idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
13.08.2024 09:40

Tariflöhne steigen 2024 nach bislang vorliegenden Abschlüssen nominal um 5,6 Prozent – Kräftige Erholung bei Reallöhnen

Rainer Jung Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung

    Halbjahresbilanz des WSI-Tarifarchivs:

    Tariflöhne steigen 2024 nach den bislang vorliegenden Abschlüssen nominal um 5,6 Prozent – Kräftige Erholung bei den Reallöhnen

    Unter Berücksichtigung der im 1. Halbjahr 2024 getätigten Neuabschlüsse und der in den Vorjahren für 2024 bereits vereinbarten Tariferhöhungen steigen die Tariflöhne in diesem Jahr nominal um durchschnittlich 5,6 Prozent.

    Angesichts eines deutlichen Rückgangs der Inflationsraten auf durchschnittlich 2,4 Prozent im 1. Halbjahr 2024 ergibt sich hieraus real eine Lohnsteigerung von 3,1 Prozent. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist dies der mit Abstand höchste jährliche Reallohnzuwachs bei den Tariflöhnen (siehe auch Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Allerdings gingen dem drei Jahre mit Reallohnverlusten voraus. Zu diesem Ergebnis kommt das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in seiner heute vorgelegten Halbjahresbilanz zur aktuellen Entwicklung der Tariflöhne.

    „In diesem Jahr schaffen die kräftigen Reallohnzuwächse erstmals einen deutlichen Ausgleich für den massiven Reallohnrückgang der Jahre 2021 und 2022 und das kleine Minus 2023,“ sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. „Die Kaufkraftverluste der Vorjahre konnten damit etwa zur Hälfte kompensiert werden. Insgesamt liegt das preisbereinigte Niveau der Tariflöhne jedoch immer noch deutlich unter dem Spitzenwert des Jahres 2020 (siehe auch Abbildung 2 in der pdf-Version). Damit besteht bei der Tariflohnentwicklung weiterhin ein erheblicher Nachholbedarf. Deutliche Reallohnzuwächse sind zudem auch ökonomisch sinnvoll, um die konjunkturelle Entwicklung zu stabilisieren.“

    „Die Auswertung zeigt, dass Tarifbindung ein wichtiges Instrument ist, um für viele Menschen materielle gesellschaftliche Teilhabe zu gewährleisten. Das reduziert auch die Einkommensungleichheit und stabilisiert in einer Zeit, in der sich viele Menschen Sorgen um die soziale Ungleichheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt machen, die Gesellschaft als Ganzes“, sagt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des WSI. „Schon deshalb sollten wir alle ein Interesse an einer hohen Tarifbindung haben und diese stärken.“

    Bislang sind für knapp 19,7 Millionen Beschäftigte Tariferhöhungen vereinbart worden, die im Lauf des Jahres 2024 wirksam werden. Für knapp 11,6 Millionen Beschäftigte wurden diese Tariferhöhungen bereits 2023 oder früher in Tarifverträgen mit mehrjähriger Laufzeit festgelegt. Hierzu gehören auch große Tarifbranchen wie z.B. der Öffentliche Dienst und die Metall- und Elektroindustrie. Hinzu kamen im 1. Halbjahr 2024 neue Tarifvereinbarungen für mehr als 8 Millionen Beschäftigte, darunter die Chemische Industrie, das Bauhauptgewerbe und der Einzelhandel (siehe auch Abbildung 3 und Tabelle 1 in der pdf-Version; Link unten).

    Nominal liegt die Tariflohnentwicklung 2024 fast exakt auf dem Niveau des Vorjahres. Dabei fallen die Zuwächse der im 1. Halbjahr 2024 getätigten Neuabschlüsse mit einer Tariferhöhung von 7,6 Prozent noch einmal deutlich kräftiger aus. Dies liegt vor allem daran, dass hier Abschlüsse in großen Tarifbranchen wie dem Bauhauptgewerbe, dem Einzelhandel und dem Groß- und Außenhandel getätigt wurden, deren letzte Tariferhöhung bereits mehrere Jahre zurückliegt und deren Nachholbedarf deshalb besonders groß war.

    Einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Tariflöhne leisten im Jahr 2024 wiederrum die sogenannten Inflationsausgleichsprämien (IAPs), die in nahezu allen großen Tarifbranchen wie auch in vielen kleinen Tarifbereichen vereinbart wurden. Bei den IAPs handelt es sich um steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen, die den Beschäftigten, im Vergleich zu einer regulären Tariferhöhung, einen höheren Nettolohn und den Arbeitgebern niedrigere Arbeitskosten ermöglichen. Die Nettolöhne hängen dabei vom Haushaltskontext und der Steuerklasse der Beschäftigten ab. Je nach Tarifbereich variieren die IAPs zwischen einigen 100 bis 3.000 Euro. In vielen Fällen werden sie über einen Zeitraum von zwei Jahren in mehreren Tranchen oder auch als monatliche Zusatzzahlungen gewährt. Insgesamt können die IAPs bis Ende 2024 ausgezahlt werden, so dass sie in diesem Jahr noch einmal stark zur Geltung kommen. Da die IAPs in den Berechnungen des WSI-Tarifarchives lediglich als Bruttoeinmalzahlungen berücksichtigt werden, können für viele Beschäftigte die Tariferhöhungen netto noch einmal deutlich höher ausfallen. „Allerdings sind die Inflationsausgleichsprämien als Einmalzahlungen durchaus ein zweischneidiges Schwert“, so der Tarifexperte Schulten. „Auf der einen Seite haben sie kurzfristig geholfen, Kaufkraftverluste zu begrenzen und sorgen in diesem Jahr für besonders hohe Reallohnzuwächse. Schon jetzt ist allerdings auch absehbar, dass sich der Wegfall der Inflationsausgleichsprämien im Jahr 2025 stark dämpfend auf die Tariflohnentwicklung auswirken wird.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Thorsten Schulten
    Leiter WSI-Tarifarchiv
    Tel.: +49 211 7778-239
    E-Mail: Thorsten-Schulten@boeckler.de

    Rainer Jung
    Leiter Pressestelle
    Tel.: +49 211 7778-150
    E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de


    Originalpublikation:

    Die PM mit Abbildungen und Tabelle (pdf): https://www.boeckler.de/pdf/pm_wsi_2024_08_13.pdf


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).