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05.03.2025 11:15

Warum alternde Eizellen DNA-Schäden schlechter reparieren können

Dr. Carmen Rotte Kommunikation & Medien
Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften

    Eizellen brauchen Durchhaltevermögen: Bereits vor der Geburt werden sie im Körper einer Frau angelegt und müssen sich dann über Jahrzehnte bereithalten, um möglicherweise eines Tages befruchtet zu werden. Doch mit zunehmendem Alter häufen sich immer mehr DNA-Schäden in Eizellen an. Bislang war unklar, warum die zelleigenen Reparaturmechanismen diese Schäden nicht beseitigen. Forschende um Melina Schuh und Ninadini Sharma vom Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften haben jetzt in Versuchen an Mäusen gezeigt, dass ältere Eizellen ihre DNA weniger effizient reparieren als junge und dass die Reparatur mit zunehmendem Alter fehleranfälliger wird.

    Menschliche Körperzellen leben je nach Zelltyp und -funktion unterschiedlich lange. Hautzellen erneuern sich alle zwei bis vier Wochen. Leberzellen überdauern bis zu 500 Tage. Eizellen sind besonders langlebig: Schon vor der Geburt sind sie im weiblichen Körper angelegt und erneuern sich nicht. Eine 30-jährige Frau hat also Eizellen, die etwa so alt sind wie sie selbst.

    Die Fähigkeit der Eizelle, Schäden in ihrer DNA zu reparieren, ist entscheidend, damit sie lange funktionsfähig bleibt und nicht abstirbt. Dafür haben Eizellen eine komplexe Reparaturmaschinerie mit verschiedenen Reparaturwegen entwickelt: Spezielle Proteine erkennen Veränderungen in der DNA und reparieren sie. Diese Maschinerie ist auch für die Reparatur von DNA-Schäden verantwortlich, die im Sperma des Vaters und im sich entwickelnden Embryo auftreten. Doch trotz des Vorhandenseins mehrerer DNA-Reparaturmechanismen häufen sich nicht reparierte DNA-Schäden in alternden Eizellen an. Bisher war unklar, warum dies geschieht.

    Reparatur ineffizienter und fehleranfälliger

    Ein Forschungsteam um Melina Schuh, Leiterin der Abteilung Meiose am MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, hat jetzt junge und alternde Eizellen hinsichtlich ihrer DNA-Schäden und DNA-Reparaturmaschinerie miteinander verglichen. Mithilfe von hochauflösender Fluoreszenzmikroskopie ermittelten die Wissenschaftler*innen die Menge an Schäden in unterschiedlich alten Eizellen von Mäusen, kartierten wichtige Reparaturproteine im Zellkern und analysierten, wie sich ihre Aktivität und ihr Zusammenspiel mit dem Alter verändern. „Die Reparatur in älteren Eizellen ist ineffizienter. Sie verläuft nicht nur langsamer, sondern teilweise auch unvollständig“, sagt Schuh. DNA-Schäden häufen sich so in der Zelle an.

    Reparatur-Netzwerk im Wandel

    Um die Reparaturmaschinerie von Eizellen besser zu verstehen, erstellte das Team eine „Karte“ der wichtigsten Reparaturproteine im Zellkern der Eizelle. Die Karte zeigte, dass sich DNA-Reparaturproteine in bestimmten Bereichen des Zellkerns befinden. „Diese Bereiche sind miteinander vernetzt oder liegen eng beieinander – ein Hinweis auf eine koordinierte Anordnung und Aktivität“, erklärt Ninadini Sharma, ehemalige Doktorandin in Schuhs Abteilung und Erstautorin der im Fachmagazin Current Biology veröffentlichten Studie.

    Aber: „Die Bereiche und ihre Aktivität verändern sich stark mit dem Alter, zum Beispiel wie häufig Reparaturproteine in welchen Bereichen zu finden sind und wie sie auf DNA-Schäden reagieren“, ergänzt Sharma. Fehleranfällige Reparaturwege werden häufiger genutzt, während fehlerfreie Wege an Effizienz verlieren.

    Cohesin-Verlust weiterer Faktor

    Neben diesen Veränderungen identifizierten die Forschenden einen weiteren Grund für die zunehmenden Schäden in gealterten Eizellen: Die Menge des Proteins Cohesin nimmt mit dem Alter ab. Cohesin hält Schwesterchromosomen zusammen, bis sie bereit sind, sich während der Zellteilung zu trennen. Fehlendes Cohesin führt daher zu Fehlern bei der Chromosomentrennung. Gleichzeitig ist das Protein für die DNA-Reparatur unerlässlich: Wenn beispielsweise ein DNA-Strang gebrochen ist, sorgt es dafür, dass der beschädigte Teil mithilfe eines intakten DNA-Strangs als Vorlage repariert werden kann.

    Die Wissenschaftler*innen fanden heraus, dass allein das Fehlen von Cohesin zu mehr DNA-Schäden in Eizellen führt, und zwar nicht nur bei alternden Zellen. „Interessanterweise zeigten junge Eizellen ohne Cohesin teilweise ähnliche Proteinveränderungen und DNA-Schäden wie ältere Eizellen“, berichtet Schuh. „Offenbar befeuert nicht nur die langsamere, fehleranfälligere Reparaturmaschinerie, sondern auch der Cohesin-Rückgang im Alter das Absterben der Eizellen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Melina Schuh
    Abteilung Meiose
    Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, Göttingen
    Tel.: +49 551 201-26000
    E-Mail: melina.schuh@mpinat.mpg.de


    Originalpublikation:

    Sharma, N.; Coticchio, G.; Borini, A.; Tachibana, K.; Nasmyth, K. A.; & Schuh, M.: Changes in DNA repair compartments and cohesin loss promote DNA damage accumulation in aged oocytes. Current Biology 34, 5131-5148.e6 (2024).
    https://doi.org/10.1016/j.cub.2024.09.040


    Weitere Informationen:

    https://www.mpinat.mpg.de/4945984/pr_2504 – Original-Pressemitteilung
    https://www.mpinat.mpg.de/de/mschuh – Webseite der Abteilung Meiose, Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften


    Bilder

    Eine Maus-Eizelle stößt einen sogenannten Polkörper aus. Dieser wichtige Schritt in der Meiose stellt sicher, dass die Eizelle einen einfachen Chromosomensatz enthält. Chromosomen in Magenta, der Spindelapparat, der die Chromosomenpaare trennt, in Grün.
    Eine Maus-Eizelle stößt einen sogenannten Polkörper aus. Dieser wichtige Schritt in der Meiose stell ...
    Ninadini Sharma
    Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften

    In einer Maus-Eizelle sind die Chromosomen blau, Cohesin grün und die Kinetochoren magenta angefärbt. Die Experimente zeigten, dass Cohesin auch bei der DNA-Reparatur eine Rolle spielt.
    In einer Maus-Eizelle sind die Chromosomen blau, Cohesin grün und die Kinetochoren magenta angefärbt ...
    Ninadini Sharma
    Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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