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24.01.2025 11:29

Mehr Tempo, Vergleichbarkeit und Präzision in der Fehleranalyse mikroelektronischer Bauteile durch Einsatz von KI

Michael Kraft Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS

    Die Qualitätssicherung für moderne Mikroelektronik ist nur möglich, wenn auch leistungsfähige Techniken für Defektscreening und Fehlerdiagnostik verfügbar sind. Maschinelles Lernen (ML) und Künstliche Intelligenz (KI) könnten dabei unterstützen, bisher fehlen aber oft geeignete Datenstrukturen und Auswerteroutinen. Im Projekt »FA2IR« arbeitet das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) gemeinsam mit Partnern an Lösungen, um digitale Tools konsequent für die Fehleranalyse zu erschließen. Automatisierte, KI-gestützte Analyse soll die Subjektivität reduzieren, die Entwicklungszeiten verkürzen und die Produktqualität verbessern.

    Autonomes Fahren, nachhaltige Energiesysteme, moderne Medizintechnik: All dies braucht leistungsfähige Mikroelektronik. Innovative technologische Konzepte, die dazugehörigen Herstellungsprozesse sowie Materialien und Materialkombinationen eröffnen dabei neue Horizonte. Jedoch bergen diese veränderten Randbedingungen auch das Risiko neuer Fehler- und Versagensmechanismen, weshalb auf materialwissenschaftlicher Ebene vollkommen neue Fragestellungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Qualitätssicherung entstehen. Ein wesentlicher Fokus besteht dabei in der Erforschung von Materialwechselwirkungen, um sowohl die Herstellungsprozesse als auch die Technologien zu optimieren. Mit der Weiterentwicklung der Mikroelektronik müssen daher auch die Techniken der Fehleranalyse und der Qualitätsbewertung Schritt halten.

    »Moderne Elektroniksysteme werden immer komplexer, kleiner und dabei leistungsfähiger. Damit dies gelingen kann, sind wirksame Analysetechniken elementar. Sie unterstützen Hersteller schon in der Produktentwicklung und stellen sicher, dass Bauteile im Einsatz die gewünschte Performance, Robustheit und Zuverlässigkeit über die gesamte Lebensdauer bieten«, sagt Dr. Sebastian Brand, Teamleiter »Zerstörungsfreie Diagnostik« am Fraunhofer IMWS.

    Um diese Herausforderungen effizient zu bewältigen, können ML- und KI-Methoden sehr hilfreich sein. Statt der heute üblichen, eher manuellen Fehleranalyse und der Interpretation der Messdaten auf Basis individueller Erfahrungswerte erlaubt der Einsatz von KI-basierten Algorithmen, dass Daten automatisiert ausgewertet und miteinander verknüpft werden – womit ein Gewinn an Effizienz und Präzision einhergeht.

    Das Problem dabei ist: Während KI und ML in den vergangenen Jahren so leistungsfähig geworden sind, dass sie einen erheblichen Mehrwert speziell in der Datenanalyse bieten können, benötigt es neben den entsprechenden Trainingsdaten auch eine standardisierte Infrastruktur zur Datenverwaltung und dem notwendigen Handling, um die Potenziale zu erschließen. »Wir konnten in Vorgängerprojekten zeigen, wie wertvoll Deep-Learning-Ansätze für die zerstörungsfreie Charakterisierung von Werkstoffen und das Verständnis von Degradationsmechanismen und Fehlerbildung sein können. Für eine flächendeckende Anwendung fehlen aber an vielen Stellen weitere Daten. Genauso mangelt es an spezifischen Auswertealgorithmen, standardisierten Schnittstellen, um einen Austausch zwischen verschiedenen Diagnostikgeräten möglich zu machen, oder geeigneten Cloud-Computing-Systemen für eine sichere und schnelle Auswertung und Nutzung großer und komplexer Datenmengen«, sagt Brand.

    Hier will das europäische XCES-Projekt »Failure Analysis – AI-Readiness and Application (FA2IR)« die entsprechenden Lösungen schaffen. Im bis Ende 2026 laufenden und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt soll der Weg bereitet werden, um maschinelles Lernen ganzheitlich für Fehleranalysen einsetzen zu können. Angestrebt werden dabei beispielsweise die konsequente und koordinierte Digitalisierung aller Analyseprozesse, Lösungen für Datenmanagement und Intra-Tool-Kommunikation mit einem allgemein akzeptierten Format für Meta- und Rohdaten und standardisierbaren Schnittstellen sowie die Einrichtung umfassender Datenbanken mit zuverlässigkeitsrelevanten Material- und Fehlerinformationen. Ein zentraler Baustein ist die automatisierte, durch KI-Methoden unterstützte Interpretation von Analyseergebnissen und deren Verknüpfung mit vorhandenem Wissen, das in Form solcher Fehleranalysedatenbanken vorliegt.

    Insgesamt soll eine umfassende und vollständig integrierte Umgebung für die Verarbeitung und Verwaltung digitaler Daten, Algorithmen, Methoden und Modelle für maschinelles Lernen ermöglicht werden, die global anwendbar sind und dynamisch auf neue Daten und Fälle erweitert werden können. Dafür haben Infineon, Bosch, Zeiss, PVA TePla AS GmbH, Matworks GmbH, die Universität Stuttgart und das Fraunhofer IWMS ihre Kompetenzen gebündelt, dazu kommen Partner aus Schweden, den Niederlanden und Frankreich.
    Brand beschreibt ein Szenario künftiger Lösungen: »Aus bereits vorhandenen Fehlerkatalogen, Datenbanken und Literatur werden mittels natürlicher Sprachverarbeitung Daten in einem definierten Format abgeleitet und dem Fehleranalyse-Ingenieur als Wissensbasis zur Verfügung gestellt. So können bereits bekannte Fehlermodi und Degradationsmechanismen schneller identifiziert und verifiziert werden. Messdaten wie elektrische Kennlinien, Signalverläufe, Spektren und mikroskopische Bilder können kombiniert ausgewertet und Defekte schneller und sicherer erkannt werden. Ultimatives Ziel ist es, maschinelle Lernmodelle zu trainieren, die schließlich einen Defekt und dessen Ursache in einer Probe mit minimalem Analyseaufwand und personellem Einsatz identifizieren. Ein großer Vorteil besteht auch darin, dass die menschliche Beeinflussung bei der Dateninterpretation reduziert wird und Expertenwissen auch für ungeübtes Personal leichter angewendet werden kann.«

    Die Automatisierung von Fehlerlokalisierung, -erkennung und -klassifizierung kann erheblich dazu beitragen, die Subjektivität der Interpretationsergebnisse von komplizierten und mehrdimensionalen Messdaten zu reduzieren. Darauf liegt im Projekt einer der Schwerpunkte des Fraunhofer IMWS. Besonderes Augenmerk gilt dabei auch der Signalauswertung von zerstörungsfreien Methoden wie der akustischen Mikroskopie und Lock-In-Thermographie.

    »Ich bin überzeugt, dass KI bessere und schnellere Ergebnisse in der Fehlerdiagnostik bringen wird. Insbesondere bei komplexen Fehlermodi können die von uns angestrebten Lösungen kürzere Entwicklungszeiten, schnellere Markteinführung sowie verbesserte Qualität der Produkte möglich machen. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die europäische Industrie in wichtigen Zukunftsfeldern wettbewerbsfähig bleibt und dass neue Technologien auch Akzeptanz finden, weil ihre Zuverlässigkeit nachgewiesen ist«, sagt Brand.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Sebastian Brand; Teamleiter »Zerstörungsfreie Diagnostik«; Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS; Telefon +49 345 5589-193; sebastian.brand@imws.fraunhofer.de


    Weitere Informationen:

    https://www.imws.fraunhofer.de/de/kompetenzfelder/mikroelektronik/aktuelle-forsc...


    Bilder

    Bei Methoden der zerstörungsfreien Inspektion (hier akustische Mikroskopie) kann die Fehleranalyse durch KI ebenfalls beschleunigt werden.
    Bei Methoden der zerstörungsfreien Inspektion (hier akustische Mikroskopie) kann die Fehleranalyse d ...

    Fraunhofer IMWS


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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