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Werbung erreicht in den Vereinigen Staaten Hunderte Millionen Menschen und ist stets auch ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen. Ein Forschungsteam der Universität Hamburg hat nun in einer umfassenden Meta-Analyse untersucht, wie sich die Präferenzen für die in den Anzeigen dargestellten Personen seit den 1960er-Jahren verändert haben. Die Ergebnisse sind im Fachjournal „PNAS – Proceedings of the National Academy of Sciences “ erschienen.
Unternehmen weltweit geben Milliarden für Werbung aus. Um diese möglichst wirksam zu gestalten, ist es für die Verantwortlichen unerlässlich, die Bedürfnisse der Zielgruppen zu kennen. Auf wen reagieren die potenziellen Käuferinnen und Käufer? Von wem lassen Sie sich für ein Produkt begeistern? Wer eignet sich also als Model?
Das Team um Julia Diana Lenk und Prof. Dr. Henrik Sattler von der Universität Hamburg sowie Prof. Dr. Jochen Hartmann von der TU München konzentrierte sich in der aktuellen Analyse insbesondere auf den Aspekt der Diversität. Zum Beispiel hat die Hautfarbe der dargestellten Menschen Auswirkungen auf die Wahrnehmung. Bisherige Forschung unterstützt insbesondere die Theorie der Eigengruppenfavorisierung: Während People of Color (PoC) sich eher von Schwarzen Models angesprochen fühlen, präferieren Weiße Konsumentinnen und Konsumenten Weiße Models.
„Werbung kann beeinflussen, wie wir andere Bevölkerungsgruppen wahrnehmen und im besten Fall zum Abbau von Diskriminierung beitragen. Umso wichtiger ist es, dass wir verstehen, wie die Auswahl von Models konkret wirkt“, erklärt Prof. Sattler, Professor für Marketing and Branding und Dekan der Fakultät für Betriebswirtschaft.
Besonders an der aktuellen Studie sei dabei der Fokus auf der zeitlichen Entwicklung. Während die Bürgerrechtsbewegung in den 1960er-Jahren noch für fundamentale Rechte der PoC kämpfte, betonen Unternehmen heute ihren Einsatz für mehr Diversität zum Teil direkt in den Werbekampagnen. „Im Untersuchungszeitraum von 1956 bis 2022 hat sich die amerikanische Gesellschaft stark verändert. Wir wollten herausfinden, ob und wie sich das auf die Wahrnehmung der Werbung in der Bevölkerung auswirkt“, so Julia Diana Lenk, Doktorandin an der Professur für Marketing und Branding und Co-Autorin der Studie. In die Meta-Analyse flossen insgesamt 62 Studien aus sieben Jahrzehnten ein, an denen mehr als 10.000 Schwarze und Weiße Menschen teilnahmen.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine Favorisierung der Eigengruppe zwar durchgehend festzustellen ist, aber im Zeitverlauf deutliche Veränderungen in der Präferenz zu verzeichnen sind. So fühlen sich seit der Jahrtausendwende Weiße Konsumentinnen und Konsumenten vermehrt auch von Schwarzen Models angesprochen – mitunter sogar mehr als von Weißen. Die Analyse legt nahe, dass dies unter anderem daran liegt, dass in den USA im Zeitverlauf sowohl die Vorurteile Weißer Personen gegen PoC als auch die Identifikation Weißer Personen mit anderen Weißen abgenommen haben.
Bei den PoC, die im Alltag immer noch vielfach Benachteiligungen ausgesetzt sind, blieb die Eigengruppenfavorisierung im Untersuchungszeitraum dagegen konstant. Dieser Befund ist im Einklang mit der Distinktheitstheorie, nach der sich PoC aufgrund ihrer Diskriminierungserfahrungen stärker mit ihrer ethnischen Gruppe identifizieren als Weiße Menschen und demnach Schwarze Models präferieren.
„Unsere Analyse belegt, dass die Wahrnehmung verschiedener Gruppen voneinander dynamisch ist und eine Verschiebung der Präferenzen ersichtlich wird. Unternehmen können mit Werbung, die auf Diversität achtet, eine größere Zielgruppe ansprechen, als bisher in der Theorie angenommen“, erklärt Julia Diana Lenk. Wichtig sei allerdings die Art der Darstellung, um nicht etwa Stereotype zu reproduzieren.
Für die Forschung ergeben sich aus Sicht des Teams ebenfalls wichtige Hinweise. „Die Gesellschaften verändern sich stetig und die Merkmale, über die Menschen sich mit anderen identifizieren, sind im Wandel“, so Prof. Hartmann, Professor für Digital Marketing an der TU München. Daher müsse die Wissenschaft – nicht nur in der Betriebswirtschaft – diesen Entwicklungen immer wieder nachspüren, um die Realität abzubilden.
Prof. Dr. Henrik Sattler
Universität Hamburg
Fakultät für Betriebswirtschaft
Professor für Marketing & Branding
Tel.: +49 40 42838-8714
E-Mail: henrik.sattler@uni-hamburg.de
Lenk, J. D., J. Hartmann und H. Sattler, “White Americans' Preference for Black People in Advertising has Increased in the past 66 Years: A Meta-Analysis”, forthcoming in: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Vol. 121, 2024. DOI: 10.1073/pnas.2307505121
https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2307505121 Originalpublikation
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Psychologie, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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