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22.11.2024 08:42

Mit Biss: Weltweit größtes Doppelschleichen-Fossil entdeckt

Judith Jördens Senckenberg Pressestelle
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

    Ein internationales Forschungsteam hat eine neue fossile Doppelschleichen-Art in Tunesien entdeckt. Terastiodontosaurus marcelosanchezi ist mit über fünf Zentimetern Schädellänge die größte bekannte Art aus der Gruppe der Amphisbaenia. Anders als heutige, meist unterirdisch lebende Doppelschleichen könnte diese Art auch an der Erdoberfläche gelebt haben. Das Fossil zeigt extreme Zahnmerkmale, darunter kräftige Kiefer und speziellen Zahnschmelz, die auf den Verzehr von Schnecken hindeuten – eine Ernährungsweise, die sich seit über 56 Millionen Jahren gehalten hat.

    Die Doppelschleichen (Amphisbaenia) tragen ihren Namen nicht ohne Grund: Auf den ersten Blick scheinen diese Schuppenkriechtiere einen Kopf an beiden Enden zu haben. Doch was an ein Wesen aus der griechischen Mythologie erinnert, ist eigentlich ein evolutionärer Trick: Doppelschleichen können mit ihrem rundlichen, stumpfen Schwanzende sowohl vorwärts als auch rückwärts kriechen. Sie nutzen ihre an einen Regenwurm erinnernde Körperform unter anderem, um sich durch enge Erdpassagen zu schlängeln, die sie selbst graben.

    Ein internationales Team um Prof. Dr. Georgios L. Georgalis vom Institut für Systematik und Evolution der Tiere der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Krakau, mit Forschenden vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, dem Institut des Sciences de l’Évolution de Montpellier, dem Muséum national d’Histoire naturelle in Paris und dem National Office of Mines in Tunis, hat jetzt eine bislang unbekannte fossile Art aus der Gruppe der Doppelschleichen in einer neuen Studie beschrieben. „Unsere Entdeckung aus Tunesien ist mit einer geschätzten Schädellänge von über fünf Zentimetern die größte bekannte Doppelschleichen-Art“, erklärt Georgalis. „Alles deutet darauf hin, dass die neue Art mit der heutigen Schachbrett-Doppelschleiche verwandt ist.“ Anders als die rezenten Amphisbaenia, die an eine unterirdische Lebensweise angepasst sind, war die neue Art Terastiodontosaurus marcelosanchezi vermutlich zu groß, um ausschließlich grabend zu leben. Die Forschenden gehen daher davon aus, dass das Tier auch viel Zeit an der Erdoberfläche verbrachte. Mitautor PD Dr. Krister Smith vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt ergänzt: „Wenn Doppelschleichen so groß wie Schlangen werden könnten, dann wäre die neue Art vergleichbar mit der bis zu 13 Meter langen Titanoboa – also in der Gegenüberstellung deutlich größer als ihre nächsten Verwandten. Wir denken, dass die ungewöhnliche Körpergröße mit den höheren Temperaturen in diesem Abschnitt der Erdgeschichte zusammenhängt.“

    Mit Hilfe von Mikro-Computertomographie dokumentierte das Forschungsteam die besondere Anatomie der neuen, aus dem Eozän stammenden Art. Die Doppelschleiche zeichnet sich durch eine extreme Zahnmorphologie aus – einschließlich eines massiven Zahns im Oberkiefer, flacher Backenzähne und einer Reihe anderer Merkmale – die sie von allen anderen Amphisbaenia unterscheidet. „Rein optisch kann man sich das Tier wie einen ‚Sandwurm‘ aus den Science-Fiction-Romanen und deren Verfilmung ‚Dune‘ vorstellen. Aus dem Aufbau des Gebisses und dem ungewöhnlich dicken Zahnschmelz können wir ableiten, dass die Tiere eine enorme Muskelkraft in ihren Kiefern besaßen“, erläutert Georgalis. „Von heutigen ‚Schachbrett-Doppelschleichen‘ wissen wir, dass sie gerne Schnecken fressen, indem sie deren Gehäuse aufbrechen. Wir können nun davon ausgehen, dass sich diese Abstammungslinie schon vor über 56 Millionen Jahren auf den Verzehr von Schnecken spezialisiert hat und diese mit ihrem kräftigen Kiefer mühelos aufknacken konnte. Diese Ernährungsweise ist demnach extrem beständig – sie hat allen Umweltveränderungen getrotzt und begleitet die Abstammungslinie bis heute“, fasst Smith zusammen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Georgios Georgalis
    Institute of Systematics and Evolution of Animals, Polish Academy of Sciences, Krakow
    Tel. +48 60496 3095
    georgalis@isez.pan.krakow.pl

    Dr. Krister Smith
    Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt
    Tel. 069 7542 1218
    krister.smith@senckenberg.de


    Originalpublikation:

    Georgios L Georgalis, Krister T Smith, Laurent Marivaux, Anthony Herrel, El Mabrouk Essid, Hayet Khayati Ammar, Wissem Marzougui, Rim Temani, Rodolphe Tabuce, The world’s largest worm lizard: a new giant trogonophid (Squamata: Amphisbaenia) with extreme dental adaptations from the Eocene of Chambi, Tunisia, Zoological Journal of the Linnean Society, Volume 202, Issue 3, November 2024, zlae133, https://doi.org/10.1093/zoolinnean/zlae133


    Bilder

    Die neuentdeckte Doppelschleichen-Art ist die weltweit größte. Vermutlich ernährten sich die Tiere vor 50 Millionen Jahren vor allem von Schnecken.
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    Jaime Chirinos
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    Auch die heute lebende Schachbrett-Doppelschleiche (Trogonophis wiegmanni) ernährt sich von Schnecken.
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    Alberto Sanchez Vialas
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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