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Wissenschaft
Mit dem MIRI-Instrument an Bord des James-Webb-Weltraumteleskops gelang es einem internationalen Team von Wissenschaftlern zum ersten Mal, einen Strahlungsausbruch (Flare) von Sagittarius A*, dem supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße, im mittleren Infrarotbereich nachzuweisen. Bei gleichzeitigen Radiobeobachtungen fand das Team ein zeitlich verzögertes Gegenstück des Ausbruchs im Radiobereich. Erstautor der Veröffentlichung ist Sebastiano von Fellenberg vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.
Wissenschaftler beobachten Sagittarius A* (Sgr A*) - ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße, das etwa vier Millionen Mal mehr Masse hat als die Sonne - seit den frühen 1990er Jahren. Sgr A* zeigt regelmäßig Strahlungsausbrüche (Flares), die in verschiedenen Wellenlängen beobachtet werden können, so dass die Wissenschaftler verschiedene Ansichten desselben Ausbruchs sehen und besser verstehen können, wie es Strahlung aussendet und wie diese Emission erzeugt wird. Trotz einer langen Reihe erfolgreicher Beobachtungen und sogar einer Aufnahme des kosmischen Ungetüms durch das Event Horizon Telescope im Jahr 2022 fehlte bisher ein entscheidendes Teil des Puzzles - Beobachtungen im mittleren Infrarot (Mid-IR).
Infrarotlicht (IR) ist eine Art von elektromagnetischer Strahlung, die längere Wellenlängen als sichtbares Licht hat, aber kürzere Wellenlängen als die Radiostrahlung. Das mittlere Infrarot liegt in der Mitte des Infrarotspektrums und ermöglicht den Astronomen die Beobachtung von Objekten, wie z. B. Flares, die in anderen Wellenlängenbereichen aufgrund von undurchdringlichem Staub oft nur schwer zu beobachten sind. Bis zur gegenwärtigen Studie hatte noch kein Team die Variabilität von Sgr A* im Mid-IR erfolgreich nachgewiesen, was eine Lücke im Verständnis der Wissenschaftler über die Ursachen der Flares hinterlässt und die Frage aufwirft, ob die theoretischen Modelle vollständig sind.
„Der Ausbruch von Sgr A* entwickelt und verändert sich schnell, innerhalb weniger Stunden, und nicht alle diese Veränderungen können bei jeder Wellenlänge gesehen werden“, sagt Joseph Michail, einer der Hauptautoren der Studie und Postdoktorand am Harvard CfA. „Seit über 20 Jahren wissen wir, was im Radio und was im nahen Infrarot passiert, aber die Verbindung zwischen beiden war nie 100%ig klar oder sicher. Diese neue Beobachtung im mittleren Infrarot füllt diese Lücke und verbindet die beiden Bereiche.“
Die Wissenschaftler sind sich nicht vollständig sicher, was die Ursachen für die Ausbrüche sind. Daher stützen sie sich auf Modelle und Simulationen, die sie mit Beobachtungen vergleichen, um zu verstehen, woher sie kommen. Viele Simulationen deuten darauf hin, dass die Flares in Sgr A* durch die Bündelung von Magnetfeldlinien in der turbulenten Akkretionsscheibe des supermassereichen Schwarzen Lochs verursacht werden. Wenn sich zwei Magnetfeldlinien einander nähern, können sie sich miteinander verknüpfen und dadurch eine große Menge ihrer Energie freisetzen. Das Nebenprodukt dieser magnetischen Verknüpfung - Synchrotronemission - tritt auf, wenn sich energiereiche Elektronen mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit entlang der Magnetfeldlinien des supermassereichen Schwarzen Lochs bewegen. Sie emittieren hochenergetische Strahlungsphotonen, die den Strahlungsausbruch antreiben.
