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Wissenschaft
Die Umstände der COVID-19-Pandemie haben wie ein Katalysator auf die Entwicklung neuer, digitaler Konzertformate gewirkt – von Twitter-Streams aus dem Wohnzimmer bis zu On-Demand-HD-Produktionen in Mediatheken. Um herauszufinden, welche dieser Formen auch jenseits der Pandemie Potenzial haben, sind künstlerische Experimente ebenso wichtig wie eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen zwischen Format und Publikumserleben. Ein Forschungsteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main hat nun untersucht, ob es verschiedene Publikumstypen für klassische Konzert-Streams gibt, und konnte drei Gruppen identifizieren.
Im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts zur Produktion und Gestaltung digitaler Konzerterlebnisse („Digital Concert Experience“) führte das Forschungsteam eine Online-Befragung mit 1.619 Zuschauer:innen klassischer Konzert-Streams durch. Die Teilnehmer:innen machten Angaben zu ihren soziodemografischen Daten sowie zu ihren Nutzungserfahrungen mit Streaming-Plattformen und ihren Vorlieben bezüglich verschiedener möglicher Produktionsmerkmale digitaler Klassik-Events.
„Bei Konzert-Streams ist der Rahmen im Vergleich zu Live-Events ein anderer: Er umfasst Aspekte der Mediatisierung, die sehr unterschiedlich gestaltet sein können. Diese Merkmale beeinflussen natürlich das Erlebnis und sind daher von großem Interesse für die Gestaltung und Beobachtung digitaler Konzerte“, erklärt Melanie Wald-Fuhrmann, Direktorin am MPIEA und Seniorautorin der Studie. So sollte beispielsweise zwischen einer Live-Nutzung mit und einer On-Demand-Nutzung ohne zeitliche Ko-Präsenz unterschieden werden. Darüber hinaus ist das digitale Konzerterlebnis auch abhängig von technischen Eigenschaften der Präsentationsplattformen und interaktiven Elementen, wie der Möglichkeit zum Austausch mit anderen Zuschauer:innen.
Anhand der erhobenen Daten konnten die Forscher:innen drei Publikumsgruppen identifizieren, die sich in ihren Präferenzen sowie dem Nutzungsverhalten unterscheiden: Über die Hälfte der Studienteilnehmer:innen gehörten zu den „Digitalkonzert-Enthusiasten“. Diese Gruppe ist offen für innovative und vielfältige Konzertfeatures, die die Möglichkeiten der Digitalität voll ausschöpfen, sowie für die Nutzung von Social-Media-Kanälen. Die „Digitalkonzert-Puristen“ machten rund ein Drittel der Nutzer:innen aus. Sie bevorzugen traditionelle Konzertmerkmale und On-Demand-Streams. Rund 15 Prozent der Befragten zeigten sich hinsichtlich ihrer Präferenzen eher unentschlossen und wurden von den Forscher:innen entsprechend als „Unentschlossene und weniger engagierte Konzertbesucher:innen“ bezeichnet.
Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich im Fachmagazin The Journal of Arts Management, Law, and Society erschienen. Sie zeigen, dass soziodemografische Merkmale und Musikpräferenzen einen signifikanten, wenn auch schwachen Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu den genannten Publikumsgruppen aufweisen. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass Produzent:innen klar voneinander unterschiedene Typen von klassischen Konzert-Streams entwickeln sollten, um ein möglichst breites Publikum zu erreichen.
Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik
Prof. Dr. Melanie Wald-Fuhrmann
sek.musik@ae.mpg.de
Egermann, H., Siebrasse, A., Weining, C., O’Neill, K., Tröndle, M., & Wald-Fuhrmann, M. (2024). Developing Digital Classical Concert Stream Offerings: A Typology of Audience Preferences. The Journal of Arts Management, Law, and Society, 54(3), 125–141. doi:10.1080/10632921.2024.2347397.
Audiovisuelle Streamingdienste bringen das Live-Erlebnis klassischer Konzerte nach Hause.
(Bild: MPI für empirische Ästhetik / L. Bittner)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Medien- und Kommunikationswissenschaften, Musik / Theater
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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