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16.04.2025 09:21

Konservierung von Spenderlebern mittels normothermer Maschinenperfusion verbessert Transplantationsmanagementent

Doris Heidegger Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Medizinische Universität Innsbruck

    Eine neue Studie aus der Innsbrucker Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie belegt die Effizienz und Praxistauglichkeit der normothermen Maschinenperfusion im Zusammenhang mit Lebertransplantationen. Die im renommierten Fachjournal Annals of Surgery veröffentlichte Beobachtungsstudie ist eine der größten Fallserien weltweit, die auf Daten aus dem realen klinischen Alltag über einen längeren Zeitraum basiert.

    Innsbruck, am 16. April 2025: Die normotherme Lebermaschinenperfusion (NLMP) ist eine Technik zur Konservierung von Spenderlebern, die bei Lebertransplantationen eingesetzt wird. Bei dieser Methode wird das Organ bei Körpertemperatur (normotherm) bis zur Transplantation mit Blut oder einem blutbasierten Sauerstoffträger und damit mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Mit Hilfe der NLMP kann die gesamte Präservationszeit erheblich verlängert werden. Mit dem Mangel an optimalen Spenderorganen hat sich auch der Bedarf an der NLMP-Technik erhöht, die vor allem bei Organen mit eine höheren Risikoprofil zum Einsatz kommt. Die NLMP ermöglicht dabei eine Bewertung der Organfunktion vor der Transplantation. Diese Technologie erlaubt auch eine größere zeitliche Flexibilität und damit eine bessere Planbarkeit von Lebertransplantationen.

    Erfolgreicher Praxistest für innovative Konservierungsmethode

    Die als Durchbruch in der Transplantationschirurgie gefeierte NLMP-Technologie wird zunehmend in der klinischen Routine eingesetzt. Die Innsbrucker Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie – eines der führenden Transplantationszentren in Europa – war eine der ersten Einrichtungen weltweit, an der diese Technik im klinischen Alltag realisiert wurde.
    Ein Team um Stefan Schneeberger, Rupert Oberhuber, Benno Cardini und Erstautor Felix Krendl liefert nun mit einer neuen Beobachtungsstudie erstmals Daten aus der klinischen Praxis über einen Zeitraum von fünf Jahren. „Wir haben zwischen Februar 2018 und Januar 2023 die Wirksamkeit der NLMP-Methode mit der herkömmlichen statischen Kältekonservierung (SCS, Static-Cold-Storage) bei 332 in Innsbruck durchgeführten Lebertransplantationen verglichen und können somit den Nachweis der Effizienz mit hohen Fallzahlen und unter sogenannten ‚Real-World‘-Bedingungen erbringen“, betont Stefan Schneeberger, an dessen Klinik mit 60 bis 80 durchgeführten Lebertransplantationen pro Jahr ideale Studienbedingungen gegeben sind.

    Details aus der Beobachtungsstudie

    Von 332 zwischen 2018 und 2023 an Erwachsenen durchgeführten Lebertransplantationen wurden 174 nach NLMP und 158 nach SCS durchgeführt. Die Ein-Jahres-Transplantatüberlebensrate bei Benchmark-Fällen* lag bei 93,4 Prozent. In der Gesamtkohorte wurden 83,8 Prozent für SCS und 81,3 Prozent für NLMP erreicht. Die Studie zeigt außerdem, dass die NLMP-Technologie die Transplantation von 67 Organen ermöglichte, die ohne diese innovative Konservierung nicht hätten transplantiert werden können. Im Untersuchungszeitraum sank mit dem zunehmenden Einsatz der NLMP auch die Anzahl nächtlicher Transplantationen signifikant von 41,9 auf 4,2 Prozent.

