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14.05.2025 06:58

Studie zur Identifizierung neuer Biomarker für die frühzeitige Erkennung der Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung gestartet

Lena Bösch Stabsstelle Unternehmenskommunikation
Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

    Internationales Kooperationsprojekt unter gemeinsamer Leitung der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Timone University Hospitals in Marseille, Frankreich, zur Identifizierung neuer Biomarker für die frühzeitige Diagnose und Behandlung der Charcot-Marie-Tooth-Krankheit Typ 1A gestartet. Das dreijährige Projekt wird mit mehr als 700.000 Euro von der französischen AFM-Téléthon – Association Française contre les Myopathies gefördert.

    Die Charcot-Marie-Tooth-Krankheit (CMT) ist eine der häufigsten erblichen neurologischen Krankheiten weltweit. Sie betrifft etwa einen von 2.500 Menschen und zählt damit zu den „Seltenen Erkrankungen“. Die häufigste Unterform der CMT ist die CMT1A. Aufgrund eines Gendefektes, der Verdopplung des Gens für das periphere Myelin-Protein (PMP) 22, entwickeln die Patient*innen eine langsam fortschreitende Nervenschädigung. Diese beginnt bereits im frühen Kindesalter und geht mit einer Muskelschwäche sowie dem Abbau der Muskulatur einher, welches zu Gehschwierigkeiten oder Fußdeformitäten führt. Später kommt es zu Sensibilitätsstörungen wie Taubheit, Kribbeln und Schmerzen und es schwindet zunehmend die Kraft in Armen und Beinen. In seltenen Fällen sind die Patient*innen an den Rollstuhl gefesselt.

    Trotz bedeutender Fortschritte in der Diagnostik gibt es derzeit keine Therapie für CMT1A. Dies stellt für die Betroffenen eine erhebliche Belastung dar, da die Krankheit ihre Lebensqualität entscheidend vermindert. Ein Hauptgrund für das Fehlen wirksamer Therapien ist der bisherige Mangel an spezifischen Erkrankungsmarkern („Biomarkern“) zur Beurteilung des Schweregrades, des Verlaufs und des Ansprechens auf Behandlungen – gerade in frühen Krankheitsstadien, in denen Therapien bereits ansetzen sollten, um die irreversiblen Schädigungen der Nerven zu verhindern.

    Ein internationales Team von Forschenden unter der Leitung von Prof. Dr. Michael W. Sereda, Oberarzt in der Klinik für Neurologie der UMG und Leiter der Forschungsgruppe „Translational Neurogenetics“ am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, und Prof. Dr. Shahram Attarian, Leiter des „Neuromuscular Disease and ALS Reference Center" des Timone University Hospital in Marseille, Frankreich, hat sich zum Ziel gesetzt, neue Biomarker zu identifizieren, die zur Diagnosestellung und Vorhersage des Krankheitsverlaufs bei jungen CMT1A-Patient*innen eingesetzt werden können. Hierzu werden Blutproben von CMT1A-Patient*innen sowie Hautproben und Nervengewebe eines CMT1A-Tiermodells mittels Multi-Omics-Analysen untersucht und mit bildgebenden Verfahren wie Magnetresonanztomographie-Aufnahmen kombiniert. Die erhaltenen Datensätze werden mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) ausgewertet. Das Projekt „CMT-MODs“ ("Multi-Omic Approach to the Identification of Novel Biomarkers in Early Charcot-Marie-Tooth 1A Disease"; auf Deutsch: „Ein multi-omischer Ansatz zur Identifizierung neuer Biomarker in frühen Stadien der Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung Typ 1A") wird von der französischen AFM-Téléthon – Association Française contre les Myopathies mit mehr als 700.000 Euro für drei Jahre gefördert.

    „Mit den Multi-Omics-Analysen können wir verschiedene Arten von biologischen Daten gleichzeitig untersuchen und diese mit Erkenntnissen aus anderen Verfahren kombinieren. So bekommen wir ein umfangreiches Bild davon, wie die Krankheit entsteht und welche Biomoleküle als Standardmarker infrage kommen, um den Schweregrad der Erkrankung zu bestimmen und Auskunft über den Krankheitsverlauf zu geben“, sagt Prof. Sereda. „Diese neuartigen diagnostischen Maßnahmen sind für die klinischen Studien in jungen Patient*innen in frühen Krankheitsstadien unerlässlich, um die Krankheit möglichst früh zu behandeln. Denn einmal zerstörte Nervenzellen, können nicht wieder hergestellt werden“, so Prof. Sereda.

    Die Studie im Detail

    Für die Studie werden Blutproben von 70 CMT1A-Patient*innen und 40 gesunden Kontrollpersonen bestehend aus Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Deutschland und Frankreich im Alter von zehn bis 30 Jahren über einen Zeitraum von zwölf Monaten untersucht. Bei Zustimmung der Studienteilnehmer*innen werden zusätzlich auch Hautproben durch eine Stanzbiopsie entnommen und in die Untersuchung einbezogen. Die Probenanalyse erfolgt mittels sogenannter Multi-Omics-Methoden, das heißt es werden Datensätze von Biomolekülen verschiedener Herkunft wie beispielsweise RNA-Sequenzen, Proteine und Fette untersucht und biologische Zusammenhänge ermittelt. Diese Erkenntnisse sollen anschließend mit Patient*innendaten, zum Beispiel Magnetresonanztomographie (MRT)-Aufnahmen, kombiniert werden. Parallel werden Studien in einem CMT1A-Tiermodell durchgeführt und neben den Blutproben, ebenfalls Hautproben sowie Nervengewebe untersucht.

    Ein besonderes Augenmerk wird bei den Untersuchungen auf die Kombination von maschinellem Lernen, einer auf künstlicher Intelligenz (KI) basierten Methode, und molekularen Daten zur Erstellung einer diagnostischen Plattform gelegt. Diese Datensammlung wird es ermöglichen, die Krankheit besser zu verstehen und Vorhersagen über ihren Verlauf zu treffen.

    Beteiligte Partner

    Neben der Klinik für Neurologie sind seitens der UMG die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, das Institut für Klinische Chemie mit der Serviceeinrichtung Proteomanalyse und das Institut für Medizinische Statistik involviert. Darüber hinaus sind das Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen, die Universität Cambridge in Großbritannien sowie deutsche und französische Patient*innenorganisationen an der Studie beteiligt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Rabea Oberthür, Klinik für Neurologie, Telefon 0551 / 39-64162, rabea.oberthuer@med.uni-goettingen.de, https://neurologie.umg.eu/aerzte-zuweiser/spezialambulanzen/neurogenetik/


    Weitere Informationen:

    https://www.cmt-mod.org/ - Weitere Informationen zur Studie


    Bilder

    Prof. Dr. Michael W. Sereda, Oberarzt in der Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und Leiter der Forschungsgruppe „Translational Neurogenetics“ am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften.
    Prof. Dr. Michael W. Sereda, Oberarzt in der Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Göttingen ...

    privat


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

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