idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Forschende der Frankfurt UAS stellen Handlungsfelder zur Implementierung im Maschinen- und Anlagenbau vor
Tagelange Anlagenstillstände und kostenintensive Einsätze von Servicetechniker*innen auf der ganzen Welt: Das ist im industriellen Service keine Seltenheit. Eine mögliche Unterstützung für Mitarbeitende im Außendienst (Field Service) oder das Kundenpersonal kann der Einsatz von Remote Augmented Reality (Remote AR) sein. Hierbei handelt es sich um das Erbringen technischer Dienstleistungen mithilfe von Kollaborations-Technologien, durch die der industrielle Service in Echtzeit und mittels „erweiterter Realität“ effizienter und nachhaltiger gestaltet werden kann. Welche Herausforderungen bzw. Handlungsfelder mit der Implementierung einhergehen und warum sich einige Unternehmen gegen die Nutzung von Remote AR entscheiden, hat die Forschungsgruppe Applied Research in Industrial Service (APPRISE) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) in einer Studie untersucht. Hierzu wurden 130 Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau im Zeitraum von September 2022 bis Juni 2023 hinsichtlich ihrer Zustimmung zu implementierungsrelevanten Parametern befragt. Die zentralen Ergebnisse der Studie wurden nun ausgewertet und können in einem Whitepaper eingesehen werden. Dieses steht sowohl unter https://doi.org/10.48718/xp3h-4j47 als auch unter http://www.frankfurt-university.de/pdf-whitepaper-RemoteAR zum Download bereit.
„Remote AR bezeichnet die Übertragung eines Live-Fehlerbildes in einem Video-Stream, der mit virtuellen Hinweisen angereichert wird. Ermöglicht wird dies durch kollaborative Software, die physisch getrennte Remote-Expert*innen mit Techniker*innen im Feld oder Kundenpersonal verbindet“, erklärt Prof. Dr. Dirk Stegelmeyer, Leiter der Forschungsgruppe APPRISE sowie Professor für Service Engineering. „Zum Einsatz kommen dabei Smartphones, Tablets oder Datenbrillen; die Verbindung kann etwa mit dem Kundenpersonal über eine Hotline für technischen Customer Support oder mit den eigenen Servicetechniker*innen im Zuge ihrer Einarbeitung oder bei der Behebung komplizierter Fehler erfolgen.“
„Mit der Anschaffung von Softwarelizenzen ist es bei der Einführung von Remote AR bei weitem nicht getan, denn Remote AR funktioniert nicht ‚plug-and-play‘. So kamen wir zu dem Ergebnis, dass Unternehmen bei der Implementierung Anpassungen am Geschäftsmodell, den Serviceverträgen und den operativen Serviceprozessen vornehmen müssen und somit ein ganzheitliches Change Management erforderlich ist. Um diese organisationalen Veränderungen neben der technischen Implementierung zu bewerkstelligen, braucht es zwingend Unterstützung durch das Top Management, beispielsweise für die Einbindung weiterer Stakeholder aus Forschung und Entwicklung oder Marketing und Sales“, betont Maike Müller, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe APPRISE. Das nun veröffentlichte Whitepaper fasst ebenso erste Ergebnisse ihrer Promotion zusammen, die sie kooperativ an der University of Huddersfield durchführt.
Unternehmen, die kein Remote AR implementiert haben oder aber mit der Implementierung nicht zufrieden sind – sogenannte Non-Adopter – gaben in der Befragung häufiger an, dass sie den Funktionsumfang der Technologie für weniger relevant und technisch ausgereift für die Erbringung ihres Services halten. „Entscheidend ist also der konkrete Anwendungsfall. Zudem fehlen ihnen die Ressourcen zur Einführung, insbesondere die Mitarbeiter*innen, die das Implementierungsprojekt durchführen.“ Müller ergänzt: „Die Kundenbereitschaft hinsichtlich Mitwirkung, Nutzerakzeptanz, Zugang zur installierten Basis und Datenverbindungen wurde von Non-Adoptern wiederum ähnlich wie von Adoptern, also jenen Unternehmen, die Remote AR erfolgreich implementiert haben, eingeschätzt. An der fehlenden Kundenbereitschaft liegt es also nicht.“
„Wir raten Unternehmen, die künftig Remote AR nutzen wollen, einen Anwendungsfall zu finden, für den der Funktionsumfang von Remote AR auch einen Mehrwert bietet. Ebenso sollten sie die Implementierung ernst nehmen und eine Priorisierungszusage des Managements einholen. Gibt es diesen lohnenden Anwendungsfall nicht, sollte man sich den erheblichen Aufwand der Implementierung sparen. Das ist auch deshalb besonders wichtig, da gescheiterte Projekte das Thema Remote AR auf Jahre verbrennen“, so Müller abschließend zu den Handlungsempfehlungen der Forschungsgruppe.
Zu den Studienteilnehmenden
Rund 95 % der 130 befragten Unternehmen sind mittelständische Hersteller von Maschinen und Anlagen; darüber hinaus beteiligten sich Software-, Service- oder Handelsunternehmen. 71 % der teilnehmenden Personen waren zum Zeitpunkt der Befragung im unteren oder mittleren Management des After-Sales-Services tätig. Ermöglicht wurde die Durchführung der Studie durch den Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und dessen Mitgliedsunternehmen.
Zu APPRISE
Die Forschungsgruppe Applied Research in Industrial Service (APPRISE) an der Frankfurt UAS beschäftigt sich unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Stegelmeyer mit der Digitalisierung des industriellen Servicegeschäfts. APPRISE forscht an drei Schwerpunktthemen: der Implementierung von Remote Augmented Reality im Field Service des Maschinen- und Anlagenbaus; dem Machine Learning für Predictive Maintenance sowie der Entwicklung und Evaluation von Geschäftsmodellen für Smart Services. Alle Themen werden kooperativ mit der Forschungsgruppe Mobile Computing um Prof. Dr. Jörg Schäfer von der Frankfurt UAS und der Energy, Emissions and Environment Research Group (EEERG) um Prof. Rakesh Mishra von der University of Huddersfield durchgeführt.
Kontakt: Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 2: Informatik und Ingenieurwissenschaften, Prof. Dr. Dirk Stegelmeyer, Telefon: +49 69 1533-3946, E-Mail: stegelmeyer@fb2.fra-uas.de; Maike Müller, Telefon: +49 69 1533-3031, E-Mail: maike.mueller@fb2.fra-uas.de
Weitere Informationen zu APPRISE unter: http://www.frankfurt-university.de/apprise.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, jedermann
Maschinenbau
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).