Da der mittlere Infrarot-Spektralbereich zwischen dem Submillimeterbereich und dem nahen Infrarot (NIR) liegt, bleiben Fragen zu der Rolle der Elektronen, die abkühlen müssen, um Energie für die Flares freizusetzen. Die neuen Beobachtungen stimmen mit bereits bestehenden Modellen und Simulationen überein und liefern einen weiteren starken Beweis für die Theorie, was hinter den Ausbrüchen steckt.
„Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen der beobachteten Variabilität bei Millimeter-Wellenlängen und der beobachteten Emission der Strahlungsausbrüche im mittleren Infrarotbereich geben könnte“, sagt Sebastiano von Fellenberg, Postdoktorand am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) und Hauptautor der neuen Studie. Er fügt hinzu, dass die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, Multi-Wellenlängen-Untersuchungen nicht nur von Sgr A*, sondern auch von anderen supermassereichen Schwarzen Löchern wie M87* durchzuführen, um ein klares Bild davon zu bekommen, was wirklich innerhalb und außerhalb der zentralen Scheiben von Gas und Staub (Akkretionsscheiben) geschieht.
„Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Emission von Sgr A* im mittleren Infrarot tatsächlich von der Synchrotronemission kühlender Elektronen herrührt, aber wir müssen noch mehr über die magnetische Verknüpfung und die Turbulenzen in der Akkretionsscheibe von Sgr A* verstehen“, sagt von Fellenberg. „Dieser allererste Nachweis im mittleren Infrarot und die mit dem Submillimeter Array beobachtete Variabilität haben nicht nur eine Lücke in unserem Verständnis der Ursache des Ausbruchs in Sgr A* geschlossen, sondern auch eine neue, wichtige Forschungsrichtung eröffnet.“
Gleichzeitige Beobachtungen mit dem Submillimeter-Array (SMA), dem „Nuclear Spectroscopic Telescope Array“ (NuSTAR) und dem Chandra-Röntgenobservatorium lieferten einen weiteren Teil der Informationen. Bei den Röntgenbeobachtungen wurde kein Flare entdeckt, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass dieser spezielle Flare die Elektronen nicht auf so hohe Energien beschleunigt, wie es bei anderen Strahlungsausbrüchen der Fall ist. Das Team war jedoch erfolgreich bei Beobachtungen mit dem Submillimeter-Array, mit denen ein Millimeterwellen-Flare entdeckte wurde, der zeitlich etwa 10 Minuten hinter dem Ausbruch im Mid-IR-Bereich lag.
„Die Arbeit an der Reduktion und Kalibrierung der Daten von James Webb - einem der besten Teleskope, die wir derzeit zur Verfügung haben - war ein Traum, der für mich wahr geworden ist, und ich bin dem Deutschen Akademischen Austauschdienst sehr dankbar, dass er mein Praktikum zu diesem Projekt am MPIfR in Bonn während des Sommers finanziert hat, unter der großartigen Betreuung von Sebastiano von Fellenberg und Gunther Witzel. Ich freue mich darauf, nach meinem Abschluss in diesem Jahr auf diesem Gebiet weiterzuarbeiten und zu promovieren“, sagt Tamojeet Roychowdhury, derzeit Student am Indian Institute of Technology in Bombay.
„Wir erstellen ein immer detaillierteres Bild der Prozesse, die in der unmittelbaren Umgebung eines supermassereichen Schwarzen Lochs ablaufen. Die Qualität unserer Daten im mittleren Infrarot ist ein weiterer Beweis für die enormen technischen Möglichkeiten des James Webb Space Telescope“, schließt Gunther Witzel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am MPIfR und Ko-autor der Veröffentlichung.
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Weitere Informationen
JWST: Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung mit einem Hauptspiegel von 6,50 m Durchmesser. Es ist ein internationales Projekt unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).
