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10.09.2024 11:30

Vorstellung Deutscher Herzbericht: Was leistet die Herzmedizin gegen die Volkskrankheit Herzinsuffizienz?

Regina Iglauer-Sander Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V.

    Der Deutsche Herzbericht ist die umfangreichste Leistungserhebung der kardiologischen, kinderkardiologischen und herzchirurgischen Versorgung in Deutschland und zeigt, wie sich Morbidität und Mortalität sowie die verschiedenen Therapieoptionen bei Herzerkrankungen entwickeln.

    Bei der aktuellen Präsentation des Deutschen Herzberichts – Update 2024 haben sich die beteiligten Fachgesellschaften für Kardiologie (DGK), Herzchirurgie (DGTHG), Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK), Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) und die Deutsche Herzstiftung auf eine Herzerkrankung besonders fokussiert: Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Das hat mehrere Gründe.

    Die Herzinsuffizienz stellt noch vor der Koronaren Herzkrankheit (KHK) und Herzrhythmusstörungen die häufigste Herzerkrankung für vollstationäre
    Krankenhausaufnahmen und verursacht für das Gesundheitswesen enorme Kosten.

    2022 liegt die altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz bei 447,9 vollstationären Aufnahmen pro 100.000 Einwohner:innen (EW). Bei der KHK (u.a. Akutes Koronarsyndrom, chronische koronare Herzkrankheit), liegt die Hospitalisationsrate bei 577,2 und bei den Herzrhythmusstörungen bei 485,7 pro 100.000 EW.

    Einige Zahlen, die die Bedeutung von Herzschwäche für die medizinische Versorgung verdeutlichen:

    - An Herzinsuffizienz leiden in Deutschland schätzungsweise bis zu vier Millionen Menschen. Die Volkskrankheit ist mit 37.570 Sterbefällen (2022) (Männer: 14.643; Frauen: 22.927) die dritthäufigste Todesursache und eine der häufigsten Ursachen für plötzlichen Herztod. Denn eine schwache Pumpleistung des Herzens begünstigt Herzrhythmusstörungen.

    - Allein am plötzlichen Herztod sterben jedes Jahr in Deutschland über 65.000 Menschen.

    - Wer an Herzschwäche leidet, hat eine schlechtere Prognose: Etwa 50 Prozent aller an einer Herzschwäche erkrankten Menschen versterben innerhalb eines Zeitraums von sechs Jahren nach der Diagnose.

    - Hauptursachen der Herzschwäche sind die KHK und Bluthochdruck. Bluthochdruck ist zugleich stationär und hausärztlich die häufigste Begleitdiagnose der Herzinsuffizienz.

    - Weitere wichtige Grund- und Begleiterkrankungen der Herzschwäche sind Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern/Vorhofflattern), Herzklappenerkrankungen (Mitralklappeninsuffizienz und Aortenklappenstenose), angeborene Herzfehler und Herzmuskelerkrankungen wie Myokarditis.

    - Interventionelle und operative Maßnahmen bei Patient:innen mit Herzinsuffizienz:
    Die Anzahl der interventionellen Eingriffe mit Stent/Ballon (Perkutane Intervention, PCI) 2022 zeigt einen leichten Rückgang gegenüber 2018 (-1,0 Prozent), während die isolierte koronare Bypassoperation im Vergleich zu 2018 (-25,9 Prozent) deutlich rückläufig ist.
    Katheterablationen zur Beseitigung von Vorhofflimmern werden immer häufiger: Im Jahr 2022 stieg die Anzahl der Katheterablationen deutlich an auf 107.886 Fälle (2021: 102.737). Am verbreitetsten ist dabei die Radiofrequenzablation, gefolgt von der Kryoablation. Vielen Herzschwäche-Patient:innen kommt eine Therapie mit implantierbaren elektronischen Geräten wie CRT-Systemen (CRT: kardiale Resynchronisationstherapie) bei zu langsamem/schwachen Herzschlag zugute (CRT-P). Um Patient:innen bei einem Risiko lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen prophylaktisch vor Herzstillstand zu schützen, können Defibrillatoren (ICD) oder ein CRT-D-Typ mit Defi-Funktion implantiert werden. 2022 erfolgten laut Herzbericht 36.937 ICD-Eingriffe. Es gab zudem 7.388 CRT-P- und 15.164 CRT-D-Operationen.

    - Zu einem Rückgang der Operations- und Interventionszahlen kam es auch im Covid-19-Pandemiejahr 2022, etwa bei den Herzschrittmachern um -4,9 Prozent und bei ICD um -13,3 Prozent.

    - Bei Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) sind im Langzeitverlauf vor allem die Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen die häufigste Ursache einer Krankenhausaufnahme. Die Herzinsuffizienz ist bei dem stetig wachsenden EMAH-Patient:innenkollektiv häufigste Todesursache (bei Patient:innen mit erworbenen Herzerkrankungen dritthäufigste Todesursache).

    - Organspende wegen einer schweren, sogenannten terminalen Herzinsuffizienz: unverändert besteht 2022 eine deutliche Diskrepanz zwischen Organspender:innen und Empfänger:innen (Erwachsene/Kinder)*:

    Kinder (0-15 Jahre)
    - 21 Kinder auf der Warteliste für eine Herztransplantation (2023: 27)
    - 42 Kinder transplantiert (2023: 32)
    - 20 von Kindern aus Deutschland und 22 aus dem Ausland gespendete Herzen (2023: Deutschland 17, Ausland: 15)

    Erwachsene (ab 16 Jahre)
    - 678 Erwachsene auf der Warteliste (2023: 663)
    - 316 Erwachsene transplantiert (2023: 298)
    - 242 gespendete Herzen aus Deutschland und 74 aus dem Ausland gespendete Herzen (2023: Deutschland 216, Ausland 82)

    Das mangelnde Organangebot kann bei Kindern auch durch Spenden aus dem europäischen Ausland nicht gedeckt werden, sodass die betroffenen Kinder, wenn überhaupt, dann nur mit langen Wartezeiten (2-3 Jahre Krankenhausaufenthalt) an einem Kunstherzen überleben.

