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Wissenschaft
Im Jahr 2010 hat die Türkisch-Deutsche Universität (TDU) mit zwei Studienprogrammen begonnen und sich seither in Istanbul sehr dynamisch entwickelt. Eine der engsten Beziehungen zu inzwischen 38 Partnerhochschulen besteht zur Hochschule Bielefeld. Schon seit Jahren gibt es die Möglichkeit eines Doppelabschlusses beim Bachelorstudiengang BWL und dem Masterstudiengang Business Management. Die zukünftige Planung sieht vor, dass auch Promovierende in den Genuss kommen, einen Doktorgrad beider Hochschulen zu erhalten.
Bielefeld (hsbi). Rund 2,9 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund leben in Deutschland, etwa die Hälfte von ihnen hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Das setzt vor die Beziehung der beiden Länder immer wieder ein besonderes Vorzeichen – und ist Ansporn zu ihrer Kräftigung. Ein wichtiger Schritt dabei war die Gründung der Türkisch-Deutschen Universität (TDU) in Istanbul, die 2010 unter Beisein des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck und des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül feierlich eröffnet wurde. Heute besuchen fast 5.000 Studierende die mittlerweile 37 Studiengänge der Hochschule im Istanbuler Stadtteil Beykoz.
„Die TDU ist auf der Basis einer Partnerschaft zwischen der türkischen und der deutschen Regierung entstanden – das macht sie einzigartig“, sagt die langjährige frühere Dekanin der Fakultät für Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften der TDU, Prof. Dr. Ela Sibel Bayrak Meydanoğlu, jetzige Studiengangsleitung des Promotionsstudienganges Business Administration im Institut für Sozialwissenschaften der TDU. „Unsere akademischen Verbindungen zu Deutschland sind eng, und unser zweisprachiges Modell vereint die Stärken beider Bildungssysteme. Diese besondere Struktur steigert nicht nur die Karrierechancen der Absolventinnen und Absolventen, sondern trägt auch maßgeblich zur Vertiefung der türkisch-deutschen Beziehungen in Bildung und Wissenschaft bei.“
Erweiterte Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt dank Doppelabschluss
Die TDU kooperiert mittlerweile mit 38 Universitäten und Hochschulen in Deutschland sowie mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Seit sieben Jahren gehört auch die HSBI zu den Partnern – mit ihrem Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre und dem Masterstudiengang Business Management. „Im Laufe der Zeit hat sich hier eine starke Kultur und Tradition entwickelt“, sagt Prof. Dr. Riza Öztürk, Dekan des Fachbereichs Wirtschaft der HSBI und verantwortlich für das Lehrgebiet Statistische und mathematische Verfahren in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre. „Zahlreiche Programme sowie Konferenzen und das Doktorandenkolloquium bringen uns noch näher zusammen“, so Öztürk. „Die Partnerschaft bietet Studierenden wertvolle internationale Erfahrungen, unterschiedliche Perspektiven und die Möglichkeit, einen Doppelabschluss auf Bachelor und Masterebene zu erwerben.“
Letzteres ist aus Sicht von Ela Sibel Bayrak Meydanoğlu ein absolutes Highlight der Zusammenarbeit: „Das Doppelabschlussprogramm vermittelt Studierenden eine globale Sichtweise, stärkt ihr interkulturelles Verständnis, und sie profitieren von erweiterten akademischen Netzwerken sowie verbesserten Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten.“ Auch Riza Öztürk betont die gestiegenen Karrierechancen, die sich damit ergeben: „Da die Absolventinnen und Absolventen Abschlüsse von zwei Institutionen erwerben, können sie sich auf dem Arbeitsmarkt hervorheben. Sie erhalten ein tieferes Verständnis komplexer Sachverhalte, können sich besser selbst organisieren und entwickeln eine höhere Problemlösungskompetenz.“ Letztlich könne der Doppelabschluss sogar dabei mithelfen, dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken.
