idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
23.04.2025 10:01

Neues regulierendes Protein des Zytoskeletts in Nervenzellen identifiziert

Carola Ronellenfitsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für medizinische Forschung

    Das Wachstum und die Funktionsweise von Nervenzellen stützen sich auf eine gitterartige Struktur, das membranassoziierte periodische Skelett, kurz MPS. Wie die Organisation des MPS gesteuert wird, war bisher nicht bekannt. Nun hat ein Team der Max-Planck-Institute für medizinische Forschung sowie für Multidisziplinäre Naturwissenschaften entdeckt, dass die Organisation von der Konzentration des Proteins Paralemmin-1 bestimmt wird.

    Highlights:
    - In ihrer Studie, die in Science Advances veröffentlicht wurde, zeigen die Forscher*innen erstmals, dass das Protein Paralemmin-1 das membranassoziierte periodische Skelett MPS in Nervenzellen organisiert.
    - Dieser Mechanismus könnte in allen Gehirnregionen und Organismen auftreten, was erhebliche Auswirkungen auf das Verständnis der MPS-Regulierung im menschlichen Gehirn hätte.
    - Paralemmin-1 spielt ebenfalls eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Nervenzellfortsätzen sowie beim Zellwachstum.

    Schlüsselrolle von Paralemmin-1 erkannt
    Die Natur hat eine einzigartige Struktur als Gerüst für nahezu alle Nervenzellen entwickelt: das membranassoziierte periodische Skelett MPS. Es handelt sich um eine spezialisierte Zytoskelettstruktur, die sich unterhalb der Zellmembran befindet und aus zahlreichen Proteinen in periodischer Anordnung besteht. Das MPS ist an verschiedenen zellulären Prozessen wie zum Beispiel der mechanischen Stabilität oder der inter- und intrazellulären Signalübertragung beteiligt. Bis heute wurden viele Proteine identifiziert, die mit dem MPS wechselwirken. Doch die Mechanismen, die seiner Organisation zugrunde liegen, sind kaum bekannt.

    „Am Anfang unserer Arbeit stand die Frage, ob Paralemmin-1 mit dem membranassoziierten periodischen Skelett MPS in Nervenzellen in Verbindung steht“, erklärt Victor Macarrón-Palacios vom Max-Planck-Institut (MPI) für medizinische Forschung in Heidelberg. „Wir konnten diese Frage bejahen und fanden zudem, dass Paralemmin-1 sogar eine Schlüsselrolle spielt: Es reguliert die Organisation des MPS.“
    Nanoskopie-Techniken bringen entscheidende Erkenntnisse

    Das MPS sichtbar zu machen ist mit herkömmlichen Mikroskopie-Techniken nicht möglich, sondern nur mit Nanoskopie. Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler*innen des MPI für medizinische Forschung modernste Fluoreszenz-Nanoskopie-Methoden (STED und MINFLUX), für deren Entwicklung Max-Planck-Direktor Stefan Hell 2014 den Nobelpreis für Chemie erhielt.

    Grundlage des Projekts war die Zusammenarbeit zwischen dem MPI für medizinische Forschung und dem MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen. Manfred W. Kilimann, Universitätsprofessor i.R. und Gastwissenschaftler am MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, initiierte die Studie und stellte die in seinem Labor gesammelten Ergebnisse und Materialien dem Team in Heidelberg unter der Leitung von Elisa D'Este zur Verfügung. Das ermöglichte Victor Macarrón-Palacios in seiner Doktorarbeit die Untersuchungen des neuronalen Zytoskeletts. Die Entdeckungen wurden durch biochemische Techniken sowie das Fachwissen und die Unterstützung des gesamten wissenschaftlichen Teams ergänzt und sind ein ausgezeichnetes Beispiel für interdisziplinäre Zusammenarbeit und Synergie beider Institute. Weitere Beiträge zu dieser Forschungsarbeit kamen von Wissenschaftler*innen der Universitäten in Heidelberg und Uppsala (Schweden).

    Den Forscher*innen gelang der Nachweis, dass die Konzentration von Paralemmin-1 von entscheidender Bedeutung dafür ist, die Organisation des periodischen Gerüsts des Zytoskeletts mit höchster Genauigkeit im Nanometerbereich zu steuern. „Hohe Konzentrationen von Paralemmin-1 führen zu einer sehr regelmäßigen periodischen Anordnung, während niedrigere Konzentrationen ein schlecht organisiertes MPS mit sich bringen“, berichtet Manfred W. Kilimann. Darüber hinaus wirkt es sich auf die elektrophysiologischen Eigenschaften von Nervenzellen aus, wenn Paralemmin-1 fehlt: Die elektrische Signalübertragung zwischen ihnen verändert sich. Das Team konnte auch zeigen, dass die Fähigkeit von Paralemmin-1, seine Funktion zu erfüllen, von einer einzigen Aminosäure, dem Tryptophan W54, abhängt.

    Vertieftes Verständnis der Paralemmin-Proteinfamilie sowie des MPS
    „Durch die Untersuchung von Paralemmin-1 haben wir einen Mechanismus identifiziert, der die Feinstruktur des MPS in Nervenzellen reguliert“, erklärt Victor Macarrón-Palacios. Hierbei bindet Paralemmin-1 das Protein ßII-Spectrin, einen Hauptbestandteil des neuronalen Zytoskeletts, an einer für Mutationen anfälligen Stelle. Diese Mutationen sind beim Menschen für neurologische Entwicklungsstörungen verantwortlich. Hier besteht großes Potenzial für weitere Forschung – die Funktion und Regulierung des MPS beginnen sich gerade erst abzuzeichnen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Victor Macarrón Palacios
    Victor.Macarron@mr.mpg.de


    Originalpublikation:

    Victor Macarrón-Palacios et al.
    Paralemmin-1 controls the nanoarchitecture of the neuronal submembrane cytoskeleton.Sci. Adv.11,eadt3724(2025).DOI:10.1126/sciadv.adt3724


    Weitere Informationen:

    https://www.mr.mpg.de/14645739/new-regulatory-protein-of-the-neuronal-cytoskelet...


    Bilder

    Die Konzentration von Paralemmin-1 ist entscheidend für die Steuerung der präzisen Organisation des membranassoziierten periodischen Skeletts (MPS).
    Die Konzentration von Paralemmin-1 ist entscheidend für die Steuerung der präzisen Organisation des ...

    Victor Macarrón-Palacios / MPImF


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).