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Die neue AWMF-Leitlinie zur nicht-hormonellen Empfängnisverhütung (Kontrazeption) beinhaltet Empfehlungen, die sich an aktuellen Entwicklungen in der Gesellschaft orientiert. Die Anwendung und Effektivität nicht-hormoneller Verhütungsmethoden wird ausführlich diskutiert, um Patientinnen und Patienten sowie Paaren eine bestmögliche Beratung zu ermöglichen.
Berlin, im Januar 2024 – In den letzten Jahren ist in Bezug auf die Wahl der Verhütungsmethode eine deutliche Trendwende zu beobachten: Während über Jahrzehnte hinweg die „Pille“ die am häufigsten angewendete Verhütungsmethode in Deutschland war, wird die hormonelle Verhütung seit einiger Zeit zunehmend kritischer gesehen und zunehmend abgelehnt. Frauen suchen nach Alternativen und Männer tragen mittlerweile mehr Verantwortung bei der Familienplanung. Kondome werden inzwischen häufiger zur Verhütung genutzt als die „Pille“.
Bei der Wahl der Verhütungsmethode gibt es stets Kriterien, die zu beachten sind. Dabei stellen die Zuverlässigkeit einer Methode, die möglichen Nebenwirkungen inklusive der Umkehrbarkeit der Methode, die Akzeptanz der Methode und deren Verfügbarkeit, zu der beispielsweise die Kosten zählen, bedeutende Faktoren dar. Eine weitere große Rolle spielen auch mögliche Auswirkungen auf die Sexualität und Libido. Die Wahl der richtigen Verhütungsmethode kann sich im Laufe des Lebens verändern. Entscheidend ist immer die Effektivität der Methode.
Methoden wie hormonelle Kontrazeptiva, die natürliche Familienplanung oder Barriere-Methoden, bei denen die Effektivität auf einer konsistenten und korrekten Anwendung basiert, haben daher eine größere Spannbreite zwischen Gebrauchs- und Methodensicherheit als solche, die anwenderunabhängig wirksam sind. Hierzu gehören die Sterilisation, die Einlage von Spiralen oder hormonfreisetzende Implantate. Die Einflussfaktoren auf die Gebrauchssicherheit einer Methode sind dabei vielfältig. Um Paaren bzw. Anwenderinnen und Anwender die notwendige Beratung anbieten zu können, sind Ärztinnen und Ärzte aufgefordert, ihr Wissen um nicht-hormonelle Kontrazeptiva zu intensivieren, betont die Autorinnen- und Autorengruppe der Leitlinie.
Betrachtung unterschiedlicher Verhütungsmethoden
Federführend erstellt wurde die Handlungsempfehlung von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) und Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG). Zielgruppe der S2k-Leitlinie sind Behandelnde von sexuell aktiven Personen im reproduktiven Alter.
Die Handlungsempfehlung thematisiert konkret unterschiedlichste Methoden der nicht-hormonellen Verhütung. So geht es anfangs um die „Natürliche Familienplanung“, die sich mit Methoden der Zyklusbeobachtung auseinandersetzt. Dabei wird betont, dass jeder Methode die gleiche Intention vorausgehe, die Effektivität jedoch jeweils unterschiedlich sei. Die Methoden der Natürlichen Familienplanung seien bei korrektem Erlernen anwendbar, doch man sollte auf Sonderregeln achten, die je nach individueller Lebenssituation variieren können. Zu diesen Situationen gehören beispielsweise die Zeit nach der Geburt, die Stillzeit sowie die Perimenopause, aber auch die Anwendung von Medikamenten, die den Zyklus beeinflussen.
