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03.03.2025 11:19

Wie kommt der Wasserstoff nach Baden-Württemberg?

Claudia Hanisch Kommunikation
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

    Baden-Württemberg wird seinen zukünftigen Bedarf an Wasserstoff und dessen Derivaten nicht allein aus heimischer Produktion decken können. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat daher untersucht, wie Baden-Württemberg in Zukunft durch Importe versorgt werden kann. Die Forschenden analysierten, wie und zu welchen Kosten Wasserstoff sowie dessen Derivate Methanol und Ammoniak über Pipelines und den Wasserweg importiert werden können. Zu Vergleichszwecken wurde auch die Erzeugung in Deutschland betrachtet. Der europäische Pipeline-Transport ist demnach die kostengünstigste Option.

    Gefördert wurde die Studie vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.

    In Baden-Württemberg wird Wasserstoff in Zukunft voraussichtlich vor allem für Kraftwerke zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden (ca. 60 Prozent), daneben für die stoffliche Nutzung und die Erzeugung von Prozesswärme in der Industrie (ca. 40 Prozent) sowie zu einem geringen Anteil auch im Verkehr. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg geht für 2032 von einem Bedarf von 52 Terawattstunden (TWh) und für 2040 bereits von 90 TWh aus. Für die techno-ökonomische Analyse des Imports von Wasserstoff und dessen Derivaten betrachtete das Fraunhofer-Team acht Regionen bzw. Länder: Ostkanada, Algerien, Marokko, die Vereinigten Arabischen Emirate, Norwegen, Finnland, Schottland und Spanien. Für diese bestehen zum Teil bereits ausgeprägte Partnerschaften mit Deutschland bzw. Baden-Württemberg in Form von Wirtschaftsabkommen, energiepolitischen Absichtserklärungen oder konkreten Projektvorhaben.
    Für alle Regionen wurde das Erneuerbare-Energien-Potenzial ermittelt und geeignete Standorte für die großtechnische EE-Produktion identifiziert. Anschließend untersuchte das Team, ob der Transport per Pipeline oder den Seeweg möglich ist, welche Energieträger in Frage kommen und welche Kosten für Herstellung, Transport und eine eventuelle Rückwandlung anfallen. Den Import-Optionen wurde die Produktion von Wasserstoff in Baden-Württemberg sowie Nord- und Ostdeutschland gegenübergestellt.
    Beim schiffbasierten Transportweg sind flüssiger Wasserstoff, Ammoniak und Methanol die Energieträger der Wahl, die mit Binnenschiffen über den Rhein aus Rotterdam eingeführt werden können. Ammoniak und Methanol können in stofflicher Form als Grundstoffe der chemischen Industrie verwendet werden. Soll gasförmiger Wasserstoff über das niederländische und deutsche Pipelinenetz nach Baden-Württemberg transportiert werden, erfolgt eine Regasifizierung des Flüssig-Wasserstoffs bzw. eine Reformierung des Ammoniaks bereits in Rotterdam.

    Pipelinetransport günstigste Option

    Während der Transport per Schiff die größte Flexibilität bei der Wahl der Energieträger und Importregionen bietet, ist der Transport per Pipeline – insbesondere aus Deutschland und anderen europäischen Ländern – die kostengünstigste Alternative. Dabei setzen die Forschenden des Fraunhofer ISE die geplanten Wasserstoff-Trassen des European Hydrogen Backbone voraus. Die geringsten Bereitstellungskosten weisen demnach Pipeline-Transporte aus Nord- und Ostdeutschland, Schottland, Finnland und Spanien auf.
    Aufgrund der zunächst noch niedrigen Auslastung der Pipelines liegen die Bereitstellungskosten zuerst bei 3,2 bis 6 Euro pro Kilogramm Wasserstoff für das Zieljahr 2032. Eine prognostizierte Steigerung der Auslastung bis 2040 führt dann zu geringeren Bereitstellungskosten von 2,4 bis 4,3 Euro für 2040. Auch technologische Fortschritte und Effizienzsteigerungen bei der Elektrolyse sowie Kostensenkungspotentiale bei Erneuerbaren Energieträgern sind hier eingerechnet.
    Für den Schiffstransport von Flüssigwasserstoff und Ammoniak sind 6 bis 10 Euro für 2032 und 5 bis 7 Euro für 2040 zu erwarten. Zu Buche schlagen hier neben dem aufwändigeren Systemaufbau die hohen Investitionen in Verflüssigung, Speicherung und Transport (Wasserstoff) und Rückumwandlungsverluste (Ammoniak).

    Eine wettbewerbsfähige Wasserstoffproduktion in Baden-Württemberg ist potenziell möglich und wäre auch zu relativ geringen Kosten (4,3-4,9 Euro/Kilogramm in 2032; 3,4-3,8 Euro in 2040) realisierbar. Allerdings ist die Flächenverfügbarkeit für Erneuerbare-Energien-Anlagen eingeschränkt, was einer großtechnischen lokalen Produktion entgegensteht.
    »Die Einbindung des deutschen Netzes in den European Hydrogen Backbone ist aus technisch-ökonomischer Perspektive wichtig, aber die Studie zeigt auch, dass andere Transportpfade in Zukunft eine Rolle spielen können. Das ermöglicht eine Diversifizierung der Versorgung«, so Projektleiter Marius Holst.
    »Auch in Zukunft wird Baden-Württemberg auf den Import von Energie beispielsweise in Form von Wasserstoff angewiesen sein. Um die Wettbewerbsfähigkeit Baden-Württembergs zu sichern, dürfen wir nicht nur auf die Pipelines warten, sondern sollten auch mutig andere Versorgungsoptionen fördern«, unterstreicht Dr. Tom Smolinka, Abteilungsleiter Elektrolyse und Wasserstoffinfrastruktur am Fraunhofer ISE.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Marius Holst: marius.holst@ise.fraunhofer.de


    Originalpublikation:

    https://www.ise.fraunhofer.de/de/veroeffentlichungen/studien/BW-wasserstoff-vers...


    Bilder

    Studie: Analyse verschiedener Versorgungsoptionen Baden-Württembergs mit Wasserstoff und Wasserstoffderivaten
    Studie: Analyse verschiedener Versorgungsoptionen Baden-Württembergs mit Wasserstoff und Wasserstoff ...

    Fraunhofer ISE


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Chemie, Energie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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