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12.03.2025 10:41

Die Paläontologische Gesellschaft wählt die Haifisch-Eikapsel Fayolia sterzeliana zum Fossil des Jahres 2025

Tamara Fahry-Seelig Pressestelle
Dachverband der Geowissenschaften (DVGeo) e.V.

    Besondere Fossilien verdienen besondere Aufmerksamkeit. Die Paläontologische Gesellschaft zeichnet darum seit 2008 jedes Jahr ein ganz besonders Fossil mit dem Titel „Fossil des Jahres“ aus – 2025 ist es Fayolia sterzeliana.

    Das erste Fossil der Art Fayolia sterzeliana wurde 1879 von Johann Traugott Sterzel (1841–1914), Kustos der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Chemnitz und Gründungsdirektor der Städtischen Naturwissenschaftlichen Sammlungen, in Sandgruben von Chemnitz-Borna gefunden. Es ist der älteste Beleg für Haifisch-Eier weltweit. Zunächst wurden die spindelförmigen Kapseln als zapfenähnliche Pflanzenreste interpretiert, bevor sie den Fischen zugeordnet wurden.

    Fayolia ist eine Formgattung fossiler Eikapseln, von denen allgemein angenommen wird, dass sie von xenacanthiformen Haien (Einstachelhaien) produziert wurden, einer ausgestorbenen Gruppe von Knorpelfischen, die teilweise im Süßwasser lebten. Der Kapseltyp Fayolia hat die Form eines Zylinders, der an den Enden spitz ausläuft. Am oberen Ende findet sich ein Haftfaden, mit dem die Kapsel unter Wasser an Pflanzen oder andere Objekte geheftet wurde. Die Kapsel wird im Schnitt 10 bis 15 cm lang, kann aber Längen bis 40 cm erreichen.

    Man kennt heute 16 Fayolia-Arten aus Süßwasserablagerungen vom Karbon (330 Millionen Jahre vor heute) bis in die Trias (240 Millionen Jahre vor heute) von Europa, Asien und Nordamerika. Direkte Hinweise auf den Erzeuger von Fayolia gibt es nicht. Allerdings werden in denselben Ablagerungen wie Fayolia Zähne von Einstachelhaien gefunden. Zu solchen Haien gehört auch ein charakteristischer Kopfstachel aus Chemnitz-Glösa, der als weiterer Beweis für die Zugehörigkeit von Fayolia zu Einstachelhaien gilt.
    Das heutige Chemnitz lag im späten Unterkarbon – vor rund 330 Millionen Jahren – auf Höhe des Äquators. Die Landschaft war von ausgedehnten Fluss- und Seensystemen und Mooren geprägt. Dichte Vegetation erstreckte sich vom Hinterland bis in die Uferzone. Die Tierwelt umfasste eine reiche Gliederfüßer-Fauna mit Spinnentieren, Tausendfüßern, Seeskorpionen und dem Riesenhundertfüßer Arthropleura, vereinzelte Fische sowie ein Amphib, bei dem es sich um den ältesten Vierfüßer Deutschlands handelt.

    Heutige Haie machen nur etwa 2 % aller bekannten Fischarten aus und sind fast ausschließlich Meeresbewohner. Dagegen war ihr Anteil im Paläozoikum (Erdaltertum) ungleich höher. Damals besiedelten sie neben dem Meer auch Seen- und Flusssysteme. Dies belegen unter anderem Isotopenuntersuchungen an Zähnen und Skeletteilen fossiler Haie, die Aufschluss über die Lebensräume der Tiere zum Bildungszeitpunkt der Hartteile geben.

    Viele Haie bringen in geschützten Gebieten lebende Junge zur Welt. Andere produzieren Eier, in denen die Embryos, jeweils durch eine ledrige Kapsel geschützt, auf dem Meeresgrund abgelegt werden. Mit speziellen Haftfäden werden sie an Unterwasserpflanzen angeheftet, um nicht von Strömungen abgetrieben zu werden. Wenn die Jungtiere schlüpfen, durchschneiden sie die ledrige Schutzhülle – leere Eikapseln von Haien und Rochen (von diesen stammen die viereckigen "Nixentaschen“), die an den Strand gespült werden, sind ein beliebtes Sammelobjekt aufmerksamer Urlauber.
    Fossilien sind einmalige Zeugnisse der Entwicklung des Lebens auf unserem Planeten. Sie liefern uns Hinweise auf oft dramatische Veränderungen der Umwelt und der Lebensbedingungen über unvorstellbar lange Zeiträume. Anschaulich zeigen sie, wie die heutige Vielfalt der Organismen im Laufe der Evolution entstanden ist und dokumentieren auch Lebensformen, die heute nicht mehr existieren. Fossilien haben einen großen praktischen Nutzen, etwa in der Exploration von Rohstoffen oder in der Klimaforschung, aber immer handelt es sich um besondere Objekte naturwissenschaftlicher Erkenntnis. Manche Fossilfunde sind spektakuläre Museumsexponate, die durch ihre ungewöhnliche Gestalt, ihre Erhaltung, ihre Größe oder ihren ästhetischen Reiz in Erstaunen versetzen. Andere benötigen Erklärungen, um ihre tiefgreifende Bedeutung zu entfalten. Als Sinnbilder unseres Verständnisses für die Weltgeschichte sind Fossilien ein unschätzbar wertvoller Zeuge der Zeit.

    Die Paläontologische Gesellschaft ist ein gemeinnütziger Verein und wurde 1912 in Greifswald gegründet. Die Gesellschaft ist eine Interessenvertretung der Paläontologie in Deutschland, mit der zentralen Aufgabe, die Bedeutung paläontologischer Forschungen in die Öffentlichkeit und die Politik hineinzutragen. Sie ist eine der Trägergesellschaften des DVGeo.

    Die feierliche Präsentation des Fossils des Jahres 2025 findet am 14. März im Museum für Naturkunde Chemnitz statt. Nach einem Grußwort des Präsidenten der Paläontologischen Gesellschaft, Prof. Alexander Nützel, werden die Hai-Spezialisten Prof. Jürgen Kriwet aus Wien und Dr. Jan Fischer aus der Pfalz in die Thematik einführen. Das neue Ausstellungsensemble zum Fossil des Jahres 2025, das am Abend enthüllt wird, kann von da an im Museum für Naturkunde Chemnitz besichtigt werden.

    Das Bild zeigt zwei Formen von Hai-Eikapseln in einem Gesteinsstück aus dem Unterkarbon von Chemnitz: Fayolia sterzeliana und Palaeoxyris. Palaeoxyris ist eine weitere Form von Hai-Eikapseln - die deutlich kleineren Kapseln werden hybodontiden Haien (sog. Zweistachelhaien) zugeordnet. Das gemeinsame Vorkommen – mitunter auf einer Schichtfläche – ist weltweit einmalig und zeigt, dass die damalige Flussuferzone
    gleichzeitig von zwei verschiedenen Haiarten zur Eiablage genutzt wurde.
    Rekonstruktion: Jaan Westphal und Frederik Spindler. Foto: Museum für Naturkunde
    Chemnitz.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    geschaeftsstelle@palges.de


    Weitere Informationen:

    https://www.palaeontologische-gesellschaft.de/ueber-uns/fossil-des-jahres/ Paläontologische Gesellschaft


    Bilder

    Zwei Formen von Hai-Eikapseln in einem Gesteinsstück aus dem Unterkarbon von Chemnitz: Fayolia sterzeliana und Palaeoxyris
    Zwei Formen von Hai-Eikapseln in einem Gesteinsstück aus dem Unterkarbon von Chemnitz: Fayolia sterz ...

    Museum für Naturkunde Chemnitz


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Geowissenschaften
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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