idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Wer einige Pfunde zu viel mit sich herumträgt, für den halten die Nachrichten aus Wissenschaft und Forschung selten etwas Gutes bereit. Über eine Ausnahme berichten nun zwei Studien, die Forschende aus Australien und den USA veröffentlichten. Wie sie zeigen, ist ein leicht erhöhter Body-Mass-Index (BMI) offenbar mit einem geringeren Risiko verbunden, an einem Glaukom zu erkranken. Auch das Voranschreiten eines bereits diagnostizierten Glaukoms ging weniger schnell vonstatten, wenn der BMI etwas über Normalgewicht lag. Die DOG nimmt die im American sowie im British Journal of Ophthalmology veröffentlichten Studien zum Anlass, über das Glaukom und bekannte Risikofaktoren aufzuklären.
Das Glaukom, landläufig auch als Grüner Star bezeichnet, ist eine häufige Augenerkrankung, von der allein in Deutschland mehr als 900.000 Menschen betroffen sind. Unbehandelt droht ihnen ein fortschreitender und irreversibler Verlust des Sehvermögens, der bis zur vollständigen Erblindung führen kann. „Das Tückische am Glaukom ist, dass es zunächst symptomlos verläuft und daher lange Zeit unbemerkt bleiben kann“, sagt Professor Dr. med. Alexander Schuster von der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Mainz. „Es ist nicht mit Schmerzen verbunden, und viele Betroffene merken zunächst auch nicht, dass ihr Gesichtsfeld kleiner wird.“ Meist werden die Veränderungen erst bei einer augenärztlichen Früherkennungsuntersuchung festgestellt.
Diese sollte daher unbedingt in regelmäßigen Abständen wahrgenommen werden. Weil das Glaukomrisiko mit zunehmendem Alter ansteigt, wird ein Screening spätestens ab dem 40. Lebensjahr empfohlen. „Bei Menschen mit Risikofaktoren sollten die Untersuchungen sogar noch früher beginnen“, betont der DOG-Experte, der in Mainz auch eine Professur für ophthalmologische Versorgungsforschung innehat. Dazu zählen etwa Personen, bei deren Eltern oder Geschwister schon Glaukom-Erkrankungen aufgetreten sind, stark kurzsichtige Menschen mit mehr als vier Dioptrien oder Personen mit dunkler Hautfarbe. Der wichtigste Risikofaktor ist jedoch ein zu hoher Augeninnendruck. „Nach den bekannten Risikofaktoren richtet sich auch der Abstand, in dem die augenärztlichen Untersuchungen wiederholt werden sollten – er kann zwischen einem und fünf Jahren liegen“, so Schuster.
Die australische und die US-amerikanische Studie deuten nun übereinstimmend darauf hin, dass auch besonders schlanke Menschen häufiger von einem Glaukom betroffen sind. Beide Studien befassten sich mit der häufigsten Glaukomform, dem so genannten primären Offenwinkelglaukom. Dieses wurde umso häufiger diagnostiziert, je niedriger der Body-Mass-Index der Teilnehmerinnen und Teilnehmer lag. Auch das Voranschreiten des Sehfeldverlustes ging bei untergewichtigen Personen schneller vonstatten als bei Menschen mit Normal- oder geringem Übergewicht. „Zu einem möglichen Zusammenhang zwischen dem Körpergewicht und dem Glaukomrisiko gab es bisher widersprüchliche Studienergebnisse“, sagt Schuster. In die erst kürzlich aktualisierte Leitlinie zur Bewertung von Risikofaktoren für das Offenwinkelglaukom wurde das Körpergewicht daher nicht mit einer konkreten Empfehlung aufgenommen. „Die aktuellen Studien verschieben die Bilanz in Richtung einer möglichen Schutzwirkung, die von normalen bis gering erhöhten BMI-Werten ausgehen könnte“, so der Mainzer Ophthalmologe. Die Forschung vermutet, dass Untergewicht insgesamt anfälliger für Krankheiten macht.
Ob der Gewichtseffekt in der Screening-Entscheidung auf Glaukom berücksichtigt werden sollte, bleibt abzuwarten. „Sicherlich ist das Körpergewicht nicht der ausschlaggebende Risikofaktor für oder gegen eine Vorsorgeuntersuchung“, betont Schuster. Der DOG-Experte plädiert dafür, im Zweifel eher einmal zu viel oder zu früh zu untersuchen als zu spät: „Sehnervenfasern, die einmal zugrunde gegangen sind, sind unwiederbringlich verloren. Wird das Glaukom jedoch rechtzeitig erkannt, lässt sich der Gesichtsfeldverlust meist mit Augentropfen oder Laserverfahren einfach und sicher aufhalten.“
Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.
Marshall, H. et al.: Association Between Body Mass Index and Primary Open Angle Glaucoma in Three Cohorts
American Journal of Ophthalmology,
DOI: https://doi.org/10.1016/j.ajo.2022.08.006
Youssif, A. et al.: Social history and glaucoma progression: the effect of body mass index, tobacco and alcohol consumption on the rates of structural change in patients with glaucoma
British Journal of Ophthalmology,
DOI: 10.1136/bjo-2023-323186
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).