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Wissenschaft
Ob Prüfungssituationen, Gruselfilme oder ein Sprung vom Zehn-Meter-Brett: Während der eine in solch angsteinflößenden Momenten kaum erschrickt, zittern dem anderen sofort die Knie - und manche Menschen verlieren sogar regelrecht die Nerven.
Die Evolution hat die meisten Menschen davor bewahrt, bei banalen Anlässen mit panischer Angst zu reagieren. Sie hat dabei geholfen, Angst zu überwinden oder sich ihr erneut zu stellen. Sind diese Fähigkeiten jedoch abhanden gekommen, wird die Angst überwertig und führt zu starken Beeinträchtigungen der Lebensführung.
An einer solchen Panikstörung leiden etwa zwei Prozent der Bevölkerung. "Wie man heute weiß, erkranken deren nächste Angehörige ebenfalls ungewöhnlich häufig; eine erbliche Vorbelastung ist in hohem Maße wahrscheinlich", sagt Prof. Dr. Helmut Beckmann, Direktor der Psychiatrischen Klinik der Universität Würzburg. Bei solchen Patienten scheine ein Regulationsmechanismus außer Kraft gesetzt, der den Körper vor überschießenden Reaktionen bewahren soll. Erforscht sei dieser Mechanismus bislang noch wenig.
Bekannt ist, daß über den Botenstoff GABA beruhigende Wirkungen an Nervenzellen des Gehirns vermittelt werden können. Über entsprechende GABA-Rezeptoren entfalten auch die wirksamsten angstlösenden Medikamente, sogenannte Benzodiazepine, ihre Wirkung. Benzodiazepine - dazu gehört zum Beispiel Valium - wurden erstmals 1957 synthetisiert. Sie seien heute aus der Medizin nicht mehr wegzudenken, so Prof. Beckmann: "Seit langem zählen sie zu den am häufigsten verordneten Arzneien."
Daß Benzodiazepine und eine Reihe weiterer Moleküle mit ähnlichen Eigenschaften auch in der Natur vorkommen, wurde Ende der 80er Jahre belegt und überraschte die Fachwelt zunächst. Tatsächlich finden sich nicht nur in tierischem und menschlichem Blut Spuren dieser beruhigend und angstlösend wirkenden Stoffe. Auch in verschiedenen Pflanzen und Früchten wurden sie nachgewiesen, zum Beispiel in Kartoffeln und Weizen. Über die biologische Bedeutung, insbesondere für den menschlichen Organismus, existieren nur wenige Erkenntnisse. Geht die beruhigende Wirkung mancher traditioneller Heilpflanzen vielleicht auf Benzodiazepine zurück? Ist der Mensch möglicherweise sogar auf eine regelmäßige Zufuhr dieser Substanzen mit der Nahrung angewiesen?
Diese und andere Fragen zu Herkunft, chemischer Struktur und medizinischer Bedeutung von Naturstoffen mit angstlösenden Eigenschaften stehen im Mittelpunkt eines fakultätsübergreifenden Projektes an der Universität Würzburg, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. Dabei kooperieren die Psychiatrische Klinik und deren Labor für Klinische Neurochemie (Prof. Dr. Peter Riederer) mit dem Julius-von-Sachs-Institut für Biowissenschaften (Prof. Dr. Franz-Christian Czygan), dem Lehrstuhl für Lebensmittelchemie (Prof. Dr. Peter Schreier) und dem Lehrstuhl für Organische Chemie I (Prof. Dr. Gerhard Bringmann).
Innerhalb dieses Verbundprojektes untersuchen die Wissenschaftler gemeinsam bereits bekannte und neue Wirkstoffe aus einheimischen und exotischen Pflanzen, wobei sie verschiedene, sich gegenseitig ergänzende Analyseverfahren anwenden. Sie prüfen auch, inwieweit natürliche angstlösende Substanzen beim Menschen als Biomarker zum Beispiel für die Erfassung von erblichen Angststörungen dienen können und ob sich damit neue Perspektiven für Vorbeugung, Diagnose und Therapie eröffnen.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Helmut Beckmann, T (0931) 203-300, Fax (0931) 203-427, E-Mail:
beckmann@mail.uni-wuerzburg.de
Was der Mensch erst vor wenigen Jahrzehnten synthetisieren konnte, gibt es in der Natur schon seit l ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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