“, so Digitalexpertin Josephin Wagner vom IÖW. „Weitere politische Initiativen sollten nun nachlegen, um eine nachhaltige Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen zu gewährleisten. Wir empfehlen Vorgaben zur Data Governance, eine Gesetzgebung für die Lieferkette und eine starke Ökodesign-Verordnung.“

    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
    Redaktionelle Informationen:

    ► Zum Projekt: SustAIn – Nachhaltigkeitsindex für Künstliche Intelligenz: https://www.ioew.de/projekt/sustain_nachhaltigkeitsindex_fuer_kuenstliche_intell...

    Downloads:

    ► Policy Paper: Taking (policy) action to enhance the sustainability of AI systems (PDF, 3 MB): https://www.ioew.de/publikation/taking_policy_action_to_enhance_the_sustainabili...

    ► Report: The (Un-)Sustainability of Artificial Intelligence in Online Marketing – A Case Study on the Environmental, Social and Economic Impacts of Personalized Advertising (PDF, 2 MB): https://www.ioew.de/publikation/the_un_sustainability_of_artificial_intelligence...

    ► Artikel im Journal “Current Opinion in Environmental Sustainability”: Broadening the perspective for sustainable artificial intelligence: sustainability criteria and indicators for Artificial Intelligence systems: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1877343523001586?utm_campaign...

    Pressekontakt:
    Richard Harnisch
    Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
    Potsdamer Str. 105
    D-10785 Berlin
    Tel.: +49–30–884 594-16
    kommunikation@ioew.de

    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
    Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten Nachhaltigkeitsforschung. Rund 70 Mitarbeiter*innen erarbeiten Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – für eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche Grundförderung. Das IÖW ist Mitglied im „Ecological Research Network“ (Ecornet), dem Netzwerk der außeruniversitären, gemeinnützigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschungsinstitute in Deutschland.

    http://www.ioew.de

    AlgorithmWatch ist eine gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, Prozesse algorithmischer Entscheidungsfindung zu betrachten und einzuordnen, die eine gesellschaftliche Relevanz haben – die also entweder menschliche Entscheidungen vorhersagen oder vorbestimmen, oder Entscheidungen automatisiert treffen.
    Wir streben eine Welt an, in der Technologie im Allgemeinen und algorithmische Systeme im Besonderen den Menschen zugutekommen. Die Systeme sollen Gesellschaften gerechter, demokratischer, inklusiver und nachhaltiger machen – sei es hinsichtlich zugeschriebener Herkunft und Gender, Rassifizierung, sexueller Orientierung, Alter, Klasse und Wohlstand oder Ressourcenverbrauch.

    http://www.algorithmwatch.org


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Friederike Rohde
    Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
    Telefon: +49–30–884 594-57
    friederike.rohde@ioew.de

    Kilian Vieth-Ditlmann
    AlgorithmWatch
    Tel. +49–30–99 40 49 003
    kvd@algorithmwatch.org


    Originalpublikation:

    https://doi.org/10.1016/j.cosust.2023.101411


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Energie, Gesellschaft, Informationstechnik, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).