    Bessere Vorbereitung bringt Flexibilität im klinischen Alltag

    „Diese Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass die NLMP eine bessere Überprüfung, Vorbereitung und Auswahl der Organe zulässt, sodass mehr Transplantationen durchgeführt und trotz vermeintlich höherem Risikoprofil am Papier, die Transplantationen mit gleichem Ergebnis durchgeführt werden können“, kommentiert Chirurg Felix Krendl die zentralen Erkenntnisse.

    Die Analyse aus dem Innsbrucker Zentrum zeigt vor allem auch, dass die verlängerte Organ-Konservierungszeit mittels NLMP die logistische Planung erleichtert und Operationen viel häufiger am Tag angesetzt werden können. „Wir haben schon vor Jahren auf den Wert von ‚Daytime Transplantationen‘ hingewiesen. Nun liefern wir den entscheidenden Beleg für den Mehrwert und die logistischen Benefits der NLMP, die sich problemlos in das Routineprogramm integrieren lässt. Durch die NLMP gewinnt der Faktor Zeit in der Transplantation eine völlig neue Bedeutung. Wir gewinnen Flexibilität im klinischen Alltag, das stellt für die OP-, Personal- und Ressourcenplanung eine echte Lösung dar“, betont Schneeberger.

    Die Universitätsklinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie der Medizinischen Universität Innsbruck ist eine der größten chirurgischen Kliniken im deutschsprachigen Raum und eine der wenigen Kliniken Europas, die das gesamte Spektrum der Organtransplantation abdeckt. Innsbruck zählt zu den drei größten Lebertransplantationszentren im deutschsprachigen Raum. Alle Schwerpunkte der modernen Chirurgie werden angeboten, die Klinik versteht sich als Referenzzentrum für die gesamte Onkologische Chirurgie und Onkologische Transplantation über die Grenzen Tirols hinaus.

    *) Im Zusammenhang mit der Lebertransplantation sind Benchmark-Fälle Operationen, die unter idealen Bedingungen durchgeführt wurden, bei denen die Organqualität hoch war und keine zusätzlichen Risikofaktoren beim Empfänger vorlagen. Diese Benchmark-Fälle dienen als Maßstab, um die Ergebnisse anderer Fälle zu vergleichen und zu bewerten, insbesondere wenn neue Technologien oder Methoden, wie die normotherme Lebermaschinenperfusion (NLMP), eingesetzt werden.

    Zur Person:

    Felix Krendl, aufgewachsen in Oberösterreich, absolvierte sein Medizinstudium an der LMU München und begann 2018 die Ausbildung zum Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie an der Universitätsklinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie in Innsbruck. Sein klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt in der Transplantationschirurgie. Seit Jänner 2025 ist er als Facharzt an der Klinik tätig. Mit seinen Forschungsarbeiten zur Lebertransplantation konnte sich Felix Krendl in der Wissenschaftsgemeinde bereits positionieren. In einem hochkompetitiven Auswahlverfahren wurde er außerdem für ein zweijähriges, klinisches Transplantationschirurgisches Fellowship am Mount Sinai Hospital in New York ausgewählt, das im August 2025 startet.


    Originalpublikation:

    Normothermic Liver Machine Perfusion At a Large European Center – Real World Outcomes Following 238 Applications. F. Krendl et al
    https://doi.org/10.1097/SLA.0000000000006634


    Bilder

    Die normotherme Maschinenperfusion ermöglicht eine optimale Versorgung und Überprüfung des Spenderorgans.
    Die normotherme Maschinenperfusion ermöglicht eine optimale Versorgung und Überprüfung des Spenderor ...
    Florian Lechner
    MUI/F.Lechner

    Das Kernteam der Innsbrucker Studienautoren, v.l.: Benno Cardini, Rupert Oberhuber, Erstautor Felix Krendl und Klinik-Direktor Stefan Schneeberger mit dem Gerät zur normothermen Maschinenperfusion.
    Das Kernteam der Innsbrucker Studienautoren, v.l.: Benno Cardini, Rupert Oberhuber, Erstautor Felix ...
    David Bullock
    ©MUI / D.Bullock


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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