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Wissenschaft
CDU, CSU und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Angesichts der aktuellen Herausforderungen haben gestern rund 30 Vertreterinnen und Vertreter u.a. von wissenschaftlichen Instituten, Wirtschaftsverbänden und von der KfW Bankengruppe auf dem Roundtable Mittelstand in Berlin nochmals dargelegt, was die mittelständischen Unternehmen von der zukünftigen Bundesregierung erwarten. Der Roundtable Mittelstand wird seit 2013 jährlich vom Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn organisiert, um den Informationsaustausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu fördern.
"Die überwiegende Mehrheit der Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer im Mittelstand wünscht sich laut einer Kurzbefragung von der neuen Bundesregierung gute und zuverlässige Rahmenbedingungen – und weniger lenkende Vorgaben. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die ökologische Transformation. Gleichwohl wird deren Notwendigkeit prinzipiell nicht in Frage gestellt", mit diesen Worten eröffnete heute Prof. Dr. Dr. h.c. Friederike Welter (IfM Bonn/Universität Siegen) den jährlich stattfindenden Roundtable Mittelstand in Berlin. Rund 30 Vertreterinnen und Vertreter von wissenschaftlichen Instituten, Wirtschaftsverbänden, von der KfW Bankengruppe sowie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen diskutierten diesmal über die Frage, was der Mittelstand von der nächsten Bundesregierung erwartet.
Wirtschaftspolitik langfristig strategisch ausrichten
"Mehr Berechenbarkeit, mehr Planungssicherheit und mehr Wertschätzung für Unternehmertum – das ist nicht alles, aber doch wesentlich für einen Nährboden, auf dem Investitionen und Innovationen wachsen", so gab sich auch der für Mittelstandspolitik verantwortliche Unterabteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium, Holger Schlienkamp, überzeugt.
Auf Grund der komplexen Herausforderungen ist es für die zukünftige Bundesregierung aber keineswegs einfach, die Rahmenbedingungen dementsprechend neu zu gestalten bzw. weiterzuentwickeln. "Dafür bedarf es einer klaren, zielorientierten wirtschaftspolitischen Strategie, deren Kern grundsätzlich langfristige Reformen bilden. Vermeiden sollte die zukünftige Bundesregierung Ad hoc-Maßnahmen, die zu Strukturen führen, die nicht nur den ordnungspolitischen Grundsätzen zuwiderlaufen, sondern auch verhindern, dass der Mittelstand seine originären Stärken ausspielen kann", sagte Dr. André Pahnke (IfM Bonn). "Der Mittelstand muss nun auf tragfähige Staatsfinanzen und soziale Sicherungssysteme, marktverträgliche Steuerungsinstrumente, verlässliche Regelsetzung, offene Innovationskulturen und Freiräume nach dem Motto 'Entlasten statt Fördern' setzen", ergänzte Prof. Dr. Hans Jörg Hennecke, Hauptgeschäftsführer von HANDWERK.NRW. Der Mittelstand dürfe sich daher auch nicht primär als förderbedürftiges Objekt der Politik verstehen, sondern müsse sich mit seinen Potenzialen selbstbewusst als Treiber und Impulsgeber für Innovation, Wachstum und Wohlstand sehen.
Seit Mitte der 2000er Jahre sei jedoch ein Trend zu weniger Innovationen im Mittelstand (Unternehmen bis 500 Mio. EUR) zu erkennen, berichtete Dr. Volker Zimmermann (KfW). Als Grund hierfür nannte er drei wesentliche Hemmnisse: "Zum einen stellt die Finanzierung von Innovationen mittelständische Unternehmen vor große Herausforderungen. Innovationen werden im Gegensatz zu Investitionen in Sachanlagen zu deutlich stärkeren Anteilen aus internen Mitteln und kaum mit Hilfe von Bankkrediten finanziert, die üblicherweise im Mittelstand weitverbreitet sind. Zum anderen hat sich der Fachkräftemangel im zurückliegenden Jahrzehnt deutlich verschärft. Mit über 50 % sind insbesondere innovative Unternehmen von Stellenbesetzungsproblemen betroffen. Zum Dritten hängen die Innovationsaktivitäten im Mittelstand auch stark von der strategischen Ausrichtung des betreffenden Unternehmens ab. Um die Innovationspotenziale von Unternehmen zu heben, ist es notwendig, das Bewusstsein für die Bedeutung strategischer Überlegungen zu stärken."
Die kleineren Unternehmen im Blick behalten
In den vergangenen Jahren sind nach Aussagen von Dr. Matthias Mainz (IHK NRW) immer kleinteiligere Regulierungen zu einem erheblichen Standortnachteil insbesondere für kleinere Unternehmen in Deutschland geworden: "Ein spürbarer Abbau von Bürokratie und eine effizientere Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sind daher entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts zurückzugewinnen und die Transformation angehen zu können." Der Geschäftsführer der IHK NRW forderte daher die zukünftige Bundesregierung auf, neue systematische Ansätze anzugehen, um das bürokratische Regelwerk neu zu ordnen.
Einen wesentlichen Grund dafür, dass kleinere Unternehmen in der Vergangenheit weniger ihre wirtschaftlichen Interessen und ihre fachliche Expertise in die Politik einbringen konnten, sieht Dr. Meike Stephan (Universität Siegen) aber auch in deren geringeren Ressourcen: "Lobbyismus ist in demokratischen Gesellschaften ein wichtiges Instrument der politischen Partizipation – auch für Unternehmen. Für die Gestaltung von Regeln für Lobbyismus ist es wichtig, die Unterschiede zwischen Unternehmen wie beispielsweise im Hinblick auf ihre Ressourcenausstattung zu beachten."
https://www.ifm-bonn.org/themendossiers/mittelstandspolitik
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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