Studierende werden sowohl aus der Türkei als auch von Deutschland aus betreut
Seit dem akademischen Jahr 2019/2020 verzeichnen TDU und HSBI 14 Doppelabschluss-Studierende im Bachelor- und seit dem Jahr 2020/21 derer acht im Masterstudiengang. „Auf Promotionsniveau gibt es bislang noch nicht die Möglichkeit eines Doppelabschlusses, jedoch sind wir sehr daran interessiert, so etwas für unser gemeinsames PhD-Programm zu etablieren“, sagt Meydanoğlu. Neun Doktorandinnen und Doktoranden sind darin derzeit eingeschrieben. „Wir sind noch in der Anfangsphase, aber arbeiten intensiv daran, die notwendigen Strukturen für ein starkes Programm aufzubauen“, ergänzt Öztürk. „Sobald die Studierenden ihre Zulassungsprüfungen bestanden haben, können sie mit dem Schreiben ihrer Abschlussarbeit beginnen. In dieser Phase sollten sie sowohl aus der Türkei als auch von Deutschland aus betreut werden. Und während ihres Forschungsaufenthalts an der HSBI regelmäßig mit ihrem deutschen Doktorvater zusammenarbeiten.“
Einer dieser Doktoranden ist Erencan Yavrucu. Der 29-Jährige aus Antalya hat seinen Masterabschluss an der Hacettepe Universität in Ankara absolviert, ist nun wissenschaftlicher Mitarbeiter der TDU und will in Betriebswirtschaftslehre promovieren. „Mir war sofort klar, dass dieses Doktorandenprogramm eine große Chance darstellt“, sagt Yavrucu. „Es wird von renommierten Professoren aus zwei Ländern geleitet, und die unterschiedlichen Perspektiven auf Themen können die Qualität akademischen Arbeitens erheblich positiv beeinflussen.“
Ideen für soziale Nachhaltigkeit in der Logistikbranche – per Algorithmus
Der Nachwuchswissenschaftler beschäftigt sich hauptsächlich mit mathematischer Programmierung und Lieferkettenanalyse. „In meiner Promotion soll es darum gehen, wie man Lkw-Verkehre so optimiert, dass die Rechte der Fahrer und ihr Wohlbefinden besonders berücksichtigt werden“, erklärt Yavrucu. „Denn das größte Problem, mit dem die Logistikbranche heute besonders in Europa konfrontiert ist, ist der Mangel an verfügbaren Fahrern. Die Hauptgründe, warum Menschen diesen Beruf nicht ausüben wollen, sind die schwierigen Arbeitsbedingungen und die soziale Isolation. Fernfahrer sind tagelang, manchmal sogar monatelang von zu Hause fort. Das schafft psychische und familiäre Probleme. Ich sehe meine Doktorarbeit insofern als Beitrag zur sozialen Nachhaltigkeit.“
Derzeit ist Erencan Yavrucu dabei, einen heuristischen Lösungsalgorithmus zu entwickeln, mit dem das Problem auch für größere Datensätze angehen kann. „Ich habe noch keine klare Vorstellung davon, wann ich mit der Doktorarbeit fertig sein werde“, sagt er. „Wichtiger ist es für mich, in der nächsten Zeit so viele qualitativ hochwertige Publikationen wie möglich in weltweit anerkannten Fachzeitschriften zu veröffentlichen.“ Seine Kontakte zur HSBI und der akademische Austausch in den Doktorandenkolloquien helfen ihm dabei. „Besondere Unterstützung erfahre ich von Prof. Dr. Hermann Jahnke von der Universität Bielefeld – unsere Forschungsgebiete sind sehr ähnlich.“
„Jede Initiative bringt uns einander näher – wir wollen gemeinsam etwas Wertvolles über Kontinente hinweg schaffen.“
Noch hatte Yavrucu keine Gelegenheit, die HSBI zu besuchen, aber er möchte das so bald wie möglich nachholen. „Allerdings war ich bereits für zwei Monate in Berlin auf einer deutschen Sprachschule und mit meinen Kollegen von der TDU zu Besuch in München“, erzählt er. „Außerdem habe ich Verwandte in Bremen, Hamburg und Umgebung. Meine Verbindungen zu Deutschland werden von Tag zu Tag stärker, was für mich eine sehr positive Entwicklung ist. Mein Ziel ist es, als promovierter Forscher an der TDU zu unterrichten und vielleicht gleichzeitig auch in Bielefeld einen Beitrag zu leisten.“
Jedes Programm an der Türkisch-Deutschen Universität kooperiert mit einer der 38 deutschen Partnerhochschulen. „Unsere Zusammenarbeit mit der HSBI im Promotionsprogramm Betriebswirtschaftslehre ist jedoch besonders eng und vielschichtig“, betont Professorin Ela Sibel Bayrak Meydanoğlu. „Sie umfasst Gastdozenten aus Deutschland für Promotionskurse, Winter Schools, gemeinsam organisierte jährliche Konferenzen sowie Forschungsseminare. Es ist eine umfassende und sehr dynamische akademische Kooperation.“ Ihr HSBI-Counterpart Prof. Riza Öztürk unterstreicht die Bedeutung der Beziehung: „Die Promotionskooperation im Bereich BWL ist die erste ihrer Art mit einer deutschen Hochschule.“ Schließlich werde transnationale Bildung immer wichtiger. „Sie bietet Möglichkeiten für globales Lernen und Austausch und überwindet geografische Bildungsbarrieren. Studierende können so internationale Perspektiven gewinnen, unterschiedliche Kulturen kennenlernen und ihre akademischen und beruflichen Netzwerke erweitern“, so Öztürk.
Ela Sibel Bayrak Meydanoğlu sieht ihre Arbeit nicht zuletzt als Baustein für eine gemeinsame türkisch-deutsche Zukunft, die über die Tagespolitik hinausweist. „Jede Initiative bringt uns einander näher“, sagt sie. „Über Abschlüsse und Forschung hinaus geht es vor allem um die Begeisterung, gemeinsam etwas Wertvolles über Kontinente hinweg zu schaffen. Diese Partnerschaft ist eine Reise, die alle Beteiligten weiterhin inspiriert und prägt.“
https://www.hsbi.de/presse/pressemitteilungen/weiterer-meilenstein-in-der-engen-... Pressemitteilung und mehr Fotos auf www.hsbi.de
Internationale Hochschulkooperation: (v.l.) Prof. Dr. Riza Öztürk (HSBI), Prof. Dr. Ela Sibel Bayrak ...
T. Aykut/TDU
Doktorand Erencan Yavrucu promoviert an der TDU zu mathematischer Programmierung von Lieferkettenana ...
T. Aykut/TDU
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