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27.05.2024 12:00

Nachthitze erhöht das Schlaganfallrisiko um 7 % - DGN begrüßt Lauterbachs Hitzeschutzpläne

Dr. Bettina Albers Pressestelle der DGN
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

    Eine aktuell im „European Heart Journal“ publizierte Studie deutscher Neurologinnen und Neurologen kommt zu dem Schluss, dass aufgrund der zunehmenden nächtlichen Hitzeereignisse in unserem Breitengrad das Schlaganfallrisiko signifikant gestiegen ist. Dies unterstreicht nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) die Wichtigkeit, insbesondere vulnerable Gruppen besser und gezielter zu schützen und beherzter klimapolitische Ziele zu verfolgen.

    Klima, Umwelt und Gesundheit hängen eng zusammen. Bekannt ist, dass z. B. eine hohe Luftverschmutzung mit einem erhöhtem Lungenkrebsrisiko verbunden ist. Was aber bislang kaum bekannt ist, sind die Auswirkungen des Klimawandels auf die Schlaganfall-Rate. Eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt nun, wie stark das Risiko in den Jahren 2013 bis 2020 im Vergleich zur Periode 2006 bis 2012 zugenommen hat – die Hitzerekordjahre 2022 und 2023 waren also noch nicht einmal dabei. „Der kontinuierliche Temperaturanstieg korreliert deutlich mit der Entwicklung der Schlaganfallzahlen. So hatten heiße Nächte von 2006 bis 2012 im Untersuchungsgebiet (Großraum Augsburg) jährlich zwei zusätzliche Schlaganfälle zur Folge, von 2013 bis 2020 waren es jährlich bereits 33 zusätzliche Fälle“, erklärt Prof. Dr. Markus Naumann, Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Augsburg (UKA) und Ko-Autor der Studie.

    Bei der Studie [1] handelt es sich um die Ergebnisse einer retrospektiven Datenanalyse über 15 Jahre, durchgeführt in der Region Augsburg. Die Stroke-Unit der Augsburger Universität behandelt ca. 2.000 Schlaganfall-Fälle pro Jahr. Insgesamt wurden 22.284 Ereignisse zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 31. August 2020 ausgewertet. Die meteorologischen Daten, darunter Lufttemperatur, relative Luftfeuchtigkeit und Luftdruck sowie Ozon- und Feinstaubbelastung wurden stündlich von Wetterstationen in Augsburg erfasst. Um den nächtlichen „Hitzestress“ besser quantifizieren zu können, wurde in der Studie der „hot night excess“ (HNE)-Index verwendet. Auch kamen konditionale logistische Regressionsmodelle zum Einsatz, um Störfaktoren weitgehend auszuschließen und den Zusammenhang zwischen nächtlicher Hitze und Auftreten von Schlaganfällen sicherer einschätzen zu können. Die Temperatur zum Zeitpunkt des Auftretens des Schlaganfalls wurde auch mit der an Kontrolltagen im gleichen Monat verglichen, um Langzeittrends und Jahreszeiten als mögliche Störfaktoren ausschließen zu können.

    Im Ergebnis zeigte sich, dass der HNE-Index zwischen 2006–2012 und 2013–2020 signifikant angestiegen war, was vor allem an einem Anstieg von Hitzenächten lag (von 79 auf 82 Tage), während sich die mittleren Tagestemperaturen kaum unterschieden (14,5 vs. 14,8 Grad Celsius). Das kumulative Odds-Verhältnis, also die Differenz im Hinblick auf das Schlaganfall-Risiko, war in Hitzenächten signifikant erhöht. Das galt sowohl für ischämische Schlaganfälle als auch für transitorische ischämischen Attacken (sog. „Mini-Schlaganfälle“), nicht aber für Hirnblutungen (sog. hämorrhagische Schlaganfälle). „Möglicherweise waren diese aber insgesamt zu selten, um einen statistischen Unterschied zu sehen, oder sind Folge niedrigerer Temperaturen“, so Prof. Naumann.

    Als Gründe für das höhere Schlaganfallrisiko bei hohen Nachttemperaturen führt der Experte die nächtliche Dehydrierung der Patientinnen und Patienten und die Unterbrechung der normalen Schlafphysiologie und der zirkadianen Thermoregulation an. „Die Körpertemperatur hat einen tageszeitlichen Rhythmus mit Tiefstwerten gegen 4 Uhr morgens, der in tropischen Nächten durcheinandergeraten kann, – und jeder kennt es, dass man in Hitzenächten schlecht schläft, oft aufwacht und die erholsamen Tiefschlafphasen nicht erreicht. Diese sind aber wichtig für die Regeneration des Gehirns.“

    Ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie war, dass die Zeitspanne zwischen Temperaturerhöhung und Eintreten der Ereignisse relativ kurz ist, die meisten nachthitzebedingten Schlaganfälle ereigneten sich innerhalb von 48 Stunden. Besonders aufschlussreich waren Subgruppenanalysen der Studie: Besonders gefährdet waren Frauen und Menschen über 65 Jahren. „Wir glauben, dass es wichtig ist, vulnerable Gruppen besser und gezielter zu schützen. So sollte die Klimatisierung von Altenheimen Standard werden“, sagte der Experte.

    Doch auch für jüngere Menschen und Männer gibt die Studie keine Entwarnung. Während die nächtliche Hitze auf ihr Schlaganfallrisiko im Beobachtungszeitraum 2006–2012 noch keinen Einfluss zu haben schien, zeigte sich auch für diese Gruppen im Zeitraum 2013–2020 ein signifikantes Hitzestress-bedingtes Schlaganfallrisiko.

    Nach Ansicht von DGN-Generalsekretär Prof. Peter Berlit ist nun die Politik am Zug. „Die vorliegende internationale Datenlage ist sehr eindrücklich, nun auch ergänzt um Daten aus Deutschland. Und wir müssen uns nach zwei Extrem-Sommern auf weitere Hitzejahre und tropische Nächte einstellen. Wir begrüßen daher die Hitzeschutzpläne, die Minister Lauterbach am Freitag vorlegte [2], ausdrücklich.“

    [1] He C, Breitner S, Zhang S, Huber V, Naumann M, Traidl-Hoffmann C, Hammel G, Peters A, Ertl M, Schneider A. Nocturnal heat exposure and stroke risk. Eur Heart J. 2024 May 21:ehae277. doi: 10.1093/eurheartj/ehae277
    [2] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/lauterbach...


    Originalpublikation:

    doi: 10.1093/eurheartj/ehae277


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin, Meer / Klima
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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