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06.03.2025 09:10

«CarboQuant»: Neues Empa-Labor nimmt Kohlenstoff unter die (Quanten-)Lupe

Anna Ettlin Kommunikation
Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

    Ende Januar eröffnete die Empa ein neues Labor, das dem Kohlenstoff Quanteneffekte entlocken will. Dies könnte den Weg für nachhaltige Quantentechnologien bis hin zu Quantencomputern ebnen. Das Projekt wird von der Werner Siemens-Stiftung unterstützt.

    Sichere, leistungsfähige und nachhaltige Quantentechnologien auf Basis von Kohlenstoff – das ist die Vision des Projekts «CarboQuant». Mit Unterstützung der Werner Siemens-Stiftung sowie des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) sind Empa-Forschende Quanteneffekten in Kohlenstoff-Nanostrukturen auf der Spur. In einem ersten Meilenstein wurde am 30. Januar 2025 ein neues High-Tech-Labor an der Empa eingeweiht.
    Erforscht werden im neuen Labor vor allem sogenannte Nano-Graphene und Kohlenstoff-Nanobänder: wenige Atome grosse Stückchen des zweidimensionalen Kohlenstoff-Materials Graphen. Diese besonderen Moleküle wurden erst vor wenigen Jahren synthetisiert, viele davon im Empa-Labor «nanotech@surfaces». Ihre Struktur kann bis auf das Atom genau definiert werden; dadurch lassen sich unterschiedliche Quanteneffekte einstellen. Solche Nano-Graphene wollen Empa-Forschende nutzen, um neuartige Sensoren, Kommunikationstechnologien oder Komponenten für Quantencomputer herzustellen.

    Quantenmagnetismus steuern

    Das Herzstück des neuen «CarboQuant»-Labors bilden zwei modernste Rastertunnelmikroskope. Rastertunnelmikroskopie – erfunden in der Schweiz zu Beginn der 1980er-Jahre – nutzt elektrischen Strom und Quantenphysik, um einzelne Atome sichtbar zu machen. Mit den neuen Geräten können Empa-Forschende ihre Nano-Graphenmoleküle aber nicht nur sehen, sondern auch deren Quantenzustände steuern. Hochfrequente Mikrowellenstrahlung ermöglicht die Manipulation einzelner sogenannter Spins – eine Art Quantenmagnetismus, den Elektronen und andere Teilchen besitzen und der sich auch in bestimmten Nano-Graphenen manifestieren kann.
    Der Spin gilt als eine besonders vielversprechende physikalische Eigenschaft für Quantenrechner und andere Technologien. Im einfachsten Fall hat er zwei Grundzustände, «up» und «down» – ähnlich wie ein klassisches Computer-Bit, das 1 oder 0 sein kann. Der wesentliche Unterschied: Quanteneffekte erlauben eine Überlagerung (engl. «Superposition») der beiden Zustände, sodass der Spin eine beliebige Kombination aus «up» und «down» annehmen kann. Diese Vieldeutigkeit ist es, die Quantencomputer und andere quantenbasierte Technologien so mächtig machen soll – wenn es uns gelingt, sie zu verstehen und zu kontrollieren.

    Verstehen und umsetzen

    Genau dies wollen die Empa-Forschenden im neuen «CarboQuant»-Labor nun tun. Damit bewegen sie sich an der vordersten Front der Wissenschaft. «Die Rastertunnelmikroskopie mit Elektronenspinresonanz wurde erst in den letzten zehn Jahren für die Manipulation von Spins eingesetzt, und das zumeist bei einzelnen Atomen», sagt Roman Fasel, Co-Leiter von «CarboQuant» und Leiter des «nanotech@surfaces»-Labor.
    Um diese neuartige Technologie erstmals auf Nano-Graphene anzuwenden, konnte das «CarboQuant»-Team eine der wenigen Expertinnen weltweit gewinnen: Die südkoreanische Forscherin Yujeong Bae übernimmt die Leitung der neuen Empa-Forschungsgruppe für Quantenmagnetismus. «Durch die Kombination von Mikrowellentechnologien mit Rastertunnelmikroskopie können wir jeden Überlagerungszustand von Spins auf kohärente Weise detektieren und steuern. Diese kohärente Steuerung ist ein zentraler Bestandteil der Quantentechnologien. Wir wollen diese Quantenkontrolle nun erstmals an Nano-Graphenen demonstrieren», erklärt die Forscherin.
    Die Arbeit mit kohlenstoffbasierten Materialien bringt dabei einen entscheidenden Vorteil: «Wo einzelne Atome nur einen Spin besitzen, ist es mit Nano-Graphenen möglich, mehrere verknüpfte Spins zu erzeugen», so Bae. Mehrere Spins miteinander «sprechen» zu lassen, ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu funktionierenden Quantentechnologien – schliesslich macht ein einzelnes Bit noch keinen Computer.
    Noch braucht es dafür die beiden Edelstahl-Konstrukte im Labor mit ihren Ultrahochvakuum-Kammern, starken Magnetfeldern und Helium-Tanks, die sie bis fast auf den absoluten Nullpunkt herunterkühlen. «Langfristig wollen wir quantenbasierte Geräte haben, die ausserhalb dieser Hightech-Maschinen vielleicht sogar bei Raumtemperatur funktionieren, etwa für optische Effekte», sagt Oliver Gröning, Co-Leiter von «CarboQuant» und stellvertretender Leiter des «nanotech@surfaces»-Labors.
    Zunächst gilt es aber, die Quanteneffekte erstmal zu verstehen und kontrollieren zu lernen. Das erste, unmittelbare Ziel des Projekts ist daher eine Materialplattform, eine Art Werkzeugkasten, für die Forschung an kohlenstoffbasierten Quantenmaterialien und ihren Eigenschaften. Mit der Eröffnung des neuen Labors sind die Forschenden diesem Ziel ein gutes Stück nähergekommen.

    «CarboQuant»

    Das Empa-Forschungsprojekt «CarboQuant» konzentriert sich auf die Entwicklung von Kohlenstoff-Nanostrukturen mit präzise kontrollierten Quanteneffekten für den Einsatz in elektronischen Bauteilen, die bei Raumtemperatur arbeiten. Ziel ist es, eine Technologieplattform aufzubauen und Charakterisierungsmethoden zu verfeinern, um das grundlegende Verständnis und die praktische Umsetzung dieser Nanomaterialien voranzutreiben. Das Projekt «CarboQuant» läuft von 2022 bis 2032 und wird von der Werner Siemens-Stiftung unterstützt.


    Weitere Informationen:

    https://www.empa.ch/web/s604/caboquant-lab-inauguration


    Bilder

    Empa-Forscherin Yujeong Bae arbeitet am Rastertunnelmikroskop. Foto: Empa
    Empa-Forscherin Yujeong Bae arbeitet am Rastertunnelmikroskop. Foto: Empa

    Das präzisere der beiden Mikroskope. Mit seinem grossen unterirdischen Helium-Tank und dem starken Magnetfeld stellte das Gerät hohe bauliche Anforderungen, die im neuen Laborgebäude der Empa auf dem Campus «co-operate» erfüllt werden konnten. Foto: Empa
    Das präzisere der beiden Mikroskope. Mit seinem grossen unterirdischen Helium-Tank und dem starken M ...


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Chemie, Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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