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Staatliche Instrumente der Studienfinanzierung werden in Deutschland weiterhin wenig in Anspruch genommen. Wie eine aktuelle Auswertung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung zeigt, beziehen über 83 Prozent der Studierenden kein Geld aus staatlichen Angeboten wie BAföG, Stipendien oder Studienkrediten. Zur Verbesserung der finanziellen Bildungsförderung empfiehlt das CHE politische Maßnahmen.
Staatliche finanzielle Unterstützung erreicht nur wenige
Im Jahr 2023 erhielten nur maximal 16,9 Prozent der Studierenden in Deutschland finanzielle Unterstützung aus staatlichen Mitteln. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einer Steigerung von weniger als einem Prozentpunkt, die vor allem auf einem Aufwuchs der BAföG-Geförderten nach der 27. BAföG-Reform beruht.
Rund 360.000 Studierende erhielten 2023 eine BAföG-Förderung. Das entspricht einem Anteil von rund 12,55 Prozent. Zusätzlich wurden 67.933 Personen (2,37 Prozent) im Rahmen eines Stipendiums wie dem Aufstiegsstipendium, dem Deutschlandstipendium oder einem Stipendium eines Begabtenförderungswerks gefördert. 56.863 Studierende (1,98 Prozent) nahmen einen staatlichen Studienkredit in Anspruch.
Bereits zum zweiten Mal stellt das CHE in einem CHECK die Nutzungszahlen aller staatlichen Finanzierungsmöglichkeiten von Studierenden auf Bundes- und Länderebene zusammen. Quellen für die Zahlen sind unter anderem das statistische Bundesamt, das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie Selbstauskünfte der Anbieter auf Anfrage des CHE.
„So erfreulich es ist, dass die BAföG-Zahlen zuletzt leicht gestiegen sind: 87,5 % der Studierenden erhalten weiter kein BAföG. Das wichtigste Finanzierungsangebot des Landes ist weiterhin nicht auf der Höhe der Zeit, es passt nicht mehr zur Lebensrealität der Studierenden“, urteilt Ulrich Müller, Leiter politische Analysen beim CHE. „Während sich die Hochschulwelt weiterentwickelt hat, sind die staatlichen Fördermittel stehen geblieben. Die finanzielle Absicherung von Studierenden hängt aktuell vor allem an der Unterstützung im familiären Umfeld und an ihrer Eigeninitiative, sprich: der Möglichkeit, einen Nebenjob nachzugehen.“
Regionale Unterschiede bei der Förderung sichtbar
Große Unterschiede zeigen sich auch weiterhin in den BAföG-Förderquoten auf Länderebene. Während in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern rund jede*r fünfte Studierende BAföG erhält, sind es in anderen Bundesländern wie Hamburg, Saarland und Thüringen nur rund zehn Prozent.
„Diese Unterschiede lassen sich nicht allein mit der Wirtschaftskraft der Länder erklären, die Gründe sind komplexer“, betont Müller. Die Spannbreite der Zahlen deuten auf Probleme bei der Bekanntheit und Akzeptanz hin, verstärkt durch unzureichende Transparenz und Kommunikation.
Politische Maßnahmen statt stiller Akzeptanz
„Seit Jahren sehen wir bei BAföG & Co. immensen Reformbedarf und geringe Abrufzahlen. Insbesondere der KfW-Studienkredit und der Bildungskredit gehen der Bedeutungslosigkeit entgegen. Es scheint, als hätten Studierende und Politiker*innen stillschweigend akzeptiert, dass die Sicherung der Studienfinanzierung keine Aufgabe des Staates, sondern Privatsache der Studieninteressierten ist“, resümiert Ulrich Müller.
Der Experte für Studienfinanzierung beim CHE veranschaulicht die Situation: „Wenn im öffentlichen Nahverkehr eine wichtige Bahnlinie nicht zuverlässig fährt oder am Bedarf vorbeigeplant wird, steigen die Nutzer*innen auf das Auto um. Das heißt aber nicht, dass die Bahn überflüssig ist – sie muss vielmehr dringend an die Bedürfnisse der Fahrgäste angepasst werden. Den gleichen Fall sehen wir auch beim BAföG oder beim KfW-Studienkredit. Zukunfts- und bedarfsorientierte staatliche Studienfinanzierung sieht anders aus.“
Für die kommende Bundesregierung sieht der Leiter politische Analysen aufgrund der aktuellen Zahlen deshalb akuten Handlungsbedarf: Zum einen muss die BAföG-Förderung zeitgemäß werden und sich an der aktuellen Lebensrealität von Studierenden orientieren. Außerdem sollten staatliche Förderungen zu einem umfassenden und in sich flexiblen student-funding-System gebündelt werden. Als dritten und wichtigsten Aspekt sollte Studierenden Orientierung und Erwartungssicherheit in Finanzierungsfragen geboten werden.
Über die Publikation
Der vorliegende CHECK Studienfinanzierung bietet einen schnellen visuellen Überblick über die verschiedenen Fördermittel und deren faktische Bedeutung für die Studienfinanzierung in Deutschland. Für den aktuellen CHECK wurden die aktuellen Daten in Deutschland aus dem Jahr 2023 aus verschiedenen Quellen zusammengestellt. Autor der Publikation „CHECK – Studienfinanzierung in Deutschland – Update 2025“ ist Ulrich Müller.
Über das CHE Centrum für Hochschulentwicklung
Das CHE ist ein führender Think Tank für die Hochschullandschaft mit mehr als 30 Jahren Erfahrung. Im deutschen Hochschulsystem ist der Ansatz des CHE einzigartig: Es kombiniert empirische Evidenz, Lösungsentwicklung und Umsetzung unter einem Dach. Der Sitz der gemeinnützigen Einrichtung ist in Gütersloh. Gesellschafter sind die Bertelsmann Stiftung und die Hochschulrektorenkonferenz.
Ulrich Müller
Leiter politische Analysen
CHE Centrum für Hochschulentwicklung
Tel. 05241 9761-56
E-Mail: ulrich.mueller@che.de
Müller, Ulrich: CHECK - Studienfinanzierung in Deutschland - Update Januar 2025, Gütersloh, CHE, 2025, 31 Seiten., ISBN 978-3-911128-17-9
https://www.che.de/download/check-studienfinanzierung-2025/ - Link zur Publikation
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
fachunabhängig
überregional
Forschungsergebnisse, Studium und Lehre
Deutsch
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