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24.06.2024 12:13

Ältester Nachweis von Höhlenlöwen in Südeuropa

Oliver Häußler Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

    Internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Universität Tübingen identifiziert mehr als 600.000 Jahre alten Knochen der Großkatze aus der süditalienischen Fundstätte Notarchirico

    Auf dem heutigen Gebiet Italiens lebten bereits vor rund 660.000 bis 610.000 Jahren Höhlenlöwen. Das belegt ein Mittelfußknochen aus der Fundstätte Notarchirico nahe Venosa in der Region Basilicata, der bei der erneuten Durchsicht früherer Funde entdeckt wurde. Es handelt sich um den bisher ältesten Nachweis der inzwischen ausgestorbenen Großkatze in Südeuropa. Er wurde von einem internationalen Forschungsteam mit Dr. Alessio Iannucci aus der Terrestrischen Paläoklimatologie der Universität Tübingen als Hauptautor identifiziert und veröffentlicht. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Journal of Quarternary Science erschienen.

    Aus der archäologischen Fundstätte Notarchirico stammt das älteste in Italien geborgene menschliche Fossil, wahrscheinlich von einem jugendlichen Homo heidelbergensis. Die Fundstätte erbrachte einen der frühesten Nachweise der Kultur des Acheuléen in Europa und birgt Belege einer wiederkehrenden Besiedlung durch Menschen im Zeitraum vor 695.000 bis 610.000 Jahren. Die Kultur des Acheuléen, die in Afrika rund eine Million Jahre früher begann als in Europa, wird charakterisiert durch die Herstellung von beidseitig bearbeiteten Faustkeilen und weiteren damals neuen Steinwerk-zeugen.

    Starke Klima- und Umweltänderungen

    „Die Kultur des Acheuléen breitete sich in Europa beginnend vor mehr als 600.000 Jahren in kurzer Zeit in nördliche und südliche Regionen aus“, berichtet Alessio Iannucci. Etwa zeitgleich, während des Übergangs zwischen dem Frühen und Mittleren Pleistozän, hätten sich auch Löwen und mehrere andere große Säugetiere in Europa ausgebreitet. „In diesem Zeitraum änderte sich der Rhythmus der Zyklen von Eiszeiten und Zwischeneiszeiten. Die Zyklen wurden länger, sie dehnten sich von rund 40.000 Jahren auf 100.000 Jahre aus. Damit einher gingen starke und wiederkehrende Klima- und Umweltänderungen“, sagt Iannucci. Daraus hätten sich große Anforderungen an ökologische und Verhaltensanpassungen sowohl für die damaligen Menschen als auch für andere Arten ergeben.

    „Uns interessiert, welche Faktoren eine Rolle spielten bei der Ausbreitung des Acheuléen. Dazu nut-zen wir auch die großen Säugetiere als Informationsquelle“, sagt Iannucci. Vor etwa 900.000 bis 700.000 Jahren seien in Europa Riesenhyänen ausgestorben, aus Asien und Afrika wanderten andere große Säugetiere wie der Europäische Waldelefant, der Rothirsch und das Wildschwein ein. „Unsere Entdeckung eines mehr als 600.000 Jahre alten Panthera spelaea, wie der Höhlenlöwe wissen-schaftlich bezeichnet wird, bekräftigt die Vorstellung, dass diese Art Teil des großen Faunenwechsels war.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Alessio Iannucci
    Universität Tübingen
    Fachbereich Geowissenschaften – Terrestrische Paläoklimatologie
    Telefon +49 7071 29-74674
    alessio.iannucci[at]mnf.uni-tuebingen.de


    Originalpublikation:

    Alessio Iannucci, Beniamino Mecozzi, Antonio Pineda, Raffaele Sardella, Marco Carpentieri, Rivka Rabinovich, Marie-Hélène Moncel: Early occurrence of lion (Panthera spelaea) at the Middle Pleistocene Acheulean site of Notarchirico (MIS 16, Italy). Journal of Quaternary Science,
    https://doi.org/10.1002/jqs.3639


    Bilder

    Der Knochen eines Höhlenlöwen auf der Fundoberfläche aus Notarchirico (Venosa, Italien).
    Der Knochen eines Höhlenlöwen auf der Fundoberfläche aus Notarchirico (Venosa, Italien).

    JQS, DOI 10.1002/jqs.3639

    Der neu identifizierte Mittelfußknochen des ausgestorbenen Höhlenlöwen Panthera spelaea aus Notarchirico (Venosa, Italien). Das noch erhaltene Knochenstück ist ungefähr 14 Zentimeter lang.
    Der neu identifizierte Mittelfußknochen des ausgestorbenen Höhlenlöwen Panthera spelaea aus Notarchi ...

    JQS, DOI 10.1002/jqs.3639


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Geowissenschaften, Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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