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05.08.2004 11:04

Fußball: Mehr Leistung durch gleiches Geld?

Frank Luerweg Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Es ist das ewige Streitthema im Profifußball: Sollen die Clubs die Übertragungsrechte an ihren Heimspielen selbst vermarkten können, wie beispielsweise in Italien und Spanien üblich? Oder soll eine zentrale Stelle die Vermarktung der Rechte übernehmen und das Geld schön gleichmäßig über die Vereine ausschütten, wie es hierzulande der Deutsche Fußballbund (DFB) weitgehend macht? Ein Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Bonn hat beide Strategien in einem theoretischen Modell miteinander verglichen. Sein Ergebnis: Eine zentrale Vermarktung nivelliert Leistungsunterschiede zwischen den Teams und sorgt für spannendere Begegnungen, aber weniger absolute Top-Leistungen. Dürfen die Vereine die Gelder aus dem Verkauf ihrer Heimspiel-Übertragungsrechte selbst einstreichen, führt das bei den dominierenden Clubs dagegen nicht automatisch zu Leistungssteigerungen.

    Dass auch hierzulande die Spitzenvereine immer lauter nach einer dezentralen Vermarktung der Fernsehrechte rufen, hat seinen guten Grund: Da die Spiele der Top-Clubs für viele Zuschauer attraktiver sind, lassen sich damit erheblich höhere Einnahmen erzielen. So erzielte der italienische Fußballverein Juventus Turin mit dem Verkauf seiner Heimspielrechte in der Saison 2002/2003 einen Erlös von 60 Millionen Euro, während sich Atalanta Bergamo oder Chievo Verona mit weniger als einem Sechstel begnügen mussten. "Real Madrid hat für Luis Figo, Zinedine Zidane, Ronaldo und David Beckham etwa 205 Millionen Euro hingeblättert", erklärt der Bonner Wirtschaftswissenschaftler Oliver Gürtler. "In zentral vermarkteten Ligen wäre eine solche Summe für vier Spieler undenkbar." Die dezentrale Vermarktung der Senderechte schaffe ungleiche Bedingungen und zementiere die Hackordnung, lautet daher das Argument, das die kleineren Clubs dieser Praxis entgegen setzen. In Italien gingen die kleinen Vereine sogar für höhere TV-Einnahmen auf die Barrikaden; mehrere Spieltage fielen aus.

    Fans lieben die Ungewissheit

    Mit einem spieltheoretischen Modell hat Gürtler die beiden Strategien nun miteinander verglichen. Die Grundlagen dazu entstammen der Wirtschaftsforschung - schließlich geht es hier wie dort um Konkurrenz, Gewinnmaximierung, Erfolg und Misserfolg. Gürtlers Resultat für die zentrale Rechtevermarktung war wenig überraschend: "Wenn der Fußballverband an einem ausgeglichenen Leistungsniveau interessiert ist, wird er die Rechte immer zentral vermarkten!" Empirische Studien zeigen zudem, dass spannende Spiele mit ungewissem Ausgang höhere Besucherzahlen haben.

    Das für eine dezentrale Vermarktung ins Feld geführte Argument, nur so könnten die großen Clubs auf internationalem Leistungsniveau spielen, stützte er dagegen nur zum Teil: "Zwar ermöglichen höhere TV-Einnahmen den Spitzenvereinen den Ankauf hervorragender Spieler; zumindest im Ligabetrieb muss ihre Leistung davon aber nicht unbedingt profitieren", so der 25-jährige Fußballfan, dessen Studie Teil seiner Promotion am Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften ist. Grund: Werden die Leistungsunterschiede zwischen den Vereinen zu groß, wirkt das zumindest in der Theorie auf die gesamte Liga demotivierend. "Die schlechteren Clubs denken, sie haben eh keine Chance, und strengen sich weniger an; in der Folge geben sich auch die guten Clubs weniger Mühe - letztlich sinkt das Gesamtniveau", erklärt Gürtler seinen Befund.

    Eine ausgeglichene Liga könnte sich also insgesamt positiv auf die Leistungen aller Teams auswirken, während ein einzelner Verein von Superstars aufgrund seiner Dominanz nur mindere Qualität abliefern muss, um dennoch zu gewinnen - frei nach dem Motto: Die einen wollen nicht, die anderen können nicht. Zumindest das Mutterland der freien Marktwirtschaft scheint das auch kapiert zu haben: Die US-amerikanische National Basketball Association (NBA) räumt den schlechtesten Teams am Ende jeder Saison eine Art "Vorkaufsrecht" auf die vertraglich ungebundenen Spieler ein: Je schlechter ein Team, desto besser seine Chancen, zuerst zugreifen zu dürfen und so den besten freien Spieler zu engagieren. Mit diesem System schafft die NBA vergleichsweise ausgeglichene Mannschaften, von denen die gesamte Liga profitiert.

    Ansprechpartner:
    Oliver Gürtler
    Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Bonn
    Telefon: 0228/73-9214
    E-Mail: oliver.guertler@uni-bonn.de

    Professor Dr. Matthias Kräkel
    Telefon: 0228/73-3914
    E-Mail: m.kraekel@uni-bonn.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Sportwissenschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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