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17.10.2024 12:00

Alttextilien in Deutschland: Herausforderungen und Chancen des Textilrecyclings

Julia Wolke Öffentlichkeit und Kommunikation
Öko-Institut e. V. - Institut für angewandte Ökologie

    Das Recycling von Alttextilien in Deutschland und der EU steht aktuell vor großen Herausforderungen, bietet aber auch enorme Potenziale für die Kreislaufwirtschaft.

    So wurden im Jahr 2018 in Deutschland rund eine Million Tonnen Alttextilien gesammelt, was je nach Berechnung einer Sammelquote von 64 bis 74 Prozent entspricht. Doch nur 26 Prozent der gesammelten Textilien werden tatsächlich Recyclingprozessen zugeführt, wobei nur selten hochwertige Fasern für den Einsatz in neuen Textilien hergestellt werden. Der Großteil der Alttextilien wird dagegen exportiert, oft auch in Nicht-EU-Länder, zur Energiegewinnung verbrannt oder deponiert. Hauptgründe dafür, dass Textilien nicht stärker wiederverwertet werden, sind wenig ausgereifte Recyclingverfahren und fehlende Anreize für die Textilhersteller, Recyclingmaterial statt Neuware zu verwenden.

    Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Naturschutzbundes Deutschland e.V. (NABU), die bestehende Recyclingverfahren, ihre Vor- und Nachteile sowie politische Möglichkeiten zur Förderung des Textilrecyclings darstellt.

    Recyclingverfahren: Mechanisch dominiert, neue Verfahren im Aufwind

    Die Studie zeigt, dass das mechanische Recycling mit einem Anteil von 65 bis 87 Prozent das derzeit dominierende Verfahren ist. Dieses Verfahren ist im Vergleich zu anderen Technologien weniger umweltbelastend, führt aber zu einer Verschlechterung der Faserqualität.

    Die Depolymerisierung von Fasern, gilt als eine vielversprechende Lösung, um die Qualität von Recyclingfasern zu verbessern, befindet sich jedoch noch in der Entwicklungsphase. Bei diesem Verfahren werden Fasern wie Polyester, Nylon oder Cellulose in chemischen Prozessen in ihre ursprünglichen Bestandteile zerlegt, sodass sie für die Herstellung neuer Textilien wiederverwendet werden können.

    Verfahren wie die Pyrolyse oder die Gasification, die üblicherweise als chemisches Recycling bezeichnet werden, zerlegen die chemische Struktur der Faser hingegen in kurzkettige Kohlenwasserstoffgemische und benötigen dafür deutlich mehr Energie als die Depolymerisierung. Heute werden Pyrolyseöle und Synthesegase selten für die Textilfaserherstellung eingesetzt, sondern eher in der Kraftstoffproduktion oder in der Chemieindustrie.

    „Um hochwertige Fasern herzustellen, stößt das mechanische Recycling an seine Grenzen. Für eine echte Kreislaufwirtschaft brauchen wir innovative Technologien, die die Faserqualität erhalten und für die Textilbranche wieder nutzbar machen“, fasst Clara Löw, Expertin für nachhaltiges Textilrecycling am Öko-Institut, zusammen. „Die Depolymerisation muss deshalb dringend weiterentwickelt werden. Eine klare Hierarchie der Recyclingverfahren nach energetischem und ökologischem Aufwand ist wichtig, um zukünftige Investitionen im Bereich Textilrecycling zu priorisieren.“

    Ein höherer Anteil von Recyclingfasern in neuen Textilen

    Die Studie betont zudem, dass der Anteil von recycelten Fasern, so genannten Rezyklaten, bei der Produktion neuer Textilien bisher sehr gering ist. Um diesen Rezyklatanteil zu erhöhen, müsse der Gesetzgeber stärkere Anreize für die Hersteller setzen. Dazu gehören beispielsweise verbindliche Quoten für den Einsatz von Rezyklaten sowie Anforderungen an die Recyclingfähigkeit von Textilprodukten insgesamt und eine Verpflichtung der Hersteller zur getrennten Sammlung und Verwertung.

    Dies könne, so die Autorinnen der Studie, über die EU-Ökodesign-Verordnung, die Einführung der Getrenntsammelpflicht in der EU ab 2025 sowie die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien durch eine Revision der Abfallrahmenrichtlinie erfolgen, die derzeit in der Planung oder schon beschlossen sind.

    „Um das Potenzial des Textilrecyclings wirklich auszuschöpfen, brauchen wir nicht nur bessere Technologien, sondern auch klare gesetzliche Vorgaben und wirtschaftliche Anreize“, so Löw. „Deren Wirkung hängt jedoch stark von ihrer konkreten Ausgestaltung ab. Wir fordern daher eine ambitionierte Umsetzung aller aktuell laufenden Gesetzgebungsverfahren, um die Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft im Textilsektor voll zur Entfaltung zu bringen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Clara Löw
    Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institutsbereich
    Produkte & Stoffströme
    Öko-Institut e.V., Geschäftsstelle Freiburg
    Telefon: +49 761 45295-276
    E-Mail: c.loew@oeko.de


    Originalpublikation:

    https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Textilrecycling-Status-Quo.pdf Studie „Textilrecycling – Status Quo und aktuelle Entwicklungen“ des Öko-Instituts


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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