    Bei der medizinischen Versorgung von Patient:innen mit Herzschwäche kommt es wie bei den Herzrhythmusstörungen wegen bestehender Komorbiditäten auf eine interdisziplinäre multiprofessionelle (Kardiologie, Herzchirurgie, Pädiatrische Kardiologie/Angeborene Herzfehler, kardiologische Reha) und exzellente sektorenübergreifende Versorgung an – von stationär zu ambulant und umgekehrt sowie zwischen Hausarzt und niedergelassenen Kardiolog:innen. Bei den Komorbiditäten stehen vor allem der Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus Typ 2 und Vorhofflimmern/Vorhofflattern im Fokus, da sie zu den häufigsten Begleitdiagnosen der Herzinsuffizienz und der KHK zählen. Die KHK ist bei rund zwei Dritteln der Betroffenen Hauptursache der Herzinsuffizienz: Die Bedeutung der KHK spiegelt sich im aktuellen Herzbericht auch in der vergleichsweise hohen Zahl der Krankenhausbehandlungen wider. Im Jahr 2022 mussten 577,2 von 100.000 Einwohner:innen stationär wegen einer KHK behandelt werden, Männer mehr als doppelt so häufig wie Frauen.

    Auch wenn aufgrund verbesserter Therapieoptionen schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte, die häufig Folge einer KHK sind, rückläufig sind, so hat dies an anderer Stelle Einfluss auf die Herzgesundheit. Starben im Jahr 2000 noch 67.282 Menschen in Deutschland an einem Herzinfarkt, waren es 2022 „nur noch“ 46.608. Wer ein solches Ereignis überlebt, bei dem bleibt allerdings meist eine Schädigung am Herzmuskel
    zurück, die auch eine dauerhafte Herzschwäche verursachen kann. Ergo: Mehr überlebte Herzinfarkte führen zu mehr Herzinsuffizienz, und die wiederum zu mehr plötzlichen
    Herztoden. Denn eine schwache Pumpleistung des Herzens begünstigt Herzrhythmusstörungen.

    Im Zuge des Kabinettsbeschlusses zum Gesunden-Herz-Gesetz erhielt die bisher unzureichend berücksichtigte kardiovaskuläre Prävention in Deutschland viel öffentliche Aufmerksamkeit. Auch der Herzbericht offenbart ein Defizit im Bereich der Prävention und Rehabilitation. Obwohl allgemein bekannt ist, dass Herzschwäche und auch der plötzliche Herztod überwiegend durch andere Herzerkrankungen und Lebensstilfaktoren wie Bewegungsmangel oder Übergewicht entstehen, die alle Präventions- bzw. Rehamaßnahmen zugänglich sind, findet dies noch viel zu wenig Beachtung. Das zeigen folgende Zahlen des aktuellen Herzberichts:

    - Bei 446.814 stationären Behandlungsfällen wegen Herzinsuffizienz gab es nur 8.349 gezählte Rehabilitationen mit den Hauptdiagnosen Kardiomyopathie/Dekompensierte Herzinsuffizienz
    - Es erfolgten 2022 zwar rund 37.000 ICD-Eingriffe und rund 22.500 CRT-Operationen, jedoch nur 2.969 gezählte Reha-Patient:innen mit der Hauptdiagnose ICD-/oder CRT-Implantation werden in der Rehabilitationsstatistik genannt.

    FAZIT
    Die Herzstiftung als Patient:innenorganisation und alle herzmedizinischen Fachgesellschaften für Kardiologie (DGK), für Herzchirurgie (DGTHG), für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) sowie für kardiovaskuläre Prävention und Rehabilitation (DGPR) sind sich in Anbetracht dieser Zusammenhänge und Entwicklungen einig, dass mehr in die kardiovaskuläre Vorsorge investiert und das bestehende Instrumentarium der Diagnostik, Therapie und Nachsorge für die Eindämmung der Grund- und Begleiterkrankungen der Herzschwäche noch effizienter genutzt werden muss. Denn neben Alter und Genetik sind vor allem Risikofaktoren des Lebensstils wesentlich am Entstehen von Herzrhythmusstörungen, KHK, und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen beteiligt.

    Weitere Informationen für medizinische Fachkräfte, Medienvertrer:innen und Interessierte zum aktuellen Herzbericht (ePaper) unter https://www.herzstiftung.de/herzbericht

    *Quelle: Deutsche Stiftung für Organtransplantation (DSO) Frankfurt a. M.

    Hinweis – Bei Abdruck/Nutzung der Presse-Information bitten wir um folgende Angabe:
    Der Deutsche Herzbericht – Update 2024 wird von der Deutschen Herzstiftung zusammen mit den wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften für Kardiologie (DGK), für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), für Kinderkardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) und für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) alljährlich herausgegeben. Infos und ePaper: www.herzstiftung.de/herzbericht


    Weitere Informationen:

    https://herzstiftung.de/service-und-aktuelles/publikationen-und-medien/herzberic...
    https://www.dgthg.de/


    Bilder

    Vorstellung Deutscher Herzbericht in Berlin
    Vorstellung Deutscher Herzbericht in Berlin

    Deutsche Herzstiftung


    Anhang
    attachment icon Kurzversion Gemeinsame PM PK Herzbericht

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Sportwissenschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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