„Die Einflussfaktoren auf die Gebrauchssicherheit einer Methode sind vielfältig: Motivation, Qualität der Informationsvermittlung, Sexualverhalten in der fruchtbaren Zeit. Die Erfahrung in der Praxis zeigt, dass viele Paare während der fertilen Phase teilweise eine zusätzliche kontrazeptive Methode anwenden, z.B. eine Barrieremethode.“
- Priv. Doz. Dr. med. Bettina Böttcher, MA
Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische
Universität Innsbruck
Weiterhin behandeln die Expertinnen und Experten die sogenannte „Laktationsamenorrhoe“, die sich hauptsächlich an Frauen richtet, die ihr Neugeborenes stillen. Diese Methode sei bis zu 98% sicher, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die stillenden Frauen sind weniger als 6 Monate postpartal,
- es besteht eine Amenorrhoe
- und sie stillen voll.
Barrieremethoden für den Mann und die Frau
Des Weiteren werden Barrieremethoden angeführt, die Kondome für Männer und für Frauen einschließen, sowie Diaphragma und Portiokappen. Da bei Sexualität auch stets das Risiko von sexuell übertragbaren Infektionen einbezogen werden sollte, wird an dieser Stelle zusätzlich erwähnt, dass die konsistente und korrekte Anwendung des Kondoms effektiv das Risiko für HIV und STI sowie Chlamydien, Gonorrhoe oder Trichomoniasis reduziert. Betont wird, dass die Vermittlung von Wissen zu Barriere-Methoden für Männer und Frauen in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung stärker beachtet werden sollte.
Coitus interruptus – beliebt, aber unsicher
„Coitus interruptus“ wird das rechtzeitige Herausziehen des Penis aus der Vagina bezeichnet, was in Fachkreisen zwar grundsätzlich nicht als Verhütungsmethode bewertet wird, im Alltag jedoch oft von Paaren angewendet wird. Aus diesem Grund wird auch diese Möglichkeit erörtert. Der Entschluss stellt allerdings dar, dass diese Methode nicht empfohlen werden sollte.
Intrauterine Verhütungsmethoden
Natürlich dürfen in derartigen Betrachtungen auch die intrauterinen Verhütungsmethoden nicht fehlen, zu denen die hormonfreien kupferfreisetzenden Pessare, zum Teil mit Legierungen Silber und Gold, in unterschiedlichen Formen zählen. Diese Arten der Kontrazeption sind sehr effektiv. Deshalb soll auch die Nutzung intrauteriner Verhütung in die Beratung von Patientinnen und Patienten eingebunden werden.
Sterilisation für Mann und Frau – Aufklärung ist ein Muss!
Zuletzt wird das Thema „Sterilisation“ besprochen, welches sowohl für Frauen als auch für Männer als sicheres Verfahren gilt. Es gibt jeweils verschiedene operative Vorgänge, die durchgeführt werden können. Die Wahl der Methode hängt im Wesentlichen von der operativen Erfahrung, dem zur Verfügung stehenden Material, der Möglichkeit der Vollnarkose, den Kosten sowie dem Zeitpunkt ab. Über die Optionen der weiblichen und männlichen Sterilisation, einschließlich der Sicherheit der Methode, Risiken und Nebenwirkungen soll aufgeklärt werden.
„Die Sterilisation ist ein sehr sicheres Verfahren, das Frauen und Männern vorbehalten sein sollte, die eine definitive Kontrazeption wünschen, da von einer erfolgreichen Refertilisierung nicht sicher ausgegangen werden kann.“
- Prof. Dr.med. Sabine Segerer,
amedes MVZ Hamburg GmbH
Jede der genannten Kontrazeptionsmethoden wird individuell ausführlich diskutiert, wobei stets Vorteile und Einschränkungen betrachtet und aufgelistet werden. An der Erstellung der insgesamt 175 Seiten umfassenden Handlungsempfehlung waren Autorinnen und Autoren aus 15 Fachgesellschaften beteiligt. Eine Patientinnen- und Patientenversion ist derzeit in Arbeit. Finanziell unterstützt wurde die S2k-Leitlinie vom DGGG-Leitlinienprogramm.
Leitlinien sind Handlungsempfehlungen. Sie sind rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung.
Priv.Doz. Dr. med. Bettina Böttcher, MA
Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Department für Frauenheilkunde
Medizinische Universität Innsbruck
Prof. Dr. med. Sabine Segerer
amedes experts Hamburg
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-095
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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