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21.11.2024 11:00

«Künstliche Intelligenz» in der Schweiz 2024: Rasante Diffusion und steigende digitale Ungleichheit

Nathalie Huber Kommunikation
Universität Zürich

    Ein neuer Bericht des Instituts für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich untersucht, wie die aktuelle technische Entwicklung generativer KI, basierend auf grossen Sprachmodellen (z. B. Tools wie ChatGPT), in den Alltag der Schweizer Bevölkerung integriert worden ist und welche Einstellungen die Menschen dazu haben.

    Rasante Diffusion: Eineinhalb Jahre nach Markteinführung kennt die ganze Schweiz KI-Tools, die Hälfte nutzt sie, von den Jüngsten fast alle

    Praktisch alle (98% der Schweizer Internetnutzer*innen) haben von KI-Tools gehört, und dieses Wissen ist seit 2023 (79%) gestiegen. Die Hälfte der Schweizer Internetnutzer*innen (54%) hat KI-Tools bereits angewendet. In der jüngsten Altersgruppe hat fast jede*r (93%) KI-Tools ausprobiert, und 43% nutzen sie sogar häufig. In der ältesten Gruppe nutzen sie nur 8% häufig, wäh-rend fast drei Viertel (72%) sie noch nie genutzt haben. Die Nutzung von KI-Tools ist seit Mitte 2023 um 17 Prozentpunkte gestiegen (2024: 54%, 2023: 37%).

    Digitale Ungleichheiten in der Schweizer Gesellschaft nach Alter und Bildung verstärken sich durch Künstliche Intelligenz

    Das Wissen über KI-Tools ist in den jüngeren Altersgruppen viel öfter hoch (61% bei den Jüngs-ten vs. 7% bei den Ältesten). Jüngere sind zudem viel häufiger KI-Nutzer*innen (16–29: 93%, 70+: 24%). Auch mit steigendem Bildungsniveau steigt der Anteil der Nutzer*innen stark (tief: 37%, mittel: 42%, hoch: 70%). Unter den Nichtnutzer*innen weisen zudem die 30- bis 39-Jährigen (m = 2.27) im Vergleich zu den älteren Gruppen (m = 1.75–1.96) die höchste Nutzungs-absicht im nächsten halben Jahr auf. Die hochgebildeten Nichtnutzer*innen (m = 2.09) zeigen im Vergleich zu jenen mit mittlerem (m = 1.93) oder niedrigem Bildungsniveau (m = 1.86) auch eine leicht höhere Nutzungsabsicht. Angesichts bereits höherer Nutzungszahlen und hoher Nut-zungsabsicht bei den Nichtnutzenden jungen Alters und mit hoher Bildung ist zu erwarten, dass sich die bestehenden digitalen Ungleichheiten in der Schweiz aufgrund der Nutzung generativer KI künftig noch verstärken. Jüngere und höhergebildete Schweizer Internetnutzer*innen fühlen sich zudem im Umgang mit KI wohler, empfinden diese Tools als nützlicher und sind ihrem Einfluss auf unser Leben gegenüber optimistischer eingestellt.

    Nutzung von KI-Tools noch meist experimentell («um zu sehen, wie gut sie sind»)
    Der meistgenannte Grund der Schweizer Internetnutzer*innen für die Nutzung von KI-Tools ist Neugier: um zu sehen, wie gut sie sind (54%). Weitere 38% gaben an, dass sie KI-Tools nutzen, um lange Texte zu verarbeiten, schulische oder berufliche Probleme zu lösen oder neue Dinge zu lernen. 3 von 10 (30%) nutzen sie zur Unterhaltung und 2 von 10 (19%) geben an, generative KI-Tools zu verwenden, um Informationen zu erstellen, die sie eigentlich selbst erstellen sollten. Schweizer Nutzer*innen von KI-Tools fühlen sich im Umgang mit diesen Diensten relativ wohl. Dies obwohl solche Dienste erst seit 1 ½ Jahren verfügbar und für die Nutzenden ziemlich undurchschaubar sind. Rund ein Drittel (32%) fühlt sich sehr wohl und 40% fühlen sich eher wohl. Dieses Befinden ist über alle soziodemografischen Gruppen hinweg sehr ähnlich. Fast die Hälfte (48%) der Nutzer*innen hat diese Dienste bislang als nützlich (35%) oder sehr nützlich (13%) empfunden.

    Erste Anzeichen einer Sättigung; Fehlerhafte Informationen durch KI-Tools sind der wichtigste Grund für Nichtnutzung

    Es scheint eine gewisse Sättigung in der Verbreitung von KI-Tools erreicht worden zu sein: 77% der aktuellen Nichtnutzer*innen halten es für (sehr) unwahrscheinlich, dass sie in den nächsten sechs Monaten KI-Tools nutzen werden. Der häufigste Grund für die Nichtnutzung ist, dass „ge-nerative KI oft falsche Informationen erzeugt“ (m = 4.01). Ein fast ebenso wichtiger Grund ist, dass KI-Tools wenig mit dem Alltag der Befragten zu tun haben (m = 3.93).

    Trade-off: Hohe Datenschutzbedenken bei gleichzeitig hohen Erwartungen einer Effizienzsteigerung durch KI

    Internetnutzer*innen in der Schweiz glauben überwiegend, dass KI genutzt werden kann, um das Privatleben der Menschen zu überwachen (m = 3.86). Gleichzeitig glauben die Schweizer*innen, dass KI uns dabei helfen wird, Aufgaben effizienter zu erledigen (m = 3.42). Jüngere Menschen und Männer sind optimistischer bezüglich des Einflusses generativer KI auf unser Leben.

    Hälfte steht der KI-Nutzung durch Kinder skeptisch gegenüber, KI-Nutzer*innen, Junge und Männer schätzen es positiver ein

    Die Hälfte (54%) der Schweizer Internetnutzer*innen ab 16 Jahren glaubt, dass Kinder keinen Zugang zu KI-Tools haben sollten. Ein Drittel ist dafür (33%) und 13% sind unentschlossen. Jüngere Menschen, Männer und KI-Nutzer*innen sind eher dafür, dass Kinder KI-Tools nutzen dürfen. Die wichtigsten Gründe für die Ablehnung von KI-Nutzung durch Kinder sind Auswirkungen auf ihre Lernfähigkeit und ihr kritisches Denken. Befürworter*innen versprechen sich davon für Kinder vorwiegend ein erhöhtes Interesse für neue Technologien und Zugang zu Ressourcen.

    Gespaltenes Meinungsbild zur Regulierung von KI-Tools

    Ein Drittel (34%) glaubt, dass es möglich ist, KI-Tools zu regulieren, während 22% dies verneinen. Ein Viertel (24%) meint, dass es zu früh ist, um zu wissen, was reguliert werden muss, und dass man abwarten sollte. Ein Fünftel (19%) ist unsicher oder weiss es nicht. Jüngere Menschen sind generell optimistischer in Bezug auf die Möglichkeit, KI-Tools zu regulieren.

    Schweiz liegt in Kenntnis und Nutzung von KI-Tools vor Tschechischer Republik und Macao

    Im Vergleich zu fast allen (98%) Schweizer Internetnutzer*innen, die KI-Tools kennen, ist das Bewusstsein für diese Technologien in Tschechien (83%) und Macao (64%) etwas geringer. Ebenso ist der Anteil der KI-Nutzer*innen in der Schweiz (54%) höher als in Tschechien (39%) und Macao (27%). Ähnliche soziodemografische Muster in Bezug auf Wissen und Nutzung von KI-Tools sind in allen drei Ländern zu beobachten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Michael Latzer
    Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, Abteilung Medienwandel & Inno-vation
    Universität Zürich
    Tel. +41 44 635 20 90
    E-Mail: m.latzer@ikmz.uzh.ch
    www.mediachange.ch


    Originalpublikation:

    https://mediachange.ch/research/artificial-intelligence-applications/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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