MIRI (Mid-Infrared Instrument) ist ein Instrument auf dem James Webb Space Telescope. Es umfasst eine Kamera und einen Spektrographen, die Strahlung im mittleren bis fernen Infrarotbereich zwischen 5 und 28 Mikrometern beobachten. Das MIRI-Konsortium besteht aus den ESA-Mitgliedstaaten Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Irland, den Niederlanden, Spanien, Schweden, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Die Arbeit des Konsortiums wird von den nationalen Wissenschaftsorganisationen finanziert, in Deutschland von der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die beteiligten deutschen Institutionen sind das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, die Universität Köln und die Hensoldt AG in Oberkochen (ehemals Carl Zeiss Optronics).
SMA: Das Submillimeter-Array (SMA) auf dem Gipfel des Mauna Kea/Hawaii besteht aus acht Parabolspiegeln, die zusammen als Radioteleskop-Netzwerk arbeiten. Das SMA wird gemeinsam vom CfA und der Academia Sinica in Taiwan betrieben.
NUSTAR: Das „Nuclear Spectroscopic Telescope Array“ von NASA/JPL untersucht das Universum in hochenergetischer Röntgenstrahlung, um die Dynamik von schwarzen Löchern, explodierenden Sternen und extrem aktiven Galaxien besser zu verstehen.
Chandra: Das Chandra-Röntgenobservatorium der NASA ist das zur Zeit leistungsstärkste Röntgenteleskop. Es verfügt über eine achtmal höhere Auflösung und ist in der Lage, Quellen zu entdecken, die mehr als 20-mal schwächer sind als alle bisherigen Röntgenteleskope.
Harvard CfA: Das Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian ist eine Kollaboration zwischen Harvard und der Smithsonian-Forschungseinrichtung mit dem Ziel, große bisher ungelöste Fragen der Menschheit über die Natur des Universums zu stellen - und letztendlich zu beantworten. Das Center for Astrophysics hat seinen Hauptsitz in Cambridge, MA, und verfügt über Forschungseinrichtungen in den USA und der ganzen Welt.
Das Forschungsteam umfasst Sebastiano Daniel von Fellenberg, Tamojeet Roychowdhury, Joseph M. Michail, Zach Sumners, Grace Sanger-Johnson, Giovanni G. Fazio, Daryl Haggard, Joseph L. Hora, Alexander Philippov, Bart Ripperda, Howard A. Smith, S. P. Willner, Gunther Witzel, Shuo Zhang, Eric E. Becklin, Geoffrey C. Bower, Sunil Chandra, Tuan Do, Mark A. Gurwell, Nicole M. Ford, Kazuhiro Hada, Sera Markoff, Mark R. Morris, Joey Neilsen, Nadeen B. Sabha, und Braden Seefeldt-Gail. Die ersten beiden Autoren, Sebastiano von Fellenberg und Tamojeet Roychowdhury, und ebenso Gunther Witzel sind Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR). Tamojeet Roychowdhury wurde vom Deutschen Astronomischen Austauschdienst (DAAD) im Rahmen eines Praktikumsprojekts am MPIfR unterstützt.
Dr. Sebastiano Daniel von Fellenberg
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
Fon: +49 228 525-456
E-mail: sfellenberg@mpifr-bonn.mpg.de
Dr. Gunther Witzel
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
Fon: +49 228 525-358
E-mail: gwitzel@mpifr-bonn.mpg.de
First mid-infrared detection and modeling of a flare from Sgr A*, von Sebastiano D. von Fellenberg et al., veröffentlicht in: The Astrophysical Journal Letters, 14. Januar 2025 (DOI: xxx).
Preprint auf arXiv-Server: http://arxiv.org/abs/2501.07415
https://www.mpifr-bonn.mpg.de/pressemeldungen/2025/1
Lichtkurve und drei Bilder von Sgr A*, beobachtet am 06. April 2024 mit MIRI am JWST. A, B und C zei ...
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NASA/Goddard Space Flight Center/Chris Gunn (MIRI). NASA (JWST)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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