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04.12.2024 10:40

Auf den Spuren des Megaerdbebens von 2011

Jana Nitsch Pressestelle
MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen

    Was war die Ursache des großen Tōhoku-Erdbebens von 2011, und wie können wir geologische Prozesse besser verstehen, um langfristig Küsteninfrastruktur zu schützen – zum Beispiel vor einem Tsunami wie vor 13 Jahren? Diese Fragen stehen aktuell im Fokus einer wissenschaftlichen Expedition im Rahmen des Internationalen Bohrprogramms IODP (International Ocean Discovery Program), an der auch Forschende aus dem MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen beteiligt sind.

    Seit Anfang September und noch bis 20. Dezember dieses Jahres ist ein Team internationaler Forschender auf dem japanischen Forschungsbohrschiff CHIKYU unterwegs, um durch Tiefseebohrungen den Ursachen des großen Tōhoku-Erdbebens von 2011 auf den Grund zu gehen.

    Es ist die zweite Expedition in diese Region. Nur 13 Monate nach dem großen Erdbeben, bei der Expedition IODP Expedition 343 „Japan Trench Fast Drilling Project“ (JFAST) 2012, bohrten die Forschenden durch die Plattengrenze. Der gewonnene Kern zeigte eine markante Veränderung an der Plattengrenze, einer Subduktionszone, bei der die Pazifischen Platte unter der Eurasischen Platte abtaucht. Ein installiertes Temperaturobservatorium zeigte eine Signatur von Reibungswärme vom Erdbeben.

    Das Ziel der IODP-Expedition 405 ist es jetzt, zwölf Jahre nach der ersten IODP-Fahrt zum Japangraben, die Eigenschaften, Prozesse und Bedingungen innerhalb der Subduktionszonen zu ermitteln – und wie sich diese seit JFAST verändert haben. Diese fördern ein starkes Abrutschen in den Gräben und können zur Entstehung großer Tsunamis beitragen. Während der Expedition werden physikalische Daten aus den Bohrlöchern aufgezeichnet, daneben werden Kerne gewonnen und an Bord der CHIKYU analysiert und Observatorien installiert.

    Die Forschenden werden in zwei Teams geteilt, die jeweils zwei Monate auf der CHIKYU leben und arbeiten. Dabei haben die Wissenschaftler:innen eine definierte Rolle an Bord im so genannten Core-Flow und bei den anstehenden Untersuchungen und Analysen. Im ersten Abschnitt war vom MARUM Dr. Matt Ikari als Teamleiter „Physikalische Eigenschaften“ mit an Bord. In dessen Team geht es darum, Bohrkernproben geophysikalisch zu vermessen. Dazu gehören etwa Wassergehalt, Porosität, Wärmestrom, Schallwellengeschwindigkeit und Scherfestigkeit.

    MARUM-Wissenschaftler Dr. Junli Zhang ist aktuell auf dem zweiten Fahrtabschnitt an Bord der CHIKYU. Er gehört zum Geochemie-Team, die Proben nehmen, geochemische Messungen durchführen, Daten analysieren und an den Berichten mitschreiben, wie alle Forschenden an Bord.

    Wie bei IODP-Expeditionen üblich, werden die Bohrkerne nach definierten Standards analysiert und beprobt, gleiches gilt für die Daten, die dann für alle Expeditionsteilnehmenden und später der gesamten Wissenschaftsgemeinschaft verfügbar gemacht werden.

    Darüber hinaus verfolgen die Forschenden eigene Forschungsfragen, die sie auch anhand der gewonnenen Proben und Daten beantworten möchten. „Nach der Expedition, in Zusammenarbeit mit anderen Expeditionsmitgliedern und Kollegen, plane ich mehr geotechnische Labormessungen an den Bohrkernproben. Wichtig ist, dass der Zustand des Sediments erhalten wird, damit wir einen präzisen und realistischen Blick auf die Bewegungsprozesse in den Störungszonen bekommen, in denen große Erdbeben entstehen“, erklärt Matt Ikari.

    Junli Zhang wird sich in seiner Forschung nach der Fahrt auf Porendruck und Flüssigkeitsströmungsprozesse in der Subduktionszone des Japangrabens sowie auf die Wechselwirkungen zwischen Wasser und Gestein konzentrieren. Über seine bisherigen Erfahrungen auf der CHIKYU sagte er: „Die Expedition verläuft reibungslos. Als ich auf das Schiff kam, setzten wir die Bohrarbeiten fort. In den ersten Tagen wurde ich schnell eingewiesen und erhielt eine intensive Schulung, unter anderem zum Kernfluss, zu Probenahmeverfahren und geochemischen Messungen. Das war sehr hilfreich und ermöglicht es mir, mich schnell in meine Aufgaben einzuarbeiten.“

    Hintergrundinfo zur Expedition:
    Die Expedition wird organisiert von der Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology (JAMSTEC). Beteiligt sind 56 Wissenschaftler:innen aus zehn Ländern, die in zwei Expeditionsphasen an Bord der CHIKYU arbeiten werden.
    Folgende wissenschaftliche Fragen sollen durch die Expedition beantwortet werden können:
    1) die Spannungs- und Dehnungsbedingungen innerhalb und um die Verwerfungszone herum sowie deren räumliche und zeitliche Variation,
    2) die Geologie des Untergrunds, einschließlich der physikalischen Gesteinseigenschaften, die das Gleitverhalten und die Lokalisierung der Verwerfungen beeinflussen, sowie die geologischen Aufzeichnungen vergangener Erdbeben und Tsunamis,
    3) die Hydrogeologie der Verwerfungszone – einschließlich der hydrogeologischen Struktur von Verwerfungen, Brüchen und durchlässigen Zonen an der Plattengrenze und deren Einfluss auf die effektive Spannung und die Erdbebenmechanik sowie die zeitliche Veränderung der Bedingungen.

    Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse zur Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Matt Ikari
    MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
    E-Mail: mikari@marum.de
    Infos: https://www.marum.de/Dr.-matt-ikari.html

    Dr. Junli Zhang
    MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
    E-Mail: jzhang@marum.de
    Infos: https://www.marum.de/en/Dr.-junli-zhang.html


    Weitere Informationen:

    https://www.marum.de/JTrackExp405.html MARUM-Pressemitteilung
    https://www.jamstec.go.jp/chikyu/e/exp405/index.html Expeditionswebseite
    https://japan-forward.com/aboard-the-chikyu-searching-for-new-earthquake-clues-d... Artikel zur Expedition in „Japan Forward“ (in Englisch)


    Bilder

    Das wissenschaftliche Bohrschiff CHIKYU. Foto: JAMSTEC
    Das wissenschaftliche Bohrschiff CHIKYU. Foto: JAMSTEC
    JAMSTEC
    Foto: JAMSTEC


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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