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Millisekundenpulsare sind rotierende Neutronensterne, die wie Leuchttürme regelmäßig elektromagnetische Signale aussenden. Der Pulsar PSR J0437-4715 ist der erdnächste und damit auch der Signal-hellste. Forschende unter Beteiligung der TU Darmstadt haben nun neue Erkenntnisse über den Radius des Neutronensterns und dessen Auswirkungen auf die Zustandsgleichung dichter Materie gewonnen. Die Ergebnisse wurden in einer Reihe von Artikeln in der renommierten Fachzeitschrift „The Astrophysical Journal Letters“ veröffentlicht.
PSR J0437 ist ein Pulsar, also ein rotierender Neutronenstern, der elektromagnetische Strahlung aussendet. Er befindet sich etwa 510 Lichtjahre von der Erde entfernt im südlichen Sternbild Pictor. PSR J0437 rotiert 174 Mal pro Sekunde um seine Achse und hat einen Weißen Zwerg, also einen kompakten, alten Stern, als Begleiter. Wie ein Leuchtturm sendet der Pulsar alle 5,75 Millisekunden einen Strahl aus Radiowellen und Röntgenstrahlen in Richtung Erde. Er ist der Millisekunden-Pulsar, der der Erde am nächsten ist. Unter anderem wegen dieser Nähe ist er auch der hellste Millisekundenpulsar.
Wissenschaftler:innen um Devarshi Choudhury und Anna Watts von der Universität Amsterdam (Niederlande) haben nun seinen Radius bestimmt. Für ihre Messungen nutzten sie Daten des Röntgenteleskops NICER an Bord der Internationalen Raumstation. Sie kombinierten die Röntgendaten mit einer Technik namens Pulsprofil-Modellierung. Mit Hilfe von Massenmessungen des Parkes Pulsar Timing Array in Australien konnte so der Radius des Sterns bestimmt werden: 11,4 Kilometer. Die Masse von PSR J0437 ist 1,4-mal größer als die unserer Sonne.
Theoretische Kernphysiker:innen der TU Darmstadt, darunter Melissa Mendes, Isak Svensson und Achim Schwenk, untersuchten gemeinsam mit Astrophysiker:innen um Nathan Rutherford von der University of New Hampshire (USA) die Konsequenzen der neuen Radiusmessung für die Eigenschaften dichter Materie im Inneren des Sterns. Mithilfe eines statistischen Formalismus, der neue Berechnungen der Zustandsgleichung für dichte Materie in den äußeren Kilometern des Neutronensterns sowie den verfügbaren NICER- und Gravitationswellen-Beobachtungen von Neutronensternen verbindet, konnten die Forschenden genauere Beschränkungen für die Radien von Neutronensternen und für die Eigenschaften der dichten Materie im Inneren von Neutronensternen ermitteln.
Die Arbeit an der TU Darmstadt wurde von Melissa Mendes und Isak Svensson geleitet. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die neue NICER-Messung die Zustandsgleichung bei mittleren Dichten, die einige Male so hoch sind wie in Atomkernen, stark einschränkt“, erklärt Mendes. Dies führt zu einem hohen Druck, aber bei dem kleineren Radius von PSR J0437 erweist sich die Zustandsgleichung als relativ softer. Svensson betont: „Es gibt ein besonders interessantes Zusammenspiel zwischen Neutronensternen mit einer Masse von 1,4 Sonnenmassen und schweren Neutronensternen mit einer Masse von zwei Sonnenmassen, das wichtige Anhaltspunkte für die Wechselwirkungen in dichter Materie liefert.“
„Diese Arbeit kombiniert die neuesten Informationen, die wir aus der theoretischen Kernphysik und aus astrophysikalischen Beobachtungen haben, um die Physik stark wechselwirkender Materie unter extremen Bedingungen einzugrenzen“, sagt Schwenk. „Es wird sehr interessant sein, wie zukünftige NICER- und Gravitationswellen-Beobachtungen die Zustandsgleichung der dichtesten beobachtbaren Materie im Universum weiter einschränken werden.“
Die Arbeit von Nathan Rutherford, Melissa Mendes, Isak Svensson et al. ist Teil einer Reihe von Veröffentlichungen. Zusätzlich zu dieser Arbeit über die Zustandsgleichung gibt es die Radiusmessung von PSR J0437-4715 unter der Leitung von Devarshi Choudhury (Universität Amsterdam) https://arxiv.org/abs/2407.06789, die Massenbestimmung unter der Leitung von Daniel Reardon (Swinburne University of Technology, Australien) https://arxiv.org/abs/2407.07132 und eine Aktualisierung der Radiusmessung für den schweren Pulsar PSR J0740+6620 unter der Leitung von Tuomo Salmi (Universität Amsterdam) https://arxiv.org/abs/2406.14466.
Nathan Rutherford, Melissa Mendes, Isak Svensson, Achim Schwenk, Anna L. Watts, Kai Hebeler, Jonas Keller, Chanda Prescod-Weinstein, Devarshi Choudhury, Geert Raaijmakers, Tuomo Salmi, Patrick Timmerman, Serena Vinciguerra, Sebastien Guillot, and James M. Lattimer:
“Constraining the dense matter equation of state with new NICER mass-radius measurements and new chiral effective field theory inputs”
Accepted for publication in The Astrophysical Journal Letters, https://arxiv.org/abs/2407.06790
Animation des Millisekunden-Pulsars PSR J0437-4715. Links: von der Erde aus gesehen. Rechts: von der ...
NASA/Sharon Morsink/Devarshi Choudhury et al.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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