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Mit einem Blick auf den kosmischen Tanz der Sterne hat ein Team unter der Leitung von Forschenden des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) die komplizierte Struktur unserer Milchstraße entschlüsselt. Unter der Annahme, dass jeder beobachtete Stern eine größere Population von Sternen mit derselben Umlaufbahn repräsentiert, haben sie die Eigenschaften dieser verborgenen Sterne rekonstruiert und damit Lücken im Wissen über unsere galaktische Scheibe gefüllt, die die Geheimnisse der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Milchstraße birgt.
Mit jedem neuen Beobachtungsprogramm und der Erweiterung der Anzahl an beobachteten Sternen hat sich unser Verständnis der Milchstraße erheblich weiterentwickelt. Von frühen Beobachtungen bis hin zu systematischen Himmelsdurchmusterungen mit immer fortschrittlicheren weltraum- und bodengestützten Teleskopen hat jeder Meilenstein neue Schichten der komplexen Struktur und Dynamik unserer Galaxie enthüllt. Obwohl die Zahl der Sternbeobachtungen weiter zunimmt, ist unser Blick auf die Milchstraße nach wie vor stark beeinträchtigt und der Großteil der beobachtbaren Sterne ist auf die Sonnenumgebung begrenzt. Der Grund dafür liegt in der Einschränkung unserer Beobachtungsmöglichkeiten, die sich aus unserer Position in der zentralen Ebene der Milchstraßenscheibe ergibt. Unser Standort begrenzt das Volumen der potenziell beobachtbaren Sterne, je nachdem, wie hell sie erscheinen. Die beobachtete Helligkeit der Sterne wird wiederum durch Staub und Gas beeinträchtigt, welche ihr Licht blockieren oder abschwächen können, was als interstellare Extinktion bezeichnet wird.
Forschende des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) haben in Zusammenarbeit mit der Universität Wien und dem Pariser Observatorium eine innovative Methode entwickelt, um die Lücken in unserem Verständnis der Struktur der Milchstraße zu schließen. Sie haben gezeigt, dass man sich nicht nur auf die Beobachtungen einzelner Sterne stützen muss, sondern die Umlaufbahnen bekannter Sterne nutzen kann, um die Struktur und Dynamik der Galaxie zu entschlüsseln. Da sich die Sterne um das galaktische Zentrum bewegen, dienen sie als Hilfsmittel zur Kartierung von Regionen, die außerhalb der direkten Reichweite unserer Teleskope liegen, darunter auch die Gebiete auf der anderen Seite der Milchstraße. Anhand eines Modells für die Verteilung der Masse in der Milchstraße und der beobachteten Positionen und Geschwindigkeiten der Sterne berechneten sie nicht nur die Umlaufbahnen der Sterne, sondern ermittelten außerdem, wie viel Masse mit jeder Umlaufbahn verknüpft sein sollte.
Mithilfe einer neuartigen Technik, die auf eine große Anzahl von Sternen aus der APOGEE-Durchmusterung, die Teil des Sloan Digital Sky Survey ist, angewendet wurde, haben die Forschenden die stellare Kinematik in der gesamten Milchstraße kartiert. Zum ersten Mal deckten sie die komplizierten Bewegungen der Sterne in der Balkenregion im Zentrum auf, ohne dabei durch Unsicherheiten bei der Entfernungsmessung der Sterne beeinträchtigt zu werden. Durch die Rekonstruktion von Sternbahnen anhand echter Milchstraßensterne mit genau bestimmten Parametern konnte das Team so die chemischen Häufigkeiten und die Altersstruktur der Galaxie ermitteln. Dieser Ansatz überwindet die Herausforderungen, die sich durch die dichten inneren Regionen der Milchstraße und die interstellare Extinktion ergeben, und liefert ein umfassendes Bild der Sternpopulationen, einschließlich der bisher unbeobachteten Regionen auf der anderen Seite der Milchstraße.
Sergey Khoperskov, Wissenschaftler am AIP und Erstautor der Studie, erklärt: „Wir können diesen Aspekt aus einer anderen Perspektive betrachten. Stellen Sie sich vor, dass es für jeden Stern, den wir beobachten, eine große Anzahl von Sternen gibt, die genau dieselbe Umlaufbahn haben, aber aus verschiedenen Gründen nicht von der Untersuchung erfasst wurden. Wir rekonstruieren die Positionen, Geschwindigkeiten und stellaren Parameter dieser nicht sichtbaren Sterne und ergänzen so die fehlenden Teile der Galaxienstruktur.“
Die neuen Daten deuten stark darauf hin, dass sich die Milchstraße in zwei verschiedenen Phasen gebildet hat, was sich durch unterschiedliche Beziehungen zwischen Alter und der Häufigkeit chemischer Elemente in den Sternen bemerkbar macht. Die innere Scheibe, die sich weit innerhalb des Sonnenradius befindet, entstand demnach relativ schnell in den frühen Phasen der Entwicklung der Galaxie. Vor etwa 6 bis 7 Milliarden Jahren begann sich die äußere Scheibe zu bilden, wodurch sich die radiale Ausdehnung der Milchstraße schnell vergrößerte und ihre heutige Struktur entstand.
Dr. Sergey Khoperskov, 0331 7499 213, skhoperskov@aip.de
https://arxiv.org/abs/2411.15062
https://arxiv.org/abs/2411.16866
https://arxiv.org/abs/2411.18182
https://www.aip.de/media/media/mwm_promo_music.mp4
Das gesamte Sternenlicht der Milchstraße von der Seite aus gesehen, mit den Bahnen einiger echter St ...
Credit: AIP/S. Khoperskov
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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