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Wissenschaft
Die Dringlichkeit des Übergangs zu einer nachhaltigen Energieversorgung bedingt eine drastische Beschleunigung traditioneller Forschungs- und Entwicklungszyklen. Durch künstliche Intelligenz (KI) getriebene selbststeuernde Labore (self-driving labs, SDLs) könnten hierbei eine Schlüsselstellung einnehmen. In einem Beitrag in der renommierten Fachzeitschrift Nature Catalysis diskutieren Forscher der Theorieabteilung die Rolle des Menschen in zukünftigen selbststeuernden Laboren für die Katalyseforschung.
Ein selbststeuerndes Labor vereint KI mit Laborautomatisierung und Robotik. Die KI plant dabei die Messungen, die dann in zunehmend automatisierten Modulen (robotisiert) durchgeführt werden. In der Praxis geschieht dies in aktiven Lernschleifen, wobei die Daten der in der letzten Schleife durchgeführten Messungen ein maschinelles Lernmodell verfeinern, anhand dessen die KI die Experimente für die nächste Schleife plant. Auf diese Weise werden nur die Synthesen, Charakterisierungen und Tests durchgeführt, die auf Basis der in allen vorherigen Messungen bereits gewonnenen Information maximal zielführend sind. Gleichzeitig steigert die Automatisierung den Durchsatz, die Reproduzierbarkeit und die Sicherheit der einzelnen Messungen. Insgesamt verspricht dies eine drastische Beschleunigung im Vergleich zu traditionellen, von Menschen geplanten und durchgeführten Entwicklungsschritten.
In ersten Umsetzungen dieses neuartigen Konzeptes für die Entdeckung verbesserter Katalysatormaterialien liegt oft ein Hauptaugenmerk auf dem vollständigen Ersatz menschlicher Arbeitsschritte durch Syntheseroboter. In ihrer Analyse weisen Dr. Scheurer und Prof. Reuter hingegen darauf hin, dass der zeitlich aufwendigste Schritt in der Katalyseforschung in der Regel in der expliziten Testung der zu untersuchenden Materialien liegt. Gerade weil der Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle zukommt, muss oft das Degradationsverhalten über einen langen Zeitraum im Reaktor beobachtet werden. Durchsatzerhöhungen lassen sich entsprechend eher durch Entwicklung neuer speziell für SDLs zugeschnittener Untersuchungsverfahren erzielen als bestehende Untersuchungsverfahren durch Roboter durchführen zu lassen.
Gerade wenn der Durchsatz oft eher limitiert bleiben wird, ist die eigentliche Experimentplanung durch die KI besonders wichtig. Je weniger Schleifen durchlaufen werden müssen, desto besser. Auch hier bleibt der Mensch auf absehbare Zeit ein wichtiger Faktor. Gegenwärtige KIs können zu gegebenen Rahmenbedingungen die bestmöglichen Experimente bestimmen. Sie können aber noch nicht den Rahmen an sich in Frage stellen, ihn grundsätzlich verändern oder gar die wissenschaftliche Fragestellung umdefinieren. Diese kreativen Aufgaben bleiben vorerst dem Menschen überlassen und entsprechend muss eine menschliche Kontrollfunktion in die Schleifen mit eingebaut werden.
In ihrem Artikel verfechten die Autoren daher das Prinzip des human-in-the-loop (Mensch in der Schleife) und analysieren die Konsequenzen für die Weiterentwicklung von KIs für SDLs. Die KIs müssen nicht zuletzt flexibel, robust und bewertbar auf menschliche Änderungen des Schleifenaufbaus reagieren können. In laufenden Arbeiten in der Theorieabteilung wird diese methodische Herausforderung nun bereits angegangen.
Prof. Dr. Karsten Reuter, reuter@fhi-berlin.mpg.de
Dr. Christoph Scheurer, scheurer@fhi.mpg
https://www.nature.com/articles/s41929-024-01275-5
https://www.fhi.mpg.de/1655061/2025-01-30-Self-driving-labs
Active-Learning Loop
© Steffen Kangowski/FHI
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Chemie, Energie, Physik / Astronomie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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