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Die DFG finanziert die Forschungsgruppe „Aschkenas in neuen Lebenswelten“ zu Juden in Mitteleuropa zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit mit voraussichtlich rund 2,5 Mio. Euro.
Ab etwa 1390 sahen sich die Jüdinnen und Juden Mitteleuropas, die sogenannten Aschkenasim, über rund 200 Jahre hinweg Vertreibungen ausgesetzt. Diese Epoche beleuchten nun insgesamt sechs Teilprojekte aus Geschichtswissenschaften, Judaistik und Digital Humanities für zunächst vier Jahre. Beteiligt sind die Universitäten Trier und Münster sowie das Ludwig Steinheim-Institut Essen. Eine weitere Förderphase ist geplant.
Aktuelle Fragen in historischer Perspektive
Viele Vertriebene zerstreuten sich im ländlichen Raum, andere siedelten sich unmittelbar bei den Städten an, die sie nun dem Anspruch nach nicht mehr betreten durften, so auch viele im Fall der Trierer Juden nach der Vertreibung aus der Stadt 1419. Wie sahen ihr Leben und ihre gesellschaftlichen Beziehungen untereinander oder zu anderen Bevölkerungsgruppen in den neuen Umgebungen aus? Was konnten sie aus ihrer alten Heimat mitnehmen, sowohl materiell als auch geistig und kulturell? Welche Anpassungsleistungen erbrachten sie und wie schlug sich dies auf ihre Lebenswelt nieder? „Solche Fragen rund um Flucht, Vertreibung und Heimatlosigkeit, die unübersehbar von großer Aktualität sind, begegnen uns in der Vormoderne noch stärker“, so Stephan Laux, Professor für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Trier und Sprecher der Forschungsgruppe.
Exemplarisch betrachten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei drei Räume: das Heilige Römische Reich, Norditalien und Polen. Als Quellen dienen unter anderem Urkunden und Gerichtsakten, kommunale Rechnungen und hebräische, also innerjüdische Überlieferungen. Ein besonderes Augenmerk gilt jenen hebräischen Handschriften, die ins Exil mitgenommen wurden oder dort entstanden. Digitale Methoden helfen, diese unterschiedlichen Gattungen zu erschließen und zu verknüpfen. Nach und nach werden diese Quellen online zur Verfügung gestellt, um zukünftige Forschung zu erleichtern.
Meilenstein für deutsche Geschichtswissenschaften
Dass eine solche großangelegte Untersuchung überhaupt zustande kommen konnte, ist keine Selbstverständlichkeit. „Die Erforschung jüdischer Geschichte durch Nicht-Juden in Deutschland ist heute zwar weit verbreitet, findet aber erst seit den 1980er-Jahren statt“, erklärt Stephan Laux. Entsprechend groß ist der Aufholbedarf. „Diese interdisziplinäre, ortsübergreifende und digital gestützte Forschungsgruppe ist daher ein echter Meilenstein.“
Eine wichtige Basis für die erfolgreiche Beantragung war das Trierer Arye Maimon-Instituts für Geschichte der Juden. Seit 1997 ist das Institut eine national wie international anerkannte Größe. „Das Know-how, das Ansehen und die Netzwerke dieser Institution waren sicherlich mitentscheidend, um die Förderung zu erhalten“, unterstreicht der Sprecher die Bedeutung der Kooperation.
Prof. Dr. Stephan Laux
Geschichtliche Landeskunde
Mail: lauxst@uni-trier.de
Tel. +49 651 201-3179
Prof. Dr. Stephan Laux aus der Landesgeschichte (l.) und Dr. Christoph Cluse aus dem Arye Maimon-Ins ...
Christopher Heine
Universität Trier
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Geschichte / Archäologie, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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