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13.03.2025 13:28

Hannover Messe: Nachhaltige Rechenzentren – Wie KI um bis zu 90 Prozent energieeffizienter wird

Claudia Ehrlich Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Künstliche Intelligenz soll vom Energiefresser zum Energiesparer werden. Das Forschungsteam von Professor Wolfgang Maaß an der Universität des Saarlandes und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) will KI um bis zu 90 Prozent energieeffizienter machen. Um den ökologischen KI-Fußabdruck zu verbessern, denkt das Team Rechenzentren, Sprachmodelle und visuelle Modelle neu – und verschafft zugleich mittelständischen und kleineren Unternehmen Zugang zu leistungsfähigen KI-Modellen. Auf der Hannover Messe vom 31. März bis 4. April stellen die Forscherinnen und Forscher ihre Technologien am Stand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vor (Halle 2 Stand A18).

    Rechenzentren verbrauchen viel Energie. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich ihr Strombedarf in Deutschland laut dem Digitalverband Bitkom mehr als verdoppelt. Tendenz: stark steigend – die digitale Transformation kommt gerade erst in Fahrt. Daten zu speichern, sie zu verarbeiten, hin- und herzuschicken, sie abzurufen – alles kostet Strom. Vor allem Künstliche Intelligenz ist ein Energiefresser. KI-Modelle mit Massendaten anzulernen, sie zu trainieren und zu betreiben, verbraucht rund um den Globus viele Terawattstunden. Bilder und Texte mit solchen KI-Modellen zu erstellen, ebenso. Immer mehr Rechenzentren müssen also immer größer werden, brauchen immer mehr Strom, immer mehr Kühlung und stoßen so immer mehr Kohlenstoffdioxid aus. Das kommt auch dem europäischen Ziel in die Quere, bis 2050 klimaneutral zu werden. – Wenn alles so bleibt, wie es ist.

    „Künstliche Intelligenz kann erheblich energieeffizienter werden. Mit den richtigen Methoden können wir die Rechenzentren der Zukunft nachhaltiger gestalten“, ist Professor Wolfgang Maaß überzeugt, der an der Universität des Saarlandes und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) forscht. Um den Energiehunger der KI zu drosseln und Ressourcen zu schonen, entwickelt sein Forschungsteam schlankere, bedarfsgerechtere KI-Modelle. Außerdem wollen die Forscher für Rechenzentren Einsparpotenzial aufzeigen.

    „Indem wir die Modelle kleiner und effizienter machen, tragen wir zum einen zu mehr Nachhaltigkeit bei“, sagt Sabine Janzen, promovierte Forscherin im Team von Wolfgang Maaß. „Zum anderen öffnet dies gerade auch mittelständischen und kleineren Unternehmen Zugang zu leistungsfähigen KI-Modellen. Die kleineren KI-Modelle bedürfen keiner großen Infrastruktur mehr. Sie werden damit für alle zugänglich und nicht nur für die großen Player“, betont sie.

    Heutige Chatbots wie ChatGPT und visuelle KI-Modelle verwenden Billionen Parameter und nutzen riesige Datenmodelle, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Entsprechend hoch ist ihr Energieverbrauch. Diesen Verbrauch wollen die Forscherinnen und Forscher senken. Und zwar ohne, dass die KI-basierten digitalen Assistenten gewünschte Antworten schuldig bleiben. „Wir arbeiten dabei unter anderem mit sogenannter Wissensdestillation. Das ist eine Art Kompressionstechnologie, mit der wir die Modelle kleiner machen. Bei vergleichbarer Leistung verbrauchen KI-Modelle hierdurch weit weniger Energie", erklärt Sabine Janzen.

    Ebenso wie es nicht notwendig ist, bei einer Frage eine ganze Bibliothek zu lesen, sondern nur die Bücher mit passenden Antworten, gehen die Forscherinnen und Forscher auch hier vor: Sie extrahieren aus großen Lehrermodellen kleine, fokussierte und sparsame Schülermodelle. Indem sie also das wirklich benötigte Wissen für einen Aufgabenbereich destillieren und auf das Wesentliche reduzieren, können sie die Datenmodelle um bis zu 90 Prozent verschlanken. Unwesentliche Parameter werden erst gar nicht verarbeitet. „Diese Schülermodelle bringen vergleichbare Leistung, kommen aber perspektivisch mit bis zu 90 Prozent weniger Energie aus“, sagt die Forscherin.

    Speziell bei visuellen KI-Modellen, also solchen, die digitale Bilddaten verarbeiten, erzielen die Forscher bereits gute Ergebnisse mit einer weiteren Methode, die hilft, Energie zu sparen: mit der sogenannten „Neuronalen Architektursuche“. „Unsere neuesten Ergebnisse zeigen, dass wir auch hiermit die Modelle um rund 90 Prozent verkleinern können“, sagt Sabine Janzen. Dabei nehmen die Forscher eine sehr energieintensive KI-Methode in den Fokus, die große Datenmassen auswerten kann: das maschinelle Lernen mit künstlichen neuronalen Netzen. Diese ahmen das menschliche Gehirn nach. Viele Milliarden Nervenzellen, Neuronen genannt, sind im Gehirn über Billionen von Synapsen miteinander verbunden. In einem neuronalen Netz kommunizieren die Neuronen über Synapsen-Schnittstellen miteinander. Beim Training des neuronalen Netzes bilden sich hier neue Verbindungen während andere sich wieder auflösen.

    In künstlichen neuronalen Netzen laufen Lernprozesse ähnlich ab. Sie können mit Daten trainiert werden, so dass sie zum Beispiel Muster in Sprache oder Bildern erkennen. Aber im Gegensatz zum Gehirn, das ein Meister in Sachen Energieeffizienz ist, braucht dieses Training viel Rechenleistung und damit viel Strom: Solche künstlichen neuronalen Netzwerke sind Ergebnis aufwändiger Handarbeit. Menschen stellen sie zusammen, passen die Parameter immer weiter an, solange, bis dann schließlich gute Ergebnisse herauskommen. Hier bringt das Saarbrücker Forschungsteam die „Neuronale Architektursuche“ ins Spiel. „Anstatt die Zusammensetzung der neuronalen Netze manuell zu entwerfen, verwenden wir dieses Verfahren, bei dem KI automatisch die beste Architektur findet“, erklärt Sabine Janzen, „Wir probieren dabei verschiedene Netzstrukturen aus und optimieren diese, um ein Modell mit hoher Leistung, Effizienz und reduzierten Kosten zu erstellen.“

    Um ihre komprimierten KI-Modelle in der Praxis zu testen, arbeitet das Team von Wolfgang Maaß mit der Stahl Holding Saar zusammen. Die Aufgabe, die sie den künstlichen neuronalen Netzen beibringen wollen, ist, Stahlschrott zu sortieren. Um aus altem Stahl neuen herzustellen, benötigen die Stahlproduzenten Schrott der richtigen Güte. Für hochwertige Stähle sind nur bestimmte Schrottsorten geeignet. Auf dem Hüttengelände werden riesige Mengen verschiedensten Schrotts angeliefert, der sortiert werden muss. Dies soll automatisch geschehen – bislang aber ist das KI-Modell gewaltig. „Wir komprimieren das visuelle Modell zur Schrottsortierung. Dadurch wird es kompakt, arbeitet energieeffizient und zum Teil sogar performanter, also leistungsfähiger; der Stahlrecycling-Prozess wird effektiver“, sagt Sabine Janzen. Wo sonst ein riesiges Modell viel Energie verbrauchen würde, übernimmt ein kleines, maßgeschneidertes und energieeffizientes KI-Hirn die Aufgabe.

    Die Forscherinnen und Forscher trainieren dafür ihre Modelle zunächst mit dem kompletten Datenpaket, in dem sämtliche Informationen enthalten sind. Im Anschluss komprimieren sie die KI-Modelle durch Wissensdestillation und speziell zusammengestellte neuronale Netze, so dass sie nur die wirklich erforderlichen Parameter enthalten. Ziel ist, dass die KI alles an Wissen enthält, um anhand von Kameraaufnahmen zu erkennen, welche Sorte Stahlschrott geliefert wurde.

    Mit Partnern erarbeitet das Saarbrücker Forschungsteam zudem ein Konzept und Handlungsempfehlungen für nachhaltige Rechenzentren und energieeffiziente KI. „Bislang können Entscheidungsträger nur schwer abschätzen, für welche Modelle sie wie viel Energie verbrauchen werden. Das macht es für sie schwierig, wirtschaftlich zu planen“, erläutert die Doktorandin Hannah Stein, die an den energiesparenden KI-Methoden forscht. „Wir erarbeiten daher ein Werkzeug, das zuverlässige Prognosen ermöglicht, wie der genaue Energieverbrauch und die zusammenhängenden Kosten der KI-Modelle aussehen werden“, erklärt Hannah Stein. Mit diesem Wissen können Rechenzentren und KI-Anwender besser planen, unwirtschaftliche Abläufe erkennen und notfalls Gegenmaßnahmen ergreifen – zum Beispiel große Rechenleistungen dann einplanen, wenn der Strompreis günstig ist.

    Das Team von Professor Wolfgang Maaß wurde mit diesen Forschungen für den Stand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz auf der Hannover Messe ausgewählt. Hier zeigen die Forscherinnen und Forscher ihre bisherigen Ergebnisse im Projekt namens „ESCADE“, das am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz DFKI läuft.

    Hintergrund:
    Das Projekt ESCADE wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit rund fünf Millionen Euro über eine Laufzeit von drei Jahren gefördert.
    ESCADE steht für „Energy-Efficient Large-Scale Artificial Intelligence for Sustainable Data Centers“. Das Projekt läuft bis Ende April 2026. Partner des Forschungsteams von Wolfgang Maaß an der Universität des Saarlandes und am DFKI sind die NT Neue Technologie AG, die Stahl-Holding-Saar GmbH & Co. KGaA, die SEITEC GmbH, die Technische Universität Dresden, die Universität Bielefeld sowie der österreichische Partner Salzburg Research Forschungsgesellschaft.
    https://escade-project.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Sabine Janzen: T: 0681- 8 57 75 - 269, E-Mail: sabine.janzen@dfki.de
    Hannah Stein: T: +49 681 302-64739, E-Mail: hannah.stein@iss.uni-saarland.de


    Weitere Informationen:

    https://escade-project.de


    Bilder

    Bei einer Frage braucht man nicht die ganze Bibliothek, es reichen die Bücher mit den passenden Antworten. Ganz ähnlich funktioniert die Methode, mit der die Forscherinnen Sabine Janzen (r.) und Hannah Stein (l.) KI weit energieeffizienter machen wollen.
    Bei einer Frage braucht man nicht die ganze Bibliothek, es reichen die Bücher mit den passenden Antw ...
    Foto: Oliver Dietze
    Universität des Saarlandes

    Professor Wolfgang Maaß
    Professor Wolfgang Maaß
    Foto: Oliver Dietze
    Universität des Saarlandes


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Energie, Informationstechnik, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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