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10.01.2025 14:40

Durchbruch in der Thermoelektrik: Magnetfelder verbessern die Kühlleistung in topologischer Materialien

Liane Schröder Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe

    Forschende am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe haben in Zusammenarbeit mit der Chongqing-Universität und dem Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik einen Durchbruch in der topologischen Thermoelektrik erzielt. In ihrer Studie, veröffentlicht in „Nature Materials“, zeigen sie eine bahnbrechende Entwicklung in der Thermoelektrik auf: Durch die Anwendung eines schwachen Magnetfeldes kann die Kühlleistung topologischer Materialien bei niedrigen Temperaturen erheblich verbessert werden. Sie markiert einen bedeutenden Fortschritt in der Magneto-Thermoelektrik, die eine kostengünstige und energieeffiziente Alternative zu traditionellen Kühlmethoden sein kann.

    Thermoelektrische Kühltechnologien sind aufgrund der Abwesenheit eines Kompressors (keine Vibrationen) vorteilhaft für Anwendungen bei niedrigen Temperaturen. Verwendet wird sie z.B. in der Raumfahrt, obwohl die Effizienz thermoelektrischer Energieumwandlung, insbesondere bei niedrigen Temperaturen, nur gering ist. Der Grund liegt in der starken Temperaturabhängigkeit des thermoelektrischen Gütefaktors (figure of merit) zT.

    In den letzten Jahren nahm Dank der weltweiten Forschungsaktivitäten bei der Entwicklung und Erforschung topologischer Materialien sowie der zugehörigen Theorie topologischer Bandstrukturen auch das Interesse an thermoelektrischen Materialien wieder zu. Verschiedene Ansätze und Ideen wurden dabei verfolgt. Eine der Ideen des internationalen Teams aus Forschenden des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe, der Chongqing-Universität und des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik erwies sich dabei als äußerst erfolgreich: Sie konnten einen bemerkenswert hohen „figure of merit“ zT-Wert von 1,7 ± 0,2 bei 180 Kelvin unter dem Einfluss eines niedrigen Magnetfelds von nur 0,7 Tesla erzielen. Dazu verwendeten sie ein einkristallines Material aus Bismut und Antimon, den topologischen Isolator Bi88Sb12. Diese Beobachtung ist umso bemerkenswerter da zT fast dreimal höher ist als ohne Magnetfeld. Außerdem übertrifft dieser „magnetische“ zT-Wert den aller bekannten thermoelektrischen Materialien für niedrige Temperaturen.

    Der entscheidende Schritt um diese hohe magnetisch-thermoelektrische Performance zu realisieren besteht darin, hochwertige Bi1–xSbx-Einkristalle zu züchten. Dies stellt eine große Herausforderung dar. Bi und Sb sind vollständig mischbar, gleichzeitig jedoch gibt eine starke Tendenz zur Phasensegregation, d.h. einer Entmischung und Bildung von Bereichen unterschiedlicher Zusammensetzung. Die Forschenden haben daher die Methode des Zonenschmelzen angewendet. In hauseigenen Geräten konnten hochwertige Einkristalle mit einer niedrigen Ladungsträgerdichte von etwa 1017 cm-3 und einer hohen Mobilität von über 4 × 105 cm²V-1s-1 bei 80 K erzeugt werden. Die hohe Ladungsträger-Mobilität ist zusammen mit der einzigartigen Banddispersion von Bi1–xSbx entscheidend für den außergewöhnlich hohen zT-Wert bzw. für die hohe magnetisch-thermoelektrische Performance von Bi88Sb12.

    Theoretische Modellierungen zeigen, dass das Dirac-Band mit seiner linearen Banddispersion eine wesentliche Rolle für einen großen magnetischen Seebeck-Effekt spielt, der durch die Zeeman-Aufspaltung aufgrund des großen Landé-g-Faktors weiter verstärkt wird. Viele topologische Materialien weisen ähnliche Eigenschaften wie eine lineare Dirac-Banddispersion und eine sehr kleine effektive Masse (sowie einen großen g-Faktor) auf. Daher wird erwartet, dass auch mit anderen neuartigen topologischen Materialien eine hohe magneto-thermoelektrische Performance erzielt werden kann. „Wir glauben, dass ein tieferes Verständnis der magneto-thermoelektrischen Eigenschaften von Bi1–xSbx die Entwicklung topologischer Thermoelektrika für Niedertemperatur-Kühlanwendungen erleichtern wird.“ So die Aussage der beiden Hauptautorinnen Yu Pan und Claudia Felser.

    Die Ergebnisse der Studie beruhen also auf der Idee, kleine Magnetfelder zu nutzen, um die Performance in thermoelektrische Anwendungen erheblich zu steigern. Besonders bemerkenswert ist, dass hohe zT-Werte bereits in relativ niedrigen Magnetfeldern zu erreichen sind. Da solche Felder mit konventionellen Permanentmagneten erzeugt werden können, eröffnet sich damit eine neue Perspektive für kostengünstige und effiziente thermoelektrische Kühlgeräte. Die Beobachtungen motivieren zudem weitere Studien zur Erforschung anderer topologischer Materialien mit ähnlichen Eigenschaften. Es zeigen sich bereits Möglichkeiten auf, wie die thermoelektrische Performance in diesen Substanzen zu noch höheren Werten verschoben werden könnte.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Claudia.Felser@cpfs.mpg.de
    Yu.Pan@cpfs.mpg.de


    Originalpublikation:

    Yu Pan, Bin He, Xiaolong Feng, Fan Li, Dong Chen, Ulrich Burkhardt, Claudia Felser
    A magneto-thermoelectric with a high figure of merit in topological insulator Bi88Sb12
    Nat. Mater. 24, 76–82 (2025).
    s41563-024-02059-9

    A weak magnetic field enhances the thermoelectric performance of topological materials.
    Yu Pan, Claudia Felser
    Nat. Mater. 24, 20–21 (2025).
    s41563-024-02070-0


    Weitere Informationen:

    https://www.nature.com/articles/s41563-024-02059-9
    https://www.nature.com/articles/s41563-024-02070-0
    https://www.cpfs.mpg.de/3698623/20250106a


    Bilder

    In Einkristallen des toplogischen Isolators Bi88Sb12 wird ein hoher thermoelektrischer Gütefaktor (figure of merit) zT von 1,7 erreicht. Die Grafik zeigt die Temperaturabhängigkeit von zT in Magnetfeldstärken von Null und 0,7 Tesla.
    In Einkristallen des toplogischen Isolators Bi88Sb12 wird ein hoher thermoelektrischer Gütefaktor (f ...
    Yu Pan
    Nature materials / MPI CPfS


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Chemie, Energie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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