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Zentrale Ergebnisse der empirischen Studie „Von den Besten lernen: Die Governance familiengeführter Weltmarktführer“ der Hochschule Esslingen gemeinsam mit KPMG:
• Befragte Weltmarktführer richten freiwillig Aufsichtsgremien ein, 90 Prozent der Familienunternehmen haben zudem eine formell organisierte Gesellschafterversammlung
• 82 Prozent der Unternehmen sehen gestiegene Anforderungen an die Aufsichtsarbeit, Agenda der Aufsichtsgremien wird komplexer durch digitale Transformation und Regulierungsanforderungen
• 57 Prozent der Unternehmen haben eine Nachhaltigkeitsberichterstattung, Trend geht weg vom wertegetriebenen Ansatz hin zu einer datenbasierten Berichterstattung
Familiengeführte Unternehmen machen 91 Prozent aller aktiven Firmen in Deutschland aus und sind damit ein wichtiger Teil der deutschen Wirtschaft. In ihrer täglichen Arbeit zeichnet sie in der Regel eine gute Governance mit klaren Strukturen aus, doch auch die erfolgreichsten Unternehmen können sich noch weiterentwickeln. Das zeigt die zweite Auflage der Studie „Von den Besten lernen: Die Governance familiengeführter Familienunternehmen“, die von der Hochschule Esslingen gemeinsam mit KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durchgeführt wurde.
Doppelte Kontrolle, starke Netzwerke: Die besondere Governance familiengeführter Weltmarktführer
Ein markanter Unterschied der Aufsichtsgremien familiengeführter Weltmarktführer zu denen in nicht familiengeführten Unternehmen liegt in ihrer Struktur. Die Weltmarktführer richten neben einem gesetzlich zu bildenden Aufsichtsrat häufig ein weiteres Gremium ein, das dann Beirat, Verwaltungsrat, Industriebeirat oder Familienbeirat heißt und die Zügel der Governance in der Hand hält. Hier ähnelt die Governance stark dem angelsächsischen monistischen System oder den Schweizer Verwaltungsräten. Aber auch, wenn sie nicht dazu verpflichtet sind, ein Aufsichtsgremium einzusetzen, werden freiwillig Gremien etabliert.
Die Mitglieder stammen häufig aus persönlichen Netzwerken oder der Familie. In über 80 Prozent der Unternehmen sind zudem Hauptgesellschafter im Aufsichtsgremium vertreten. Die Auswahl der Mitglieder basiert hauptsächlich auf unternehmerischer Führungserfahrung, außerdem haben 89 Prozent der Unternehmen ausgewiesene Experten im Gremium. Finanz- und Branchenexperten sind besonders häufig vertreten sind. Die meisten Mandatsträger investieren laut Angaben vier bis sechs Tage pro Jahr in ihre persönliche Weiterbildung.
„Die Studie zeigt, dass Weltmarktführer ihrer Unternehmensaufsicht einen hohen Wert beimessen, die Mitglieder stammen oft aus persönlichen Netzwerken oder der Familie. Diese emotionale Bindung kann allerdings Entscheidungen erschweren. Eine klarere Governance-Struktur trägt dazu bei, objektivere und fundiertere Entscheidungen zu treffen“, so Prof. Dr. Simone Zeuchner-Egli, Hochschule Esslingen, Autorin der Studie.
Nur ein Viertel der Unternehmen hat eine Altersgrenze für Gremienmitglieder festgelegt. Die Mehrheit der Mitglieder ist männlich und deutsch, wobei ein Viertel der Gremien mindestens zu 30 Prozent weiblich besetzt ist. Kompetenz und Gesellschaftereigenschaft sind die maßgeblichen Kriterien für die Wahl in den Aufsichtsrat.
75 Prozent der Unternehmen führen vier oder mehr reguläre Sitzungen jährlich durch. Die Informationsversorgung für Gremienmitglieder wird überwiegend als gut bewertet. 82 Prozent der Unternehmen sehen gestiegene Anforderungen an die Aufsichtsarbeit, insbesondere in den Bereichen Spezialwissen und Sitzungsvorbereitung. 71 Prozent der Unternehmen messen der künstlichen Intelligenz eine große Bedeutung bei und 57 Prozent der Unternehmen haben eine Nachhaltigkeitsberichterstattung, wobei Nachhaltigkeit bei einem Drittel der Unternehmen einmal jährlich auf der Aufsichtsagenda behandelt wird.
„Aufsichtsratsgremien müssen heute hohen Anforderungen genügen. Dafür ist die kontinuierliche Weiterbildung der Mitglieder wichtig, um ihre Kenntnisse und Fähigkeiten stets auf dem neuesten Stand zu halten. So können sie fundierte Entscheidungen treffen und effektiv auf Veränderungen im Markt und in der Branche reagieren und auf diese Weise die Wettbewerbsfähigkeit der Familienunternehmen langfristig sichern“, so Timo Herold, Partner, Audit, Regulatory Advisory, Sustainability Reporting & Governance, Risk Compliance bei KPMG.
Enge Verbundenheit und strukturierte Governance in Familienunternehmen
Familienunternehmen zeichnen sich durch eine besondere emotionale Verbundenheit der Anteilseigner aus, basierend auf gemeinsamen Familien- und Unternehmensgeschichten. In 90 Prozent der befragten Unternehmen gibt es eine formell organisierte Gesellschafterversammlung, oft integriert in Beirats- oder Aufsichtsratssitzungen. 36 Prozent haben zusätzlich einen Gesellschafterausschuss. Nahezu die Hälfte der Unternehmen hat eine Familiencharta, und ein Drittel führt regelmäßige Familientage durch.
Fazit: Klare Rollen und starke Führung sichern gute Governance
Die Befragungsergebnisse zeigen, dass gute Governance in familiengeführten Unternehmen komplexer ist und maßgeblich von klaren Rollen, starker Family Governance und effektiver Kommunikation abhängt. Der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums hat eine zentrale Aufgabe bei der Einhaltung der Rollen und der Nutzung der Potenziale aller Mitglieder. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Aufsichtsgremien und Geschäftsführung ist essenziell, um Professionalität sowie gute Governance zu gewährleisten.
Über die Studie
Die Studie beleuchtet die Besonderheiten der Governance von Familienunternehmen und deren Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg. Sie basiert auf 29 Interviews aus den Jahren 2023/2024 mit Aufsichtsratsvorsitzenden, Hauptgesellschaftern, CEOs und CFOs. Die Interviews geben Einblicke in die Art, Zusammensetzung und Arbeitsweise sowie die wichtigsten Erfolgsfaktoren dieser Unternehmensgruppe. Dabei wurde auch der Zusammenhang zwischen Family Governance und Corporate Governance untersucht. Die Studie, durchgeführt von der Hochschule Esslingen in Kooperation mit KPMG, analysiert die Governance-Strukturen führender familiengeführter Weltmarktführer aus verschiedenen Branchen und leitet Best Practices ab.
Prof. Dr. Simone Zeuchner-Egli, simone.zeuchner-egli@hs-esslingen.de
https://hub.kpmg.de/de/von-den-besten-lernen
https://www.hs-esslingen.de/hochschule/aktuelles/news/artikel/news/governance-be...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Kooperationen
Deutsch
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