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20.02.2025 12:16

BESSY II: Katalysator-Baustein für die Sauerstoffbildung durch Photosynthese nachgebildet

Dr. Antonia Rötger GF-KOM
Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH

    In einem kleinen Manganoxid-Cluster haben Teams von HZB und HU Berlin eine besonders spannende Verbindung entdeckt: Zwei Mangan-Zentren mit zwei stark unterschiedlichen Oxidationsstufen und hohem Spin. Dieser Komplex ist das einfachste Modell eines Katalysators, der als etwas größerer Cluster auch in der natürlichen Photosynthese vorkommt und dort die Bildung von molekularem Sauerstoff ermöglicht. Die Entdeckung gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem vollständigen Verständnis der Photosynthese.

    In der Chemie werden Oxidationsstufen von Metallen als Kennzeichnung verwendet, um chemisch relevante Valenzelektronen in solche einzuteilen, die bereits Bindungen mit anderen Atomen eingehen und in solche, die im Prinzip noch Bindungen eingehen könnten. Dadurch lassen sich die unterschiedlichen Möglichkeiten von einzelnen Elementen, Reaktionen einzugehen, gut und einfach klassifizieren. Übergangsmetalle wie Mangan können leicht zwischen Oxidationsstufen wechseln, was gerade bei katalytischen Reaktionen wichtig ist. Interessanterweise sind einige Oxidationsstufen äußerst selten, obwohl ihnen eine zentrale Funktion zugeschrieben wird, zum Beispiel das Hochspin-Mangan(V), das bei der Bildung von molekularem Sauerstoff durch die natürliche Photosynthese eine entscheidende Rolle spielen könnte.

    Trotz umfangreicher Forschung waren bisher nur zwei Beispiele dieser Hochspin-Mangan(V)-Zentren bekannt, beide enthalten jeweils nur ein Manganatom. Bei der natürlichen Photosynthese sind jedoch vier Manganatome und ein Kalziumatom an der Bildung von O2 beteiligt. Die Photosynthese ist eine lichtaktivierte katalytische Reaktion, die aus Wasser und Kohlendioxid Kohlenhydrate und Sauerstoff produziert und sich im Lauf der Evolution vor gut zwei Milliarden Jahren in Cyanobakterien und Algen entwickelt hat. Erst durch die Photosynthese ist das Leben auf der Erde, wie wir es kennen, möglich geworden.

    Nun haben Gruppen der Humboldt-Universität Berlin und des HZB in einem kleinen Manganoxid-Cluster das lang gesuchte Hochspin-Mangan(V)-Zentrum entdeckt. Der Cluster enthält insgesamt nur fünf Atome und sieht sehr einfach aus: Zwei Sauerstoffatome bilden Brücken zwischen zwei Manganatomen, von denen eines an ein drittes Sauerstoffatom als endständigen Liganden gebunden ist. „Dies ist die einfachste Form eines Bindungsmotivs, das auch in der natürlichen Photosynthese vorkommt, was diese Entdeckung sehr spannend macht“, sagt HZB-Forscher Konstantin Hirsch.

    Die Suche nach den schwer auffindbaren Mangan(V)-Zentren mit hohem Spin führte Olesya Ablyasova für ihre Promotionsarbeit am HZB durch. Dabei stellte sie schnell fest, dass ihre Probe etwas Besonderes war: Sie enthielt nicht nur Mangan(V) im seltenen Hochspin-Zustand, sondern dieser hohe Oxidationszustand war auch noch mit einem zweiten Mangan-Zentrum in einem niedrigen Oxidationszustand von +2 gekoppelt: Dadurch wird eine starke formale Ladungstrennung in einem kleinen Volumen von nur einer Handvoll Atomen aufrechterhalten. Dieser extreme Unterschied der Oxidationsstufen, +2 und +5, der beiden Manganatome in einem Cluster ist sehr ungewöhnlich und hat das Team mindestens genauso überrascht wie die Entdeckung der ungewöhnlichen Spezies, die sie ursprünglich gesucht hatten.

    Das Ergebnis war mit Standard-Berechnungsmethoden nicht vorhersehbar; stattdessen musste das Team für Theoretische Chemie unter der Leitung von Michael Römelt an der HU Berlin auf ausgefeilte Methoden zurückgreifen, um eine Übereinstimmung mit den experimentellen Daten zu erzielen.

    „Diese Entdeckung ist sehr ermutigend, und wir werden nun unsere Suche nach Hochspin-Mangan(V) in noch größeren Clustern fortsetzen, die näher am anorganischen Cluster in der natürlichen Photosynthese liegen. Wir hoffen, dass wir eines Tages das Geheimnis lüften können, wie die Natur all die Sauerstoffmoleküle bildet, die uns umgeben und die wir jeden Tag einatmen“, sagt Olesya Ablyasova.

    Die einzigartigen experimentellen Möglichkeiten bei BESSY II haben bei der Untersuchung eine Schlüsselrolle gespielt: Das HZB betreibt ein Ionenfallen-Experiment für Röntgenspektroskopie, das für die Untersuchung von Oxidations- und Spinzuständen hochreaktiver Spezies ausgelegt ist. „Durch das Einfrieren dieser Spezies in der Gasphase erhalten wir Zugang zu potenziellen reaktiven Zwischenstufen in chemischen Reaktionen, die unter Standardbedingungen sehr kurzlebig wären“, erklärt Konstantin Hirsch und fügt hinzu: “Vielleicht können wir sogar zeigen, dass Hochspin-Mangan(V) häufiger vorkommt als erwartet, jetzt, da wir wissen, wie wir danach suchen müssen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Konstantin Hirsch; konstantin.hirsch@helmholtz-berlin.de
    Dr. Tobias Lau; tobias.lau@helmholtz-berlin.de


    Originalpublikation:

    JACS (2025): High-Spin Manganese(V) in an Active Center Analogue of the Oxygen-Evolving Complex

    Olesya S. Ablyasova, Mihkel Ugandi, Esma B. Boydas, Mayara da Silva Santos, Max Flach, Vicente Zamudio-Bayer, Michael Roemelt*, J. Tobias Lau*, Konstantin Hirsch.
    DOI: 10.1021/jacs.4c14543


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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