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29.11.2024 12:15

Verschuldung privater Haushalte und wachsende soziale Ungleichheit

Stefan Schwendtner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung

    Die leichte Verfügbarkeit von Krediten und komplexen Finanzprodukten für Privatpersonen hat zu einem weltweiten sozialen Wandel geführt: Der Einfluss der Finanzindustrie ist in nahezu alle Lebensbereiche vorgedrungen und spielt nicht nur beim Erwerb von Eigentum, der Erfüllung von Konsumwünschen und der Bewältigung von Krisensituationen eine Rolle. Er hinterlässt inzwischen auch Spuren, die sich in der Veränderung von Lebensstilen, Geschlechterverhältnisse und familiären Bindungen nachweisen lassen. Mit den Folgen dieser Entwicklung beschäftigt sich die Konferenz 'Household Finance in an Unequal World: Social Approaches', die vom 5.–6. Dezember am MPI für ethnologische Forschung stattfindet.

    Deregulierte Finanzmärkte und steigende private Verschuldung
    Die Liberalisierung der Finanzmärkte hat seit den 1970er Jahren zu einer grundlegenden Transformation des kapitalistischen Wirtschaftssystems geführt. In der Folge sind Macht und Bedeutung der Finanzen in Wirtschaft und Gesellschaft kontinuierlich gestiegen. Ein Teilaspekt dieses politisch gesteuerten neoliberalen Prozesses ist die Deregulierung von Kreditvergaben an private Haushalte. Diese Entwicklung hat zu einer massiven Verschuldung privater Haushalte geführt. „Im Vergleich zu den Jahren vor der globalen Finanzkrise 2007–2008 ist der jüngste Anstieg der Verschuldung in den meisten Ländern jedoch weniger dramatisch“, sagt Marek Mikuš, Leiter der Emmy-Noether-Forschungsgruppe 'Verschuldung in der Peripherie: Geld, Risiko und Politik in Osteuropa' und Organisator der Konferenz 'Household Finance in an Unequal World: Social Approaches'. „Allerdings hat die private Nutzung von Finanzprodukten und Finanzdienstleistungen weltweit ein immenses Ausmaß erreicht.“

    Die sozialen Folgen neoliberaler Finanzpolitik
    Auf der Konferenz werden sich mehr als 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in 26 Vorträgen mit den sozialen Folgen der globalen Ausweitung des Finanzsektors beschäftigen. „Es geht dabei aber nicht in erster Linie um eine Analyse des ökonomischen Systems“, sagt Mikuš. „Im Fokus steht vielmehr, wie sich das Alltagsleben von Menschen wandelt, die überall sehr leichten Zugang zu Finanzprodukten haben und von unterschiedlichen Akteuren dazu ermutigt werden, diese auch zu nutzen, um ihre Lebensumstände zu verbessern.“ So geht es zum Beispiel um junge Menschen, die mit geliehenem Geld in Kryptowährung investieren, um damit ihrem Alltag zu entkommen und einen cooleren Lebensstil zu finanzieren. Andererseits lassen sich aber auch Fälle beobachten, in denen es zu umfangreichen Formen der Solidarisierung innerhalb von Familien kommt, wenn die Schulden einzelner Familienmitglieder beglichen werden müssen.

    Finanzpolitik und soziale Ungleichheit
    Finanzielle Schulden haben für einige soziale Gruppen weit schwerwiegendere Folgen als für andere. Das zeigt ein Beitrag über den Umgang mit Darlehen in einkommensschwachen Familien in Brasilien. Das Fallbeispiel beschreibt, wie insbesondere Frauen in die Lage versetzt und ermutigt werden, sich Geld zu leihen, um Wohneigentum und alltägliche Güter wie Lebensmittel, Medikamente und Schulmaterial zu erwerben. „Dies ist ein Beispiel von vielen, anhand dessen wir zeigen können, wie die Liberalisierung der Finanzmärkte und die Allgegenwart von kreditfinanzierten Konsumanreizen zu neuen Formen sozialer Ungleichheit führen oder die alten immer weiter verstärken“, sagt Marek Mikuš. „Denn diejenigen, die über ein hohes Einkommen und finanzielle Mittel verfügen, profitieren vom gegenwärtigen Finanzsystem, für alle anderen überwiegen die Nachteile.“

    Zum vollständigen Programm der Konferenz 'Household Finance in an Unequal World: Social Approaches':
    https://web.eth.mpg.de/data_export/events/13327/24_Conference_Household_Finance_...

    Die Teilnahme per Webex ist an beiden Tagen möglich:
    https://mpi-eth.webex.com/mpi-eth/j.php?MTID=m0bcfacf5a66fd386a151c16cb1163e9c

    Dr. Marek Mikuš leitet die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte Emmy-Noether-Gruppe – 'Verschuldung in der Peripherie: Geld, Risiko und Politik in Osteuropa'
    Mehr Informationen zum Forschungsprogramm der Gruppe: https://www.eth.mpg.de/5330080/emmy_noether_mikus

    Kontakt für diese Pressemitteilung
    Dr. Marek Mikuš
    Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
    Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
    Tel.: 0345 2927-252
    mikus@eth.mpg.de

    Kontakt für die Presse
    Stefan Schwendtner
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
    Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
    Tel.: 0345 2927-425
    Mail: schwendtner@eth.mpg.de
    http://www.eth.mpg.de


    Bilder

    Die Konferenz 'Household Finance in an Unequal World: Social Approaches' findet vom 5.–6. Dezember am MPI für ethnologische Forschung statt.
    Die Konferenz 'Household Finance in an Unequal World: Social Approaches' findet vom 5.–6. Dezember a ...

    MPI für ethnologische Forschung


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Kulturwissenschaften, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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