idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
30.10.2024 13:40

Sicheres Messaging durch verteilte Nachrichten

Claudia Staub Science Communication Centre - Abteilung Kommunikation
Technische Universität Darmstadt

    In der digitalen Welt ist es wichtiger denn je, die Sicherheit der Online-Kommunikation zu gewährleisten, insbesondere in Berufen, die auf Vertraulichkeit angewiesen sind. Zwei Forschungsgruppen aus dem Profilthema Cybersecurity and Privacy an der TU Darmstadt haben mit EMC² (Encrypted Multi-Channel Communication) eine Methode entwickelt, die die Sicherheit sensibler Nachrichten erhöht, indem das Vertrauen auf mehrere bestehende Kommunikationskanäle verteilt wird. Das Team adressiert mit seinem Ansatz die Limitierungen aktueller Verschlüsselungslösungen, entwickelte ein Werkzeug, das sichere Kommunikation zugänglicher macht, und zeigt die Unwirksamkeit staatlich angeordneter Hintertüren auf.

    Die Mehrzahl der Kommunikation im Internet basiert heute auf dem TLS-Protokoll (Transport Layer Security), das zwar vor dem Abhören im Netzwerk schützt, nicht aber vor dem Zugriff durch die Diensteanbieter selbst. Während Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE) sicherstellt, dass nur der Absender und der Empfänger die Nachrichten lesen können, sind die vorhandenen Lösungen jedoch oft nicht benutzerfreundlich oder nicht weit verbreitet. So sind beispielsweise verschlüsselte E-Mails über PGP oder S/MIME für durchschnittliche Benutzer:innen schwer einzurichten. Obwohl Anwendungen wie Signal sichere Nachrichtenübermittlung bieten, ist ihre Verschlüsselung für viele Nutzer nicht immer ersichtlich oder gut verständlich. Darüber hinaus haben staatliche Akteure wie die EU und die USA vorgeschlagen, Hintertüren in verschlüsselte Systeme einzubauen, was zu einem offenen Brief unterzeichnet von mehr als 300 Forschenden geführt hat, die vor den Gefahren solcher Maßnahmen warnen.

    Verschlüsselte Kommunikation über mehrere Kanäle

    Forschende aus den Informatik-Fachgebieten ENCRYPTO unter der Leitung von Professor Thomas Schneider und PEASEC unter der Leitung von Professor Christian Reuter haben nun eine Lösung entwickelt, die eine Balance zwischen Bedienfreundlichkeit, Datenschutz und Sicherheit herstellt und ohne umständliche Registrierungsprozesse auskommt. Das Ergebnis ist EMC² (Encrypted Multi-Channel Communication), das die weite Verbreitung moderner Messaging-Apps nutzt, um verschlüsselte Nachrichtenteile über mehrere unabhängige Kommunikationskanäle zu verteilen.

    EMC² verschlüsselt eine Klartextnachricht in zwei Schritten mit einer Technik, die sich an die sogenannte One-Time-Pad-Verschlüsselung anlehnt. Im ersten Schritt wird die Klartextnachricht in Binärform umgewandelt, z.B. das Wort „Hallo“ in die Zahl 11010. Im zweiten Schritt wird diese Binärzahl dann mit einer zufälligen Zahlenfolge verschlüsselt, ähnlich wie beim Werfen einer Münze, wobei Kopf bedeutet, dass die Ziffer gleich bleibt, und Zahl bedeutet, dass die Ziffer von 1 auf 0 oder von 0 auf 1 geändert wird. Der verschlüsselte Text und die zufällige Zahlenfolge werden dann getrennt über unabhängige Kommunikationskanäle übertragen. Die empfangende Person kann im Anschluss mit Hilfe von EMC² beide Nachrichtenteile wieder zusammenfügen und so den Klartext entschlüsseln. Dieses System fügt eine zusätzliche Sicherheitsebene hinzu, die sicherstellt, dass die Vertraulichkeit einer Nachricht gewahrt bleibt, solange Angreifende nicht alle Teile einer Nachricht abfangen.

    Anbieterunabhängige Sicherheit

    Techniken wie EMC² sind besonders relevant für sensible Berufsgruppen wie Jurist:innen, bei denen Vertraulichkeit an erster Stelle steht. Ziel der Forschenden ist es deshalb nicht, damit bestehende Messaging-Apps wie Signal zu ersetzen, sondern vielmehr die Sicherheit sensibler Nachrichten zu erhöhen. Das im Rahmen der Forschung entstandene Werkzeug steht Interessierten nun auf einer Webseite zum Ausprobieren zur Verfügung zusammen mit einem Video, das den Ablauf allgemeinverständlich erklärt. Die Lösung ist unabhängig von einzelnen Dienstleistern, erfordert keine Registrierung oder Einrichtung, ist gut verständlich und kann über bestehende Kommunikationskanäle genutzt werden. Darüber hinaus stärkt die vorgeschlagene Methode das Argument gegen staatlich erzwungene Hintertüren in Messaging-Apps, indem sie deren Unwirksamkeit demonstriert.

    Die Forschungsarbeit wurde am 14. Oktober 2024 auf dem Workshop on Privacy in the Electronic Society (WPES) während der Konferenz ACM CCS 2024 in Salt Lake City, USA, vorgestellt. Das Forschungsprojekt wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft über den Sonderforschungsbereich CROSSING und das Graduiertenkolleg Privacy and Trust for Mobile Users sowie durch den Europäischen Forschungsrat (ERC) über das Projekt Privatsphäre-schützende Dienste im Internet (PSOTI) gefördert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Thomas Schneider
    Fachgebiet Cryptography and Privacy Engineering (ENCRYPTO)
    E-Mail: schneider@encrypto.cs.tu-darmstadt.de
    Telefon: +49 6151 16-27300


    Originalpublikation:

    Gowri R Chandran, Kilian Demuth, Kasra Edalatnejad, Sebastian Linsner, Christian Reuter, and Thomas Schneider. Encrypted MultiChannel Communication (EMC2): Johnny should use secret sharing. In 23. Workshop on Privacy in the Electronic Society (WPES'24), ACM, Salt Lake City, USA, October 14, 2024. Short paper.
    Publikation: https://eprint.iacr.org/2024/1407
    Vortrag: https://encrypto.de/emc2/EMC2_WPES.mp4


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).