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Wissenschaft
Forderungen der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs zur Bundestagswahl 2025
Berlin, 4. Februar 2025 – Pro Jahr erkranken in Deutschland etwa 16.500 junge Menschen zwischen 18 und 39 Jahren an Krebs. Eine Krebsdiagnose bedeutet für diese Patient:innen einen gravierenden Einschnitt in die gesamte Lebens- und Zukunftsplanung. Anlässlich des Weltkrebstages möchte die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs auf die vielfältigen Problemlagen aufmerksam machen. Denn: Die Betroffenen sind über die originär medizinischen Aspekte hinaus beispielweise mit sozialrechtlichen Problemen konfrontiert. Der dringende Appell an die politischen Akteure ist, sich der Probleme bewusst zu werden und sich für den Abbau von Diskriminierung einzusetzen, zum Beispiel mit Blick auf den Themenkomplex „Recht auf Vergessenwerden“.
Junge Betroffene befinden sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung in der Regel mitten im Aufbau ihrer Existenz. Dazu zählen zum Beispiel der Beginn einer beruflichen Karriere, die Ablösung vom Elternhaus, der Aufbau von partnerschaftlichen Beziehungen bis hin zur Familienplanung. Die Krebserkrankung und die oft tiefgreifenden Therapien bedingen häufig zwangsläufig eine Unterbrechung der Identitätsfindung und damit eine erneute Zunahme von Fremdbestimmung und Abhängigkeit. Anstatt sich vollständig auf ihre Genesung konzentrieren zu können, rücken Fragen der finanziellen und sozialen Absicherung in den Vordergrund. Patient:innen, die vor der Erkrankung keiner sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgegangen sind und sich in Ausbildungs- oder Übergangszeiträumen befinden, haben damit keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung und Krankengeld. So bricht zum Beispiel Studierenden, die BAföG erhalten oder sich mit geringfügigen Nebentätigkeiten ihr Leben finanzieren, von einem Tag auf den anderen ihre gesamte finanzielle Grundlage weg.
Ähnlich hart trifft es junge Betroffene, die erst kurz in einem Arbeitsverhältnis stehen. Sie erhalten zwar Krankengeld, werden nach dessen Auslaufen aber nicht selten „ausgesteuert“ und damit in die Erwerbsminderung gedrängt. Dies ist besonders problematisch, da die wenigsten von ihnen bereits in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen oder finanzielle Rücklagen bilden konnten. Auch Betroffene, die den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben, stehen vor diesen Herausforderungen. Wer nicht privat vorgesorgt hat oder auf finanzielle Unterstützung durch Familie, Freunde und Bekannte zurückgreifen kann, fällt schnell durchs Raster.
Auch im Anschluss an die Therapien beginnt oft ein steiniger Weg zurück in ein sinnerfülltes Leben. Denn: Das Stigma ihrer Krebserkrankung lastet ein Leben lang auf den Betroffenen. So erfahren sie noch Jahre nach Ende der Behandlungen Diskriminierungen in vielerlei Hinsicht, obwohl sie laut Heilungsbewährung (in der Regel fünf Jahre Rezidivfreiheit) längst als gesund gelten. Benachteiligungen gibt es unter anderem beim Abschluss von Versicherungen, der Vergabe von Krediten, der Verbeamtung oder bei Fragen zur Adoption und assistierten Reproduktion.
Jungen Betroffenen werden Versicherungsabschlüsse, Kreditaufnahmen oder Verbeamtungen verwehrt. Versicherungen werden unangemessen und mit pauschal hohen Prämien angesetzt. Bei der späteren Familienplanung ist man auf die Kryokonservierung von Keimzellen vor Beginn der Therapie beschränkt, da Alternativen, wie die Eizellspende, entweder verboten sind oder, wie bei Adoptionen, an der Gesundheitsprüfung der Wunscheltern scheitern.
Jungen Erwachsenen mit Krebs eine Perspektive geben
„Mehr als 80 Prozent der jungen Krebspatient:innen zwischen 18 und 39 Jahren können heute geheilt werden. Tendenz steigend. Das bedeutet, dass in der Bundesrepublik Deutschland eine immer größer werdende Anzahl an Langzeitüberlebenden von den geschilderten Problemen betroffen sind. Motivierte junge Menschen, die wieder am Leben, Alltag und Beruf teilhaben können und wollen“, erklärt Prof. Dr. med. Inken Hilgendorf, Kuratoriumsvorsitzende der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs. „Diese jungen Betroffenen benötigen unsere Unterstützung!“, so Hilgendorf weiter.
Vor diesem Hintergrund richtet die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs folgende Forderungen an die politischen Parteien:
1) Finanzielle und soziale Entlastung von jungen Erwachsenen mit Krebs durch:
· Zuzahlungsbefreiung oder Stundungsmöglichkeiten der Zuzahlungen für beispielweise ein halbes Jahr und Gleichstellung mit chronisch Kranken (1 statt 2 Prozent Belastungsgrenze bei Zuzahlungen),
· ein flexibles Überbrückungsgeld für Betroffene, die keinen Anspruch auf Krankengeld geltend machen können (bei Studierenden beispielweise als „Kranken-BAföG“ oder als zinsloses Darlehen), das ohne bürokratischen Aufwand (zum Beispiel als Ergänzung des Bildungskreditprogramms der Bundesregierung) abrufbar gemacht werden muss.
2) Zeitnahe Umsetzung eines umfänglichen „Rechts auf Vergessenwerden“ für Krebsüberlebende nach Eintritt der Heilungsbewährung. Die 2023 von der Europäischen Union verabschiedete Verbraucherkreditrichtlinie sieht erstmals vor, dass Versicherungsunternehmen in den Mitgliedsstaaten bis Ende 2025 die Verwendung von Daten über eine Krebserkrankung bei einer Entscheidung über einen Kredit nach einer bestimmten Frist nicht mehr heranziehen dürfen. Dies sollte ein Impulsgeber für eine nationale Gesetzgebungsinitiative in Deutschland sein.
3) Änderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) dahingehend, dass Risikobewertungen von Versicherungsunternehmen zukünftig offengelegt werden müssen; darüber hinaus sollten sich die Versicherer an den in der Bundesrepublik Deutschland erhobenen Krebsregisterdaten orientieren (hier muss auf eine aussagekräftige und vollständige Datenlage hingearbeitet werden und die barrierefreie Vernetzung mit weiteren Datenquellen erfolgen).
4) Zeitnahe gesetzgeberische Umsetzung einer Legalisierung der Eizellspende in der Bundesrepublik Deutschland auf Grundlage des Abschlussberichts der interdisziplinären Expertenkommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin.
Über die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs
Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist Ansprechpartnerin für Patient:innen, Angehörige, Wissenschaftler:innen, Unterstützer:innen und die Öffentlichkeit. Die Stiftungsprojekte werden in enger Kooperation mit den jungen Betroffenen, Fachärztinnen und -ärzten sowie anderen Expertinnen und Experten entwickelt und bieten direkte und kompetente Unterstützung im Alltag mit der schweren Erkrankung. Dabei arbeitet die Stiftung inzwischen mit über 1.000 jungen Betroffenen zusammen. Die Stiftung ist im Juli 2014 von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. gegründet worden. Ihre Arbeit ist als gemeinnützig anerkannt und wird durch Spenden finanziert.
Spendenkonto der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs:
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE37 3702 0500 0001 8090 01
BIC: BFSW DE33 XXX
https://junge-erwachsene-mit-krebs.de - Stiftungswebsite
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Politik
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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