idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
09.07.2024 14:16

Gesunde Eizellen: Langlebige Proteine als ein Schlüssel?

Dr. Carmen Rotte Kommunikation & Medien
Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften

    Weibliche Säugetiere, einschließlich des Menschen, werden mit allen ihren Eizellen geboren. Von den rund ein bis zwei Millionen Eizellen einer Frau reifen etwa 400 bis zu den Wechseljahren heran und können befruchtet werden. Manche der Eizellen werden somit mehrere Jahrzehnte alt – und müssen über diese lange Zeitspanne funktionsfähig bleiben. Extrem langlebige Proteine im Eierstock könnten dabei eine wichtige Rolle spielen, wie Forschungsteams aus Göttingen jetzt in Experimenten mit Mäusen herausgefunden haben. Diese langlebigen Proteine helfen offenbar, die Fruchtbarkeit möglichst lange zu bewahren.

    „Eizellen müssen während der gesamten Phase der Fruchtbarkeit einer Frau erhalten bleiben, damit sich daraus gesunde Embryonen entwickeln können“, erklärt Melina Schuh, Direktorin am Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften. Selbst bei Mäusen, die sich nur etwas mehr als ein Jahr fortpflanzen können, ist die Lebensdauer von Eizellen sehr viel länger als die durchschnittliche Lebensdauer von Proteinen. Lebende Zellen recyceln die meisten ihrer Proteine innerhalb von nur wenigen Tagen. Je nach Zelltyp und Funktion werden allerdings nicht alle Proteine gleich schnell abgebaut.

    Viele extrem langlebige Proteine im Eierstock

    Zusammen mit Teams um die Gruppenleiter*innen Juliane Liepe und Henning Urlaub hat Schuhs Team jetzt quantitativ untersucht, wie häufig besonders langlebige Proteine in Eierstöcken vorkommen. Für ihre Experimente kombinierten die Forschenden verschiedene biochemische und molekularbiologische Methoden mit mathematischen Modellierungen. „Dieser multidisziplinäre Ansatz ermöglichte uns, Proteine in Eierstöcken und Eizellen von Mäusen in unterschiedlichen Altersstufen zu beobachten, um so das Alter der Proteine zu ermitteln“, sagt Max-Planck-Forschungsgruppenleiterin Liepe. Außerdem analysierten die Wissenschaftler*innen, wie sich die Häufigkeit der Proteine mit der Zeit verändert. Hierzu erfassten sie ein Proteininventar im Eierstock mit fast 8.900 Proteinen.

    Das Ergebnis: Eierstöcke besitzen extrem viele langlebige Proteine – mehr als andere Gewebe und sogar mehr als das Gehirn. Diese kommen nicht nur in den Eizellen selbst vor, sondern auch in anderen Körperzellen im Eierstock.

    „Viele der langlebigen Proteine haben schützende Funktionen, wie etwa DNA zu reparieren oder Zellen vor Schäden zu bewahren“, erläutert Urlaub, der am MPI und an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) forscht. Die molekularen Faltungshelfer, sogenannte Chaperone, sorgen beispielsweise dafür, dass sich fehlgefaltete Proteine nicht verklumpen und die Zellabläufe stören. Wie die Experimente der Göttinger Wissenschaftler*innen zeigten, sind Chaperone im Eierstock äußerst stabil und verhindern das Verklumpen länger als zum Beispiel im Gehirn. Auch die Kraftwerke innerhalb der Eizellen, die Mitochondrien, enthielten besonders langlebige Proteine. Da Mitochondrien von der Mutter an die Nachkommen weitervererbt werden, ist es äußerst wichtig, dass diese Organellen gesund bleiben.

    Weniger langlebige Proteine im Alter

    „Allerdings lässt die Konzentration vieler dieser langlebigen Proteine in Eierstock und Eizellen mit dem Alter nach. Proteine hingegen, die mit akuten Entzündungen und einer Immunantwort zusammenhängen, nehmen im Alter zu“, berichtet Schuh. Dies deckt sich mit bisherigen Erkenntnissen zu vermehrten Entzündungsreaktionen in den Eierstöcken älterer Frauen. "Somit verändert sich das komplexe Protein-Netzwerk in Eierstöcken. Das allmähliche Verschwinden von langlebigen Proteinen aus den Eierstöcken und Eizellen könnte erklären, warum die Fruchtbarkeit bei weiblichen Säugetieren ab einem bestimmten Alter abnimmt.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Melina Schuh
    Abteilung Meiose
    Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, Göttingen
    Tel. +49 551 201-26000
    E-Mail: melina.schuh@mpinat.mpg.de

    Dr. Juliane Liepe
    Forschungsgruppe Quantitative und System-Biologie
    Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, Göttingen
    Tel.: +49 551 201-1471
    E-mail: juliane.liepe@mpinat.mpg.de

    Prof. Dr. Henning Urlaub
    Forschungsgruppe Bioanalytische Massenspektrometrie
    Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, Göttingen
    Tel.: +49 551 201-1060
    E-mail: henning.urlaub@mpinat.mpg.de


    Originalpublikation:

    Harasimov, K.; Gorry, R. L.; Welp, L. M.; Penir, S. M.; Horokhovskyi, Y.; Cheng, S.; Takaoka, K.; Stützer, A.; Frombach, A.-S.; Taylor Tavares, A. L.; Raabe, M.; Haag, S.; Saha, D.; Grewe, K.; Schipper, V.; Rizzoli, S. O.; Urlaub, H.; Liepe, J.; & Schuh, M.: The maintenance of oocytes in the mammalian ovary involves extreme protein longevity. Nat Cell Biol (2024). https://doi.org/10.1038/s41556-024-01442-7


    Weitere Informationen:

    https://www.mpinat.mpg.de/4737675/pr_2413 – Original-Pressemitteilung
    https://www.mpinat.mpg.de/de/mschuh – Webseite der Abteilung Meiose, MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften
    https://www.mpinat.mpg.de/de/liepe – Webseite der Forschungsgruppe Quantitative und System-Biologie, MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften
    https://www.mpinat.mpg.de/de/urlaub – Webseite der Forschungsgruppe Bioanalytische Massenspektrometrie, MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften


    Bilder

    Extrem langlebige Proteine im Eierstock könnten dazu beitragen, Eizellen gesund zu halten und die Fruchtbarkeit lange zu bewahren. In der hier gezeigten Maus-Eizelle sind die Chromosomen magenta und das Zytoskelett-Protein Aktin blau-weiß gefärbt.
    Extrem langlebige Proteine im Eierstock könnten dazu beitragen, Eizellen gesund zu halten und die Fr ...
    Melina Schuh
    Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).