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Wissenschaft
Gebärmutterhalskrebs stellt weltweit die vierthäufigste bösartige Tumorerkrankung bei Frauen dar. Abhängig vom Tumorstadium spielt die Chemotherapie eine wichtige Rolle bei der Behandlung des Gebärmutterhalskrebses. Forschende um Prof. Felix Hoppe-Seyler vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ) zeigen nun, dass eine bestimmte Form von Sauerstoffmangel Gebärmutterhalskrebszellen vor Chemotherapie besonders wirksam schützt. Dieser erhöhten Resistenz von Tumorzellen liegt die Hemmung eines Proteins zugrunde, das maßgeblich an der Auslösung des Zelltods unter Chemotherapie beteiligt ist. Die Wilhelm Sander-Stiftung hat das Projekt mit 130.000 € gefördert.
Gebärmutterhalskrebs führt jährlich zu über 600.000 Neuerkrankungen und über 300.000 Todesfällen weltweit. Er wird fast immer durch Infektionen mit krebsauslösenden Typen humaner Papillomviren (HPV) verursacht. Inzwischen stehen Impfstoffe zur Verfügung, die sehr wirksam vor einer Infektion mit krebsauslösenden HPV-Typen schützen und die Tumorentstehung verhindern. Leider sind die globalen Impfraten aber immer noch niedrig, sodass Gebärmutterhalskrebs über viele weitere Jahre hinaus ein wichtiges medizinisches Problem bleiben wird. Im Fokus der Forschung steht daher auch eine Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten für die Behandlung des Gebärmutterhalskrebses.
Bei der Chemotherapie des Gebärmutterhalskrebses spielt das Medikament Cisplatin eine wichtige Rolle. Chemotherapeutika wirken, indem sie in Krebszellen einen permanenten Wachstumsblock oder eine besondere Form des Zelltods, den sogenannten programmierten Zelltod, auslösen. Tumorzellen können jedoch Mechanismen entwickeln, die diesen Effekten der Chemotherapie entgegenwirken, was zur Therapieresistenz führen kann und ihr Überleben sichert. Einblicke in diese Mechanismen sind daher von großem Interesse, auch um im Gegenzug Strategien zu entwickeln, die die Effizienz von Chemotherapie steigern können.
Die Rolle von Sauerstoffmangel für Therapieresistenz von Tumoren
Tumore zeichnen sich gegenüber dem entsprechenden Normalgewebe häufig dadurch aus, dass sie Bereiche mit Sauerstoffmangel (sog. Hypoxie) aufweisen. Dabei können Tumorzellen einer langanhaltenden, chronischen Hypoxie ausgesetzt sein, was typischerweise mit einer erhöhten Resistenz gegenüber Strahlen- oder Chemotherapie verknüpft ist. Bei einer zweiten, jedoch vergleichsweise wenig untersuchten Form von Hypoxie werden Tumorzellen wiederkehrenden, kürzeren Zyklen ausgesetzt, bei denen sich das Sauerstoffangebot für die Zellen abwechselnd verringert und wieder verbessert.
Experimente in Zellkulturen
In ihren Untersuchungen widmeten sich die Forschenden um Felix Hoppe-Seyler in verschiedenen Zellkulturmodellen nun der Frage, welche Auswirkungen diese zyklisch auftretende Hypoxieform auf Gebärmutterhalskrebszellen hat. Es zeigten sich ausgeprägte Änderungen der Proteinzusammensetzung in den Tumorzellen. Dies lässt darauf schließen, dass diese Form von Sauerstoffmangel in der Zelle eine Vielzahl wichtiger biologischer Prozesse beeinflusst. Von großem Interesse war der Befund, dass Tumorzellen, die unter zyklischer Hypoxie mit Cisplatin behandelt wurden, in einem besonders ausgeprägten Maße vor dem Zelltod geschützt werden. Dies weist darauf hin, dass diese Zellen ein besonderes Hindernis für die Wirksamkeit von Chemotherapie darstellen.
BID-Protein entscheidend für Verständnis der Therapieresistenz
Bei der Fahndung nach den hierbei zugrundeliegenden Resistenzmechanismen stieß das Team auf eine zentrale Rolle des BID-Proteins. Für die Einleitung des programmierten Zelltods durch Cisplatin spielt die Aktivierung von BID unter vielen biologischen Bedingungen eine zentrale Rolle. Interessanterweise zeigte sich, dass die BID-Aktivierung unter zyklischer Hypoxie stark gehemmt ist. „Insgesamt weisen diese Befunde darauf hin, dass diese Form des Sauerstoffmangels einen besonders wichtigen Faktor für die Chemotherapieresistenz von Tumoren darstellt“, so Nora Heber, Doktorandin am DKFZ und Erstautorin der Studie. „Auf der molekularen Ebene ist dabei die Hemmung der BID-Aktivierung von großer Bedeutung. Es wird wichtig sein, Einblicke in die Mechanismen zu erhalten, die die BID-Aktivierung verhindern. Ein gezielter Eingriff auf dieser Ebene könnte möglicherweise die ausgeprägte Cisplatin-Resistenz dieser Tumorzellen durchbrechen und ihre therapeutische Empfindlichkeit erhöhen“, betont Nora Heber.
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* Die in diesem Text verwendeten Genderbegriffe vertreten alle Geschlechtsformen.
Wilhelm Sander-Stiftung: Partnerin der Krebsforschung
Die Wilhelm Sander-Stiftung hat das Forschungsprojekt mit 130.000 € unterstützt. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 280 Millionen Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz ausbezahlt. Damit ist die Wilhelm Sander-Stiftung eine der bedeutendsten privaten Forschungsstiftungen im deutschen Raum. Sie ging aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Kontakt
Konstanze Adam
Wilhelm Sander-Stiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit & Stiftungskommunikation
Tel.: +49 (0) 89 544187-0
E-Mail: adam@sanst.de
Prof. Dr. med. Felix Hoppe-Seyler
Deutsches Krebsforschungszentrum
Molekulare Therapie Virus-Assoziierter Tumore
Im Neuenheimer Feld 242
69120 Heidelberg
E-Mail: hoppe-seyler@dkfz.de
Heber N, Kuhn BJ, Strobel TD, Lohrey C, Krijgsveld J, Hoppe-Seyler K, Hoppe-Seyler F (2023). The Impact of Cycling Hypoxia on the Phenotype of HPV-Positive Cervical Cancer Cells, doi: 10.1002/jmv.29280.
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de
http://www.linkedin.com/company/wilhelm-sander-stiftung/
https://www.dkfz.de/de/Molekulare-Therapie-virusassoziierter-Tumoren/index.php
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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