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Wissenschaft
Wie winzige Plastikpartikel in die Atmosphäre gelangen, ist eine wichtige Frage, denn Mikroplastik in der Luft ist eine potenzielle Gesundheitsgefahr. Mithilfe eines globalen Modells für den Transport von chemischen Substanzen haben Forschende nachgewiesen, dass der Ozean entgegen früherer Behauptungen keine wichtige Quelle für Mikroplastik in der Atmosphäre ist, sondern eine bedeutende Senke.
Plastikstaub verschmutzt die Umwelt rund um den Globus: Mikroplastik – Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 5 mm – lässt sich nicht nur in Böden, in Gewässern und im Meer nachweisen, sondern auch in der Luft, die wir atmen. Dies könnte eine potentielle Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen, da insbesondere die kleinsten Partikel in die Atemwege und den Blutkreislauf gelangen können. Darüber hinaus erreicht atmosphärisches Mikroplastik die entlegensten Winkel der Erde und setzt sich dort ab. Aber wie gelangt es überhaupt in die Atmosphäre?
Grundsätzlich befinden sich die Quellen von Mikroplastik an Land: Dazu gehören zum Beispiel Fasern aus synthetischer Kleidung im häuslichen Abwasser oder der Abrieb von Autoreifen auf den Straßen. Frühere Studien gingen davon aus, dass ein wichtiger Weg, wie Mikroplastik in die Atmosphäre gelangt, über den Ozean führt: Mikroplastik wird in Flüsse gespült und so ins Meer getragen, wo es sich ansammelt. Luftblasen, die durch Gischt, Wind und Wellen entstehen, können die Plastikpartikel aus dem Wasser in die Atmosphäre befördern. Eine neue Studie unter der Leitung von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) zeigt jedoch, dass der Ozean hauptsächlich als Senke fungiert – und nicht als Quelle, wie bisher angenommen.
Eine riesige oder vernachlässigbare Quelle von Mikroplastik?
Die Annahme, dass der Ozean eine Quelle von atmosphärischem Mikroplastik darstellt, beruhte auf inverser Modellierung. Bei dieser Methode werden die Quellen einer Substanz aus Messungen ihrer atmosphärischen Konzentrationsverteilung abgeleitet. Auf Mikroplastik angewendet, führte dies zu der Annahme, dass es eine ozeanische Quelle von atmosphärischem Mikroplastik von mehreren hundert Millionen oder sogar mehreren Milliarden Kilogramm pro Jahr gibt. Der genaue Mechanismus, wie dieser Transfer funktioniert, wurde dann in Laborexperimenten untersucht. Diese ließen eine ganz andere Schlussfolgerung zu: Nur wenige tausend oder hunderttausend Kilogramm pro Jahr erschienen plausibel.
Mithilfe eines globalen atmosphärischen Chemie-Transport-Modells untersuchte ein internationales Forschungsteam, dem unter anderem Shanye Yang, ehemalige Gastwissenschaftlerin am MPI-M, und MPI-M-Gruppenleiter Guy Brasseur angehörten, ob die Annahme einer geringen ozeanischen Quelle zu einer atmosphärischen Verteilung von Mikroplastik führt, die mit den Beobachtungen übereinstimmt. Das Ergebnis war positiv. Der Ozean scheint keine Quelle, sondern vielmehr eine Senke zu sein, wo sich 15 % des gesamten in der Luft enthaltenen Mikroplastiks absetzen.
Strategien, um die Verschmutzung zu reduzieren
Die Studie zeigt auch, wie die Größe von Mikroplastik dessen Transport in der Atmosphäre bestimmt: Größere Partikel setzen sich relativ schnell ab, entweder noch an Land oder in Küstennähe. Kleine Mikroplastikpartikel können bis zu einem Jahr in der Atmosphäre verweilen und dadurch rund um den Globus transportiert werden. Das Modell zeigt beispielsweise, dass die kleinen Partikel – obwohl sie auf den Kontinenten emittiert werden – bis in die Arktis vordringen können, wo sie sich auf Schnee und Eis ablagern. Dies zeigt die globalen Auswirkungen der Mikroplastik-Verschmutzung. Die Erkenntnisse der Studie können in Strategien einfließen, um die Verschmutzung zu reduzieren. Diese Strategien sollten sich demnach auf die kontinentalen Quellen konzentrieren statt auf die Rolle des Ozeans als Quelle von Mikroplastik.
Prof. Dr. Guy Brasseur, Max-Planck-Institut für Meteorologie: guy.brasseur@mpimet.mpg.de
Yang, S., Brasseur, G., Walters, S. et al. Global atmospheric distribution of microplastics with evidence of low oceanic emissions. npj Climate and Atmospheric Sciences 8, 81 (2025). https://doi.org/10.1038/s41612-025-00914-3
Quellen (blau) und Senken (orange) von atmosphärischem Mikroplastik.
CC BY 4.0 Yang et al. npj Clim Atmos Sci 8, 81 (2025). DOI: 10.1038/s41612-025-00914-3
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Meer / Klima, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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