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29.01.2025 11:26

Cannabiswirkstoff CBD reduziert das Verlangen nach Alkohol bei alkoholerkrankten Menschen

Torsten Lauer Referat Kommunikation und Medien
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit

    Eine neue Studie zeigt, dass Cannabidiol (CBD) bei alkoholerkrankten Menschen das Verlangen nach Alkohol verringern kann. CBD ist ein natürlicher Bestandteil der Cannabispflanze und hat keine berauschenden Effekte. Mit ihrer ICONIC-Studie erbringen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den ersten Beleg dafür, dass dieser Cannabiswirkstoff bei Alkoholproblemen helfen könnte. Das Team hat seine Studienergebnisse kürzlich in der Fachzeitschrift Molecular Psychiatry veröffentlicht.

    Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) haben untersucht, wie CBD das Verlangen nach Alkohol und die Gehirnaktivität bei Menschen mit Alkoholkonsumstörung beeinflusst.

    Erste klinische Studie mit CBD

    Alkoholbezogene Erkrankungen gehen mit einem hohen Leidensdruck einher und gehören mit zu den häufigsten und verheerendsten Erkrankungen weltweit. Trotzdem sind nur wenige Medikamente für ihre Behandlung zugelassen. Derzeit wird die Mehrheit der Patientinnen und Patienten rückfällig, selbst wenn sie mit Medikamenten zur Rückfallprävention behandelt werden, was die Notwendigkeit der Entwicklung neuer pharmakologischer Behandlungen unterstreicht. Präklinische Untersuchungen haben gezeigt, dass CBD vielversprechend sein könnte, da es den Alkoholkonsum bei Versuchstieren signifikant reduzieren konnte. Allerdings fehlte es bisher an klinischen Studien am Menschen. Die ICONIC-Studie (Investigation of the effects of Cannabidiol ON cue-InduCed alcohol craving and nucleus accumbens activation) füllt diese Lücke.

    Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten, wie CBD das durch Alkoholreize ausgelöste Verlangen nach Alkohol und die Hirnaktivität im Nucleus accumbens (NAc) beeinflusst – beim NAc handelt es sich um eine Hirnregion, die mit Belohnung und Sucht in Verbindung steht.

    Tests auch in Bar-ähnlicher Umgebung

    Die doppelblinde, randomisierte und kontrollierte Studie umfasste 28 Personen im Alter von 18 bis 60 Jahren mit leichter bis schwerer alkoholbedingter Erkrankung und wurde am ZI in Mannheim durchgeführt. Die Forschenden teilten die Teilnehmenden in zwei Gruppen ein. Einer Gruppe verabreichten sie eine Einzeldosis 800 mg CBD, die andere erhielt ein Placebo. Die Probandinnen und Probanden nahmen anschließend an verschiedenen Tests teil, bei denen sie zum Beispiel Alkoholreizen oder Stress ausgesetzt wurden. Dabei wurden Ihnen etwa alkoholbezogene Bilder gezeigt oder in eine Umgebung gebeten, die einer Bar ähnelte. Sie bewerteten ihr Verlangen nach Alkohol anhand von Fragebögen. Ihre Gehirnaktivität wurde mit Hilfe eines Magnetresonanztomographen gemessen.

    CBD beeinflusst Belohnungszentrum im Gehirn

    Die Studie zeigt, dass diejenigen, die CBD erhielten, über ein deutlich geringeres Alkoholverlangen im Vergleich zur Placebogruppe berichteten. Zudem stellten die Autorinnen und Autoren fest, dass bei Personen, die CBD einnahmen, der NAc, also das „Belohnungszentrum des Gehirns“, deutlich weniger aktiviert wurde. Eine geringere Aktivität im NAc steht mit einem geringeren Alkoholverlangen und einer geringeren Rückfallwahrscheinlichkeit in Zusammenhang. Die Autorinnen und Autoren konnten darüber hinaus aufzeigen, dass höhere CBD-Spiegel im Blut mit einem geringeren Alkoholverlangen und einer geringeren Aktivierung im NAc einhergingen.

    „Unsere Studie liefert erste und deutliche Hinweise darauf, dass Cannabidiol dazu beitragen kann, das Verlangen nach Alkohol zu verringern und die mit der Sucht zusammenhängende Gehirnaktivität zu verändern“, fasst Prof. Dr. Dr. Patrick Bach, Arbeitsgruppenleiter an der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin am ZI, die Ergebnisse zusammen. Wissenschaftlerin Sina Vetter ergänzt: „Es sind allerdings weitere Forschungsaktivitäten notwendig, um wichtige Fragestellungen – die nicht Gegenstand der Studie waren – zu beantworten, wie etwa, ob die Ergebnisse allgemein anwendbar sind und die Wirkung von CBD im Laufe der Zeit stabil bleibt.“

    Derzeit bereitet das Forschendenteam eine Studie vor, die auch auf den Erkenntnissen der ICONIC-Studie aufbaut. In der ICONICplus-Studie wird es den Mehrwert einer Behandlung mit CBD und Naltrexon im Vergleich zu etablierten Standardbehandlungen bei Alkoholabhängigkeit untersuchen.


    Originalpublikation:

    Zimmermann S., Teetzmann A., Baeßler J., Schreckenberger L., Zaiser J., Pfisterer M., Stenger M., Bach P.: Acute cannabidiol administration reduces alcohol craving and cue-induced nucleus accumbens activation in individuals with alcohol use disorder: the double-blind randomized controlled ICONIC trial. Molecular Psychiatry. 2024, doi: 10.1038/s41380-024-02869-y


    Weitere Informationen:

    https://www.nature.com/articles/s41380-024-02